Keine Spieler mehr! Der türkische Fußball zerstört sich selbst | OneFootball

Agri Spor kann nur noch sieben Spieler aufstellen. Der Viertligist ist das drastischste Opfer eines Wettskandals, der das gesamte System bloßlegt. 17 seiner Spieler wurden gesperrt, weil sie auf Fußballspiele gewettet haben. Das ist kein Einzelfall, sondern die Spitze eines Eisbergs, der den türkischen Fußball in seinen Grundfesten erschüttert. Insgesamt 1024 Spieler hat der Verband TFF sanktioniert, darunter 25 Profis aus der ersten Liga. Die Zahlen offenbaren eine Parallelwelt, in der Wetten wichtiger wurde als Spielen.

Was Agri Spor erlebt, ist keine Tragödie, sondern die logische Konsequenz jahrelanger Ignoranz. Wenn ein Technischer Direktor wie Ahmet Özen behauptet, seine monatelange Arbeit sei „über Nacht zunichte gemacht“ worden, dann verschleiert er die Wahrheit: Seine Spieler haben das selbst getan. Sie kannten die Regeln. Sie haben sie gebrochen. Dass der Klub nun mit Jugendspielern auffüllen muss und Berufung einlegt, wirkt wie der verzweifelte Versuch, die Realität nicht wahrhaben zu wollen.

Skandal zerstört letzten Rest an Glaubwürdigkeit

149 Schiedsrichter wurden ebenfalls suspendiert. Das sind nicht nur Zahlen, sondern der Beweis dafür, dass die Korruption alle Ebenen durchdrungen hat. Schiedsrichter, die auf Spiele wetten, zerstören den letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Wenn diejenigen, die für Fairness sorgen sollen, selbst Teil des Problems sind, dann existiert kein funktionierendes System mehr. Der türkische Fußball hat sich in ein Wettbüro verwandelt, in dem der Sport nur noch Mittel zum Zweck ist.

Die Dimension übersteigt alles bisher Dagewesene. Über 1000 Spieler bedeutet: Fast jeder dritte Profi in den unteren Ligen war involviert. Das ist keine Verfehlung Einzelner mehr, sondern strukturelles Versagen. Die niedrigen Gehälter in Liga drei und vier mögen eine Erklärung sein, aber keine Entschuldigung. Wer als Profifußballer auf Spiele wettet, betrügt nicht nur die Fans, sondern zerstört die Existenzgrundlage seines Berufs.

Der TFF musste den Spielbetrieb in der dritten und vierten Liga für zwei Wochen aussetzen. Das zeigt die Hilflosigkeit eines Verbands, der zu lange weggeschaut hat. Agri Spor ist dabei nur das sichtbarste Symptom einer Krankheit, die den gesamten Körper befallen hat. Wenn ein Klub nicht mehr elf Spieler aufstellen kann, weil die Mehrheit gesperrt ist, dann ist das kein Wettskandal mehr. Es ist der Offenbarungseid eines Sports, der seine Seele verkauft hat.