LIGABlatt
·27 Oktober 2025
Was wir über den Wettskandal wirklich wissen – und was (noch) nicht

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·27 Oktober 2025

Am 27. Oktober 2025 hat der türkische Fußballverband (TFF) einen Skandal offengelegt, der den Sport im Land in seinen Grundfesten erschüttert. 371 von insgesamt 571 Schiedsrichtern sollen Konten bei Wettanbietern besitzen. 152 davon hätten sogar aktiv auf Spiele gewettet – darunter sieben Referees aus der Süper Lig. Die Generalstaatsanwaltschaft Istanbul ermittelt bereits seit Monaten. Noch ist unklar, ob auch Spiele manipuliert wurden.
Podcast-Tipp vorab: In unserer Breaking-News-Folge vom 27.10. analysieren wir den Stand der Dinge faktenbasiert – ohne Spekulationen und mit klaren Leitfragen: "Was ist bestätigt? Was bleibt unklar? Und welche Folgen drohen?" (Jetzt hören: LIGABlatt Süper Talk #9)
Ein Erdbeben für den türkischen Fußball
Was zunächst wie ein gewöhnlicher Wochenstart klang, wurde binnen Stunden zu einer der größten Krisen der letzten Jahre. Bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz bestätigte TFF-Präsident İbrahim Hacıosmanoğlu, dass interne Prüfungen massive Unregelmäßigkeiten im Schiedsrichterwesen ans Licht gebracht haben.
Von den 571 aktiven Unparteiischen, die im türkischen Ligabetrieb registriert sind – von der Süper Lig bis zu den Amateurligen –, verfügen laut Verband 371 über aktive Wettkonten. 152 davon sollen über längere Zeiträume selbst gewettet haben. Besonders brisant: sieben Schiedsrichter aus der höchsten Spielklasse und 15 Assistenten stehen ebenfalls auf der Liste.
Ein Fall sorgt für besonderes Kopfschütteln: Ein Referee soll über 18.000 Wetten platziert haben. Auch wenn noch offen ist, auf welche Spiele genau gesetzt wurde, spricht die Dimension für ein systematisches Problem.
Ermittlungen laufen – aber keine Beweise für Spielmanipulation
Die Generalstaatsanwaltschaft Istanbul hat bestätigt, dass sie bereits seit April 2025 ermittelt. Grundlage sind mögliche Verstöße gegen das Gesetz 6222, das die "Manipulation sportlicher Wettbewerbe" unter Strafe stellt.
Wichtig ist jedoch: Bislang gibt es keinen Beleg, dass die betroffenen Schiedsrichter auf eigene Spiele gewettet oder Ergebnisse aktiv beeinflusst haben. Es geht derzeit vor allem um den Besitz von Wettkonten und die Teilnahme an Sportwetten – was laut TFF-Regelwerk bereits einen schweren Verstoß darstellt.
Die ersten Disziplinarverfahren wurden eingeleitet. Je nach Schwere des Einzelfalls drohen Sperren von mehreren Monaten bis hin zu dauerhaften Ausschlüssen.
Klubs fordern Transparenz – Vertrauen auf der Kippe
Die Reaktionen der Vereine ließen nicht lange auf sich warten. Vertreter aller großen Clubs – darunter Galatasaray, Fenerbahçe, Beşiktaş und Trabzonspor – fordern vom Verband "volle Transparenz und Offenlegung aller Namen".
In den sozialen Medien wird hitzig diskutiert. Viele Fans fühlen sich in ihren langjährigen Vorwürfen gegen das Schiedsrichterwesen bestätigt. Bereits in den vergangenen Jahren war das Vertrauen in die Unparteiischen stark erschüttert und nun droht eine noch tiefere Krise.
Auch wirtschaftlich könnte der Schaden enorm sein. Sponsoren, Fernsehsender und internationale Partner beobachten die Entwicklung aufmerksam. Der Verdacht auf strukturelle Wettverstrickungen trifft den türkischen Fußball in einer Phase, in der sich die Liga eigentlich sportlich und wirtschaftlich wieder stabilisieren wollte.
Historische Parallelen – und ein Appell
Skandale dieser Art sind im internationalen Fußball keine Neuheit. Italien wurde 2006 durch den "Calciopoli"-Fall erschüttert, Deutschland kannte den "Hoyzer-Skandal" der 2000er Jahre. Doch der aktuelle Fall in der Türkei sprengt durch seine Breite – von der Süper Lig bis in den Amateurbereich – jede bisherige Dimension.
Wie weit die Ermittlungen noch führen werden, ist offen. Möglich ist, dass weitere Beteiligte aus dem Umfeld von Vereinen oder Spieleragenturen ins Visier geraten. TFF-Präsident Hacıosmanoğlu versprach, "alle Schritte mit den Ermittlungsbehörden abzustimmen" und kündigte an, dass die Ergebnisse "öffentlich gemacht werden, sobald die rechtlichen Rahmenbedingungen es zulassen".
LIGABlatt bleibt dran – und spricht im Podcast Klartext
In der aktuellen Breaking-News-Folge des LIGABlatt Süper Talk Podcasts ordnen Host Mario Herb und Chefredakteur Fatih Şenel die Lage ein – sachlich, kritisch und mit Einblicken in die Hintergründe der Ermittlungen. Sie beleuchten, welche Fakten feststehen, wo noch Lücken bestehen und welche Folgen für den türkischen Fußball drohen könnten.
Fazit: Noch sind viele Fragen offen, doch die Richtung ist klar: Der türkische Fußball steht vor einer seiner größten Bewährungsproben. Es geht nicht nur um mögliche Regelverstöße einzelner, sondern um die Glaubwürdigkeit eines ganzen Systems.









































