Miasanrot
·23 dicembre 2024
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Es schien wie eine Saison zum Vergessen: Nach dem Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel schied der FC Bayern nicht nur frühzeitig im DFB-Pokal und in der Champions League aus, sondern war auch noch dabei, die Meisterschaft zu verspielen. Doch ein gewisser Jamal Musiala hatte etwas dagegen.
Im Adventskalender schauen wir im Jahr 2024 auf die vergangenen 24 Jahre. Dabei entscheiden sich unsere Autor*innen für einen Moment, der aus ihrer Sicht besonders war. Das muss nicht immer zwangsläufig der größte und wichtigste, sondern kann und darf auch einfach mal ein sehr persönlicher Moment sein.
Nur noch einmal schlafen, dann ist es so weit: In vielen deutschen Wohnzimmern wird es morgen wieder die besonders von Kindern lang ersehnte Bescherung geben. Viele freuen sich schon Tage, wenn nicht Wochen im Voraus darauf.
Ähnlich dürften sich viele Fußballfans im Mai 2023 gefühlt haben: Nach zehn langen Jahren mit dem immer selben Meister schien die Serie des FC Bayern nun wirklich zu reißen. Nicht nur benötigte der Rekordmeister einen eigenen Sieg am letzten Spieltag in Köln, was angesichts der Inkonstanz der letzten Wochen alles andere als selbstverständlich erschien – auch Dortmund durfte zeitgleich zu Hause gegen Mainz, für das es sportlich um nichts mehr ging, nicht gewinnen. Selbst die größten Optimisten in Rot-Weiß dürften das für nicht allzu wahrscheinlich gehalten haben.
Die Bayern kamen allerdings sehr gut in die Partie und gingen bereits in der 8. Spielminute durch Kingley Coman in Führung. Anschließend schaltete man größtenteils in den Verwaltungsmodus, doch die Führung hielt.
Währenddessen spielten sich in Dortmund dramatische Szenen ab: Bereits nach 24. Minuten führte Mainz mit 2:0 im Signal-Iduna-Park. Zudem vergab Sebastien Haller noch einen Elfmeter für den BVB. Wirklich alles schien an diesem Tag für den FC Bayern zu laufen.
Einige Fans mögen in diesem Moment an das Jahr 2000 oder 2001 gedacht haben: Sollte es wirklich wieder zu einer Last-Minute-Meisterschaft für den FCB kommen? Ich selbst jedenfalls – zu jung, um die genannten Jahre selbst schon aktiv verfolgt zu haben – fieberte im Radio auf dem Weg zur Arbeit so mit wie selten zuvor bei einem Bundesligaspiel.
Auch die zweite Halbzeit lief lange Zeit nach Plan. Zwar erzielte der BVB in der 69. Minute den Anschlusstreffer zum 1:2, doch solange Bayern führte, brauchte er noch zwei weitere Tore, um sich wieder auf Platz 1 zu befördern. Allerdings wäre der FCB der Spielzeit 2022/2023 nicht er selbst, wenn er sich nicht wieder selbst in die Bredouille gebracht hätte: In der 81. Minute bekam Köln einen Elfmeter zugesprochen, den Ljubicic sicher verwandelte.
Der FC Bayern stand in der Blitztabelle also wieder ohne Meistertitel da und in Dortmund wurde trotz eigenem Rückstand gejubelt. Waren all die Vorbereitungen in den Tagen zuvor auf den ersten Bundesligatitel nach elf Jahren doch nicht umsonst gewesen? Kam es nun endlich zur lang ersehnten Bescherung?
Nun, eine Bescherung gab es am Ende tatsächlich, allerdings für den FC Bayern. Was war passiert?
Wenige Minuten nach dem Gegentor traf Thomas Tuchel eine Entscheidung: Es brauchte jetzt die volle Offensive und einen genialen Moment. Aus seiner Sicht kamen dafür zwei Spieler in Frage und diese wechselte er dann auch ein: den damals 18-jährigen Mathys Tel und den damals 20-jährigen Jamal Musiala. Die Jungen sollten es also richten. Manche werden sich nun vielleicht fragen, warum Letztgenannter in so einem Spiel nicht sowieso schon auf dem Platz stand. Tuchel hatte sich in diesem Spiel jedoch stattdessen für Sané entschieden und Musiala rausrotiert.
Nur vier Minuten nach seiner Einwechslung zeigte der Jungstar allerdings, was in ihm steckt: Gnabry dribbelte kurz an, spielte den Ball weiter zu Musiala und der versenkte ihn flach und platziert im rechten unteren Toreck. Bayern war wieder Meister! Zwar gelang Dortmund in der Nachspielzeit noch der Ausgleich gegen Mainz, doch das reichte nicht mehr. Der FCB war tatsächlich noch am letzten Spieltag am Rivalen vorbeigezogen.
Wie ist diese Last-Minute-Meisterschaft in der Rückschau einzuordnen? Auch wenn er für viele Fans wahrscheinlich nicht auf einer Stufe mit 2001 steht – zu besonders waren damals die Umstände -, so gehört er sicherlich zu den emotionalen Höhepunkten der jüngeren Vergangenheit. Mich wird die Erinnerung an die Radiokonferenz auf dem Weg zur Arbeit jedenfalls noch einige Jahre begleiten.
Andererseits war dieses positive Highlight am Ende einer eigentlich verkorksten Saison, in der man sich vorschnell von Julian Nagelsmann trennte und dann beinahe noch alle Titel verspielte, interessanterweise keine Initialzündung für einen neuen positiven Aufbruch. Auch in der darauffolgenden Saison tat sich der FC Bayern schwer und holte in der Bundesliga nur einen Punkt mehr als im Vorjahr. Dieses Mal war der Titel folgerichtig schon im Frühjahr kein Thema mehr – zu stark spielte Leverkusen auf, als dass man erneut mit einer solchen Leistung davonkam. Thomas Tuchel musste in der Folge gehen und Vincent Kompany übernahm. Und auch wenn dessen Ergebnisse in der ersten Halbserie größtenteils vielversprechend erscheinen – eine erneute Last-Minute-Meisterschaft ist auch dieses Jahr nicht auszuschließen.