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·28 September 2025
Nach Debakel gegen Eintracht Frankfurt: In Gladbach wird jetzt Tacheles geredet

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·28 September 2025
Bereits zur Halbzeit sah es nach einem absoluten Debakel aus. Borussia Mönchengladbach lag im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstagabend zum Pausenpfiff bereits chancenlos mit 0:5 zurück und kassierte kurz nach Wiederanpfiff gleich das sechse Gegentor von den Adlern. Den zahlreichen erschienenen Fans der Fohlen war der Schock und die Hilflosigkeit im Gesicht abzulesen – ebenso wie den Stars auf dem Platz, die nach dem Achtungserfolg in der Vorwoche beim 1:1 gegen Bayer 04 Leverkusen auf ein deutlich engeres Bundesliga-Topspiel gehofft hatten. Erst die zur Belastungssteuerung getätigten Auswechslungen der Gäste ließen Gladbach wieder ins Spiel finden und den Schaden lindern. Am Ende stand dennoch ein "Debakel light” und ein torreicher Endstand von 4:6 auf der Anzeigetafel des BORUSSIA-Parks. Nach dem Spiel folgten den vielen Toren aber auch harte und ehrliche Worte.
Zwölf sieglose Bundesligaspiele in Folge sind ein schwerer Rucksack für die Fohlen. Nach dem Aus von Gerardo Seoane und der Ernennung von Eugen Polanski zum Interimstrainer war ein Hoffnungsschimmer am Gladbacher Horizont zu erkennen. Polanski sollte den Umschwung einleiten. Doch diese Hoffnung wurde mit dem Spiel gestern zunichte gemacht und hinterließ bedröppelte Gesichter. Es war ein Auftritt mit dem wohl so niemand gerechnet hatte.
"Das war eine desolate Vorstellung der Mannschaft."- Roland Virkus
"Das war eine desolate Vorstellung der Mannschaft", hielt Gladbach-Boss Roland Virkus nicht mit scharfen Worten zurück. Virkus war während des Spiels bereits mit leerem Blick auf der Tribüne zu sehen und hielt auch nach dem Schlusspfiff nicht mit Kritik zurück. "Das hat sich auch nicht angedeutet während der Woche. Doch alles, was du im Fußball brauchst, haben wir vermissen lassen - und lagen völlig zu Recht 0:5 zurück zur Pause", analysierte Virkus angefressen. Trotz des Aufbäumens in der zweiten Halbzeit hielt Virkus aber letztlich fest, dass "man das Spiel nicht schönreden" könne.
"Das war einfach von allem gar nichts. Wir haben überhaupt nichts auf den Platz bekommen. Ich bin extrem bedient und angefressen. "- Rocco Reitz
Ähnlich wie sein Boss sah es auch Mittelfeldstar Rocco Reitz: "Das war einfach von allem gar nichts. Wir haben überhaupt nichts auf den Platz bekommen. Ich bin extrem bedient und angefressen. Da jetzt was schönzureden - weiß ich nicht", sagte der im zweiten Durchgang ausgewechselte 23-Jährige nach dem Spiel. "Das Ding darf uns nie mehr wieder passieren. Das war von Minute 1 bis 47 katastrophal von uns", zeigte auch Reitz sich beinahe fassungslos angesichts der erste Hälfte des Spiels. Erst nach dem sechsten Treffer der Frankfurter durch Robin Koch in der 47. Minute bäumten sich die Fohlen auf. Reitz nahm seinen derzeitigen Interimstrainer Eugen Polanski in Schutz und sagte: "Das hat nichts mit der Trainerfrage zu tun." Auch von Virkus erhielt Polanski noch Rückendeckung. "Der Eugen hat weiterhin fürs Erste unsere 100-prozentige Unterstützung. Doch wir alle, auch Eugen und die Mannschaft, müssen sich der Situation nun stellen - denn wir sind Tabellenletzter", so Virkus.
Während des Spiels konnte einem der Trainer selbst beinahe schon leidtun. Der Stimmungssturz vom Hoffnungsträger zum Eindruck, dass auch Polanski den freien Fall der Fohlen nicht bremsen kann, wurde durch vier späte Tore der Gladbacher am Ende jedoch noch entschärft. Dennoch sprach auch Polanski nach Abpfiff Klartext und wollte nichts schönreden. "Wir verlieren ein Spiel durch eine desolate erste Halbzeit, die in der Bundesliga so nichts zu suchen hat. Man kann kein Bundesliga-Spiel gewinnen, wenn man das so spielt wie wir", so der Interimstrainer frustriert.
Eugen Polanski musste in der ersten Halbzeit beinahe schon hilflos mit ansehen, wie seine Mannschaft unterging / Christof Koepsel/GettyImages
Polanski wollte derweil keine großen Diskussionen um die Zukunft seines Jobs und einer eventuellen Beförderung aufkommen lassen. Nun gilt es, den Tiefschlag aufzuarbeiten und zusammenzustehen. "Ich hab einen Job zu erledigen - und ich freue mich darüber, diesen Job zu haben. Auch wenn ich jetzt natürlich auch angefressen bin. Wir dürfen auf keinen Fall den Finger aufeinander zeigen und müssen das Positive mitnehmen."
Auch Mittelfeldneuzugang Yannik Engelhardt machte nach dem Spiel deutlich, dass sich jeder an die eigene Nase packen müsse. Der 24-Jährige machte gleich den Anfang. "Jetzt muss sich jeder hinterfragen, jeder muss eine Schippe drauflegen. Ich bin auch bei beiden Standardtoren drin, das war mein Gegenspieler. Also nehme ich mich genauso in die Pflicht. Wenn du sechs Tore bekommst, dann wirst du kein Bundesliga-Spiel gewinnen“, zeigte sich auch Engelhardt angefressen. Besonders die erste Halbzeit lag Engelhardt schwer im Magen. "Wenn du so Zweikämpfe führst, dann wirst du auch kein Spiel gewinnen. Verpennen geht, aber nach dem 0:2 muss man dann irgendwann aufwachen. Wir hatten viel zu große Abstände, es ging für die Eintracht alles viel zu leicht. Die haben gefühlt mit jedem Schuss ein Tor gemacht, wir kamen gar nicht ins Spiel“, kritisierte der frühere Düsseldorfer. Letztendlich waren es die Fans, die versuchten, die tiefen Wunden der Gladbacher Fußballstars zu lindern und den Kopf der Fohlen wieder aufzurichten.
"Die Reaktion der Fans tut gut – und dass wir ihnen das mit vier Toren ein bisschen zurückgeben konnten."- Yannik Engelhardt
"Ich bin noch nicht lange hier, aber die Fans haben da schon ein gutes Gespür, was es braucht. Rein theoretisch können die uns auch richtig auspfeifen. Wir haben sechs Tore daheim bekommen, also das ist schon ein Brett. Die Reaktion der Fans tut gut – und dass wir ihnen das mit vier Toren ein bisschen zurückgeben konnten“, konnte sich Engelhardt zumindest über den Rückhalt des eigenen Anhangs in dieser sportlich schweren Stunde freuen.
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