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·14 Juni 2025
Was aus früheren Drittligisten geworden ist #14: Erfurt

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·14 Juni 2025
Insgesamt 68 Mannschaften spielten seit der Saison 2008/2009 in der 3. Liga. Während einige Klubs den Sprung in die Bundesliga geschafft haben, sind andere Vereine vom Radar der breiten Öffentlichkeit verschwunden. liga3-online.de holt diese Klubs nun wieder hervor. Heute: Gründungsmitglied FC Rot-Weiß Erfurt, das lange Tabellenführer der Ewigen Tabelle der 3. Liga war und heute in der Regionalliga Nordost kickt.
Der FC Rot-Weiß Erfurt gehörte lange Zeit zu den Dauerbrennern der 3. Liga. Als Gründungsmitglied waren die Thüringer von 2008 bis 2018 durchgängig drittklassig am Ball. Dadurch führte der ehemalige DDR-Oberligist und UEFA-Cup-Teilnehmer 1991/92 auch viele Jahre die Ewige Tabelle an. Erst Ende der Saison 2017/18, in der die Rot-Weißen den schmerzhaften Gang in die 4. Liga antreten mussten, wurde Erfurt an der Spitze vom SV Wehen Wiesbaden abgelöst. Auch heute ist der SVWW mit 781 Punkten noch Tabellenführer, dahinter folgen der VfL Osnabrück (703 Zähler) und der F.C. Hansa Rostock (612 Punkte). Rot-Weiß Erfurt ist mittlerweile mit 478 Zählern auf Rang neun abgerutscht.
Bevor sich Erfurt 2018 aus der 3. Liga verabschiedete, hatte der Verein aus der Landeshauptstadt Thüringens selten etwas mit dem Abstieg zu tun. In sechs der insgesamt zehn Drittligaspielzeiten landeten die Rot-Weißen in der oberen Tabellenhälfte. Außerdem standen je einmal Platz zwölf, 13 und 14 zu Buche. Vor sieben Jahren endete die lange Drittliga-Reise dann aber vorerst. Aktuell sieht es danach aus, als ob Erfurt bald die Rückkehr in die 3. Liga schaffen könnte. Aber dazu später mehr.
Der Abstieg aus der 3. Liga bedeutete für die Erfurter einen kompletten Neuanfang – sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Erstmals in der Vereinsgeschichte spielte der langjährige Profiklub viertklassig, noch während der Abstiegssaison hatte Erfurt einen Insolvenzantrag gestellt. Mit vielen neuen Spielern und Ex-Nationalspieler Thomas Brdaric als neuen Trainer gab der Verein nach erfolgreichem Abschluss des Insolvenzverfahrens den Wiederaufstieg in die 3. Liga für die folgenden Jahre als Ziel aus.
Die erste Saison nach dem Neustart verlief zufriedenstellend. Auf den großen Umbruch im Sommer 2018 folgte eine solide Spielzeit, die auf Platz fünf abgeschlossen werden konnte. Doch die Freude über den gelungenen Neuanfang hielt nur kurz an. Die finanziellen Sorgen verschwanden auch in der Regionalliga nicht. In der Winterpause der wegen der Corona-Pandemie unterbrochenen Saison 2019/20 wurde bekannt, dass sich Erfurt mit Gehaltszahlungen für Spieler und Angestellte in Verzug befand. Weil wirtschaftlich keine Besserung in Sicht war, ließ der Verein einen drastischen Schritt folgen. Die Rot-Weißen verkündeten die Einstellung des Spielbetriebs in der Regionalliga Nordost, womit Erfurt früh als erster sportlicher Absteiger in die fünftklassige NOFV-Oberliga feststand.
Mit dem Abstieg in die 5. Liga verloren die Erfurter auch den Status des Nachwuchsleistungszentrums. Um den Status als Oberligist zu erhalten, hätten die A- und B-Jugendteams in den vorherigen drei Jahren ohne Unterbrechung am Spielbetrieb teilnehmen müssen. Da dies aber nicht der Fall war, musste der Traditionsklub einen weiteren Nackenschlag hinnehmen.
In der ersten Saison in der Oberliga spielte Erfurt oben mit, verpasste aber die schnelle Rückkehr in die Regionalliga. Zum Zeitpunkt des corona-bedingten Saisonabbruchs zum 1. November 2020 stand Platz drei zu Buche – nach der Quotientenregelung zu wenig für den Aufstieg. Die darauffolgende Saison sollte dann aber eine historische werden. Mit 20 Zählern Vorsprung auf den VfB Krieschow und den VFC Plauen sicherte sich Erfurt den Titel und den damit verbundenen Aufstieg in die Regionalliga Nordost. Besonders die Rückserie der Erfurter war beeindruckend: Die abschließenden 19 Begegnungen wurden allesamt gewonnen – Vereinsrekord! Darüber hinaus setzten sich die Thüringer in allen 15 Heimspielen der Saison durch. Der abschließende Spieltag war ein Torfestival – Erfurt besiegte Inter Leipzig 11:0 und knackte damit die 100-Tore-Marke (103:16 Tore).
Seit 2022 ist Rot-Weiß Erfurt nun wieder in der Regionalliga Nordost am Ball. Nach turbulenten Jahren kehrt allmählich wieder Ruhe ein. In zwei der drei zurückliegenden Spielzeiten in der 4. Liga landete das Team auf Platz drei – so auch in der Spielzeit 2024/25, in der nur der Hallesche FC und Meister Lok Leipzig besser waren. Auch der Zuschauerschnitt bewegt sich in die richtige Richtung. Immer mehr Fans zieht es wieder in das Steigerwaldstadion – sogar mehr als in einigen Jahren in der 3. Liga. Im Schnitt strömten in der vergangenen Saison mehr als 6.000 Zuschauer ins Stadion, den Saisonabschluss gegen Lok Leipzig (2:4) sahen sogar über 11.000 Fans. Insgesamt kamen in der Saison 2024/25 mehr als 100.000 Zuschauer ins Steigerwaldstadion – das bedeutet Platz drei beim Zuschauerschnitt in der Regionalliga Nordost und Platz sechs unter allen Regionalligisten bundesweit.
Um in der kommenden Spielzeit 2025/26 oben anzugreifen und den Traum von der Rückkehr in den Profifußball zu realisieren, hat sich Rot-Weiß Erfurt bereits mit einigen Spielern verstärkt. Dabei wird schnell klar: Der Fokus wird auf junge und erfolgshungrige Spieler gesetzt. Alle bisherigen sechs Neuzugänge sind 21 oder jünger. Mit dem 18-jährigen Sejdo Durakov kommt auch ein Talent des FC Bayern München ins Team. "Mit Sejdo Durakov bekommen wir einen talentierten Spieler, der im Offensivbereich vielseitig einsetzbar und auch in der kommenden Saison noch für die U19 spielberechtigt ist", sagt Cheftrainer und Ex-Bundesligaprofi Fabian Gerber zum Transfer.
Gerber coacht das Team seit 2021 und ist einer der Treiber der positiven Vereinsentwicklung in den letzten Jahren. Zur neuen Saison erhält er mit Nils Weiler als Co-Trainer neuen Support. Der erst 25-jährige Weiler war zuletzt seit Juli 2022 als Co-Trainer und Videoanalyst beim Ligakonkurrenten BFC Dynamo tätig. "Mit Nils Weiler gewinnen wir einen ambitionierten, analytisch starken und modernen Trainer, der hervorragend in unser Anforderungsprofil passt. Die Liga kennt er aus seiner Zeit in Berlin bestens", so Gerber über seinen neuen Co-Trainer. Mit einer sehr jungen Mannschaft und einem Trainer-Talent an der Seite des Chefcoachs startet Erfurt bald in die Vorbereitung auf die neue Saison in der Regionalliga Nordost.
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