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·16 giugno 2025
Bundeskartellamt sieht Nachbesserungsbedarf bei 50+1

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·16 giugno 2025
Das Bundeskartellamt hat heute Vormittag ihre Ergebnisse der Prüfung zur 50+1-Regel veröffentlicht. Diese festigen den Erhalt der Regel und fordert eine Nachbesserung bei den bisherigen Ausnahmen Wolfsburg und Leverkusen. Auch zur Situation bei Hannover 96 und Martin Kind nimmt der Text Bezug, genauso zur Mitgliedersituation bei RB Leipzig – wenn auch nicht explizit genannt.
Für den TSV 1860 München hat die Stellungnahme des Bundeskartellamtes ebenfalls Bedeutung. Die Löwen und Hasan Ismaik gehören zu den Beigeladenen. Außerdem könnte beim Fall von 50+1 Ismaik die Geschäftsführungs GmbH für eine geringfügige Summe aufkaufen. So ist es im Kooperationsvertrag geregelt. Auf Grund Ismaiks Verkaufsabsichten und dem nun feststehenden Verbleib der 50+1-Regel ist dieses Szenario aber wohl endgültig vom Tisch.
Das Bundeskartellamt hat heute den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen. Nach eingehender Untersuchung der Anwendungspraxis der 50+1-Regel ist das Bundeskartellamt aber der Ansicht, dass die DFL konkrete Maßnahmen vornehmen sollte, um zukünftig eine rechtssichere Anwendung der Regel sicherzustellen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die DFL muss unseres Erachtens für einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgen und die 50+1-Regel deshalb diskriminierungsfrei und konsequent anwenden. Maßgeblich wird erstens sein, dass die DFL bei allen Vereinen der Bundesliga und 2. Bundesliga gleichermaßen für offenen Zugang zur Mitgliedschaft und damit für die Mitbestimmung der Fans sorgt. Zweitens sollte die DFL sicherstellen, dass die Wertungen der 50+1-Regel auch bei ihren eigenen Abstimmungen beachtet werden. Drittens muss die DFL bei der vorgeschlagenen Änderung der Bestandsschutzregeln für die vormaligen Förderklubs nachbessern, denn die europäische Rechtsprechung legt hier jetzt einen strengen Standard an.“
Das Bundeskartellamt hat den Verfahrensbeteiligten heute entsprechende Empfehlungen sowie eine vorläufige rechtliche Bewertung übersandt. Die DFL und die beigeladenen Vereine und Investoren haben jetzt Gelegenheit dazu Stellung zu nehmen. Das Bundeskartellamt beabsichtigt, die Empfehlungen im Anschluss zu finalisieren und das Verfahren dann einzustellen.
Andreas Mundt: „Wir führen kein Verfahren gegen die DFL, sondern die DFL ist mit dem Anliegen an uns herangetreten, eine fundierte Einschätzung dieser schwierigen sportkartellrechtlichen Fragestellung zu erhalten. Mit unseren Empfehlungen wollen wir das tun, was uns an Hilfestellung für die DFL angesichts der festgestellten Defizite möglich ist. Die Einzelheiten der Umsetzung liegen dann selbstverständlich im Ermessen der DFL und ihrer Gremien. Den dafür nötigen Meinungsbildungsprozessen können und wollen wir nicht vorgreifen.“
Im Anschluss an neuere Rechtsprechung des EuGH zum Sportkartellrecht (Urteile „Super League“, „ISU“ und „Royal Antwerp“ vom Dezember 2023) hatte das Bundeskartellamt deren Auswirkungen auf die Zulässigkeit der 50+1-Regel geprüft. Es war dabei zum vorläufigen Ergebnis gekommen, dass die 50+1-Grundregel keine bezweckte Beschränkung des Wettbewerbs darstellt und das Ziel der Vereinsprägung grundsätzlich geeignet ist, eine Ausnahme vom Kartellrecht zu tragen. Aufgrund der strengen Anforderungen des EuGH an die konsistente und einheitliche Anwendung solcher Ausnahmen war allerdings die Lizenzierungspraxis der DFL näher zu betrachten (vgl. Bundeskartellamt, Pressemitteilung vom 29. Mai 2024).
Vereinsprägung und Mitgliederpartizipation
Die Ermittlungen hierzu haben nach vorläufiger Bewertung ergeben, dass die DFL in ihrer Lizenzierungspraxis nicht ausreichend darauf achtet, dass durchgängig alle Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga ihren Fans die Möglichkeit bieten, als stimmberechtigtes ordentliches Neumitglied aufgenommen zu werden. Nur mit einer stringenten Durchsetzung der Zugänglichkeit der Vereine kann die 50+1-Regel das Ziel der Vereinsprägung erfüllen, das sie vom Kartellrecht ausnehmen kann. Hierfür wird die DFL in Zukunft sorgen müssen, wenn sie eine rechtssichere Anwendung der 50+1-Regel anstrebt.
Abstimmungspraxis
Außerdem ergaben die Ermittlungen, dass die DFL bei der Abstimmung über eine Investorenbeteiligung an ihren Medienerlösen im Dezember 2023 die 50+1-Regel nach aktueller Einschätzung nicht konsequent umgesetzt hat. Die DFL war vorab informiert über eine Weisung des Muttervereins von Hannover 96, wonach der Geschäftsführer, Martin Kind, gegen die Beteiligung stimmen sollte. Zugleich war das Weisungsrecht des Muttervereins gegenüber Herrn Kind für die DFL der ganz zentrale Gesichtspunkt für die Einhaltung der 50+1-Regel bei Hannover 96. Trotzdem hat sie bei der Abstimmung ihrerseits keine Maßnahmen ergriffen, um zu überprüfen, ob Herr Kind tatsächlich weisungsgemäß abstimmte, und hieraus ggf. Konsequenzen zu ziehen. Eine inkonsequente Anwendung der 50+1-Regel in den Gremien der DFL stellt die Ausnahme vom Kartellrecht in Frage, auch hier muss die DFL für die Zukunft nachbessern.
Förderausnahme und Bestandsschutz für „Werksklubs“
Die bereits vorliegenden Vorschläge der DFL zur Streichung der Förderausnahme von der 50+1-Regel (vgl. Pressemitteilung vom 12. Juli 2023) bleiben im Ausgangspunkt geeignet, zur zukünftig rechtssicheren Anwendung der 50+1-Regel beizutragen. Mit der Streichung der Förderausnahme beseitigen sie die aus ihrer Anwendung folgende Ungleichbehandlung. Nach der neuen Rechtsprechung des EugH erscheint es allerdings nicht mehr möglich, zu den bislang vorgeschlagenen Bedingungen einen dauerhaften Bestandsschutz für Vereine vorzusehen, die bereits eine Förderausnahme erhalten haben – nach aktuellem Stand Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg, die TSG Hoffenheim fällt inzwischen nicht mehr unter die Ausnahme. Vielmehr müssen alle Klubs grundsätzlich homogene Wettbewerbsbedingungen vorfinden. Das bedeutet, dass bei allen Klubs – ob vormaliger „Förderklub“ oder nicht – zumindest perspektivisch sichergestellt werden muss, dass der für Neumitglieder offene Mutterverein die Profiabteilung beherrscht.
Die 50+1-Regel erfüllt aktuell bei der weit überwiegenden Zahl der Klubs der Bundesliga und 2. Bundesliga das Gemeinwohlziel, breiten Bevölkerungsschichten mitbestimmende Partizipationsmöglichkeiten zu verschaffen. Die aus Sicht des Bundeskartellamtes erforderlichen Nachbesserungen können auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Sie erfordern eine Diskussion in den Selbstverwaltungsgremien der DFL. Im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und sportliche Bedeutung könnte für die Umsetzung auch ein längerer Übergangszeitraum gerechtfertigt sein.
Quelle: Bundeskartellamt
Außerdem hat das Bundeskartellamt ein FAQ erstellt.
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