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·22 dicembre 2024
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·22 dicembre 2024
Das gestrige Topspiel in LaLiga zwischen dem FC Barcelona und Atletico Madrid war nicht nur der unterhaltsame Abschluss des La-Liga-Samstags, sondern hat auch genau aufgezeigt, wo die Unterschiede zwischen den beiden Mannschaften liegen. Wo Barca noch Mängel hat, die Atletico nutzen konnte. Und es zeigte auch was der Unterschied zwischen einer Topmannschaft und einem Titelkandidaten ist.
Hätte man in den ersten Minuten versucht zu erraten, welche Mannschaft die letzten elf Ligaspiele gewonnen hat und welche aktuell in einer Krise steckt, dann hätte man wohl den Rojiblancos die Krise zugedichtet. Strotzend vor Spielfreude zeigte sich Barca in der Anfangsphase enorm dominant gegen ein in Topspielen gewohnt tiefstehendes Atletico Madrid. Verdient ging man in Führung und hatte sogar mehrfach die Chance, diese auszubauen. Die Gäste hielt man komplett weg vom eigenen Tor und allgemein zeigte man ein sehr souveränes Gesicht.
Aber auch in Halbzeit zwei verpasste man das 2:0 und kassierte so in der ersten wirklichen Drangphase der Simeone-Elf das 1:1. Auch danach war Barca eher die überlegene Mannschaft, konnte Jan Oblak aber nicht überwinden. In der Nachspielzeit kam es dann, wie es kommen musste: Nach einem Konter stand Alexander Sörloth frei im Strafraum der Gastgeber, konnte Inaki Pena überwinden und schoss Barcelona weiter in die Krise.
Und das war nicht das erste Mal, dass man trotz starker Leistung, der Feldüberlegenheit und den deutlich besseren Torchancen nicht gewonnen hat. Gegen UD Las Palmas dominierte die Mannschaft, gerade in der zweiten Hälfte, das Geschehen, ließ sich aber durch zwei Konter und schwache Chancenverwertung schlagen. Gegen CD Leganes geriet man früh nach einer Ecke in Rückstand und fand dann wenig Mittel um gegen die tiefstehenden Pepineros anzukommen. Wenn man dann doch mal zum Abschluss kam, scheiterte man am Keeper Dmitrovic.
Gepaart wurden diese Heimleistungen mit den miserablen Auswärtsspielen gegen Celta Vigo und Real Betis. Zwar verlor man hier nicht, aber konnte nur zwei statt der erhofften sechs Zähler aus den Spielen mitnehmen. Wie gegen Atletico war es die Schlussphase die ausschlaggebend für den Punktverlust war. In beiden Spielen ruhte man sich auf der Führung aus und kassierte dafür die Quittung. Gegen Celta verspielte man ein 2:0 durch Gegentore in der 84. und 86.Minute, in Sevilla kassierte man in der Nachspielzeit den Ausgleich.
(Photo by Fran Santiago/Getty Images)
Die Leichtigkeit der anfänglichen Spiele ist nicht mehr zu sehen. Es scheint fast als würden der wachsende Druck und die steigende Erwartungshaltung von Medien und Fans die Mannschaft zunehmend verunsichern. Dazu kommen die Krise von Stürmer Robert Lewandowski. Bezeichnend war gestern eine Szene aus der 76.Minute: ein Chipball hinter die Kette findet Ferran Torres, der auf den Polen querlegt, welcher den Ball nur leicht touchiert vom Angreifer in die Arme von Jan Oblak fällt.
Die sonst so enorme Kaltschnäuzigkeit Lewandowskis ist zurzeit nicht zu erkennen. Nicht umsonst konnte er in den letzten fünf Spielen nur ein Tor machen, wie er auch selbst diagnostizierte: „In den letzten 2-3 Spielen fehlt mir die Gelassenheit im Strafraum.“ Auch interessant: das Spiel, das er verpasste gewann Barca mit 5:1.Generell ist das bei Barca aktuell eher eine Ergebniskrise, die aber jederzeit zu einer spielerischen Krise werden kann. Der Druck ist nach den Erfolgen der ersten Wochen und gerade der Demontage im El Clasico immer größer geworden. Der Vorsprung in der LaLiga verpufft innerhalb weniger Wochen und bei einem Sieg Real Madrids gegen den FC Sevilla läge Barca zum Jahreswechsel auf Platz drei.
Völlig gegensätzlich war die Leistung von Atletico Madrid. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten und der fehlenden Einbindung der kostspieligen Neuzugänge gewannen die Rojiblancos in den letzten Wochen immer mehr an Fahrt und konnten mit dem 2:1-Erfolg auf dem Montjuic das wettbewerbsübergreifend zwölfte Spiel in Folge gewinnen. Auch wenn von all dem nicht viel zu sehen war. Man stand sehr tief, kam wie schon angesprochen kaum in die gegnerische Hälfte. Und hatte es auch Schlussmann Oblak zu verdanken, dass man zur Halbzeit nur mit 1:0 hinten lag.
Auch wenn man nicht den Hurra-Fußball der letzten Wochen praktizierte war ein klarer Matchplan bei den Gästen erkennbar. Im gegnerischen Ballbesitz stand man enorm tief und versuchte anschließend im eigenen Ballbesitz über das spielstarke Zentrum bestehend aus Rodrigo de Paul und Pablo Barrios mit schnellen Seitenwechseln und Umschaltsituationen in die gegnerische Hälfte zu kommen. Durch Barcas gutes Pressing war das nur mäßig von Erfolg geprägt. Andererseits führte eine genau solche Situation in der Nachspielzeit zum Sieg. Letzten Endes gibt das Ergebnis, wenn auch glücklich zu Stande gekommen, Simeone absolut recht. Es ist eben manchmal auch das Glück, das ein Topteam braucht.
Was vor Allem bei Bayer Leverkusen letztes Jahr schon fast in absurder Zahl auftrat, ist auch ein Teil von Atletico in dieser Saison. Späte Tore, die auch teilweise spielentscheidend sind. Ein Fehlpass von Raphinha landet über de Paul und Nahuel Molina bei Alexander Sörloth, der dann den Abend für die Madrider vergoldet. In der sechsten Minute der Nachspielzeit. Es ist das 13.Tor, was man in dieser Saison nach der 90.Minute erzielt hat. Fast schon symbolisch also, dass man dieses Spitzenspiel in der quasi letzten Sekunde entscheidet.
Festzuhalten bleibt: Barcelona spielt wie eine Spitzenmannschaft. Ein dominantes Auftreten mit einer starken Pressing- und Abwehrarbeit, vielen Chancen und sehenswertem Fußball. Atletico hingegen spielte wie ein Meisterschaftsanwärter. Abgezockt, mit klarem Plan, der nötigen Effizienz und der Fähigkeit die Fehler, die Barca machte eiskalt zu bestrafen. Die Elf von Simeone spielte nicht gut, aber das musste sie auch nicht. Denn im Gegensatz zum aktuellen Tabellenzweiten hat die Truppe rund um Antoine Griezmann bewiesen, dass sie auch Spiele gewinnen können, die sie nicht gewinnen sollten. Etwas das Flicks Barcelona fehlt. Am Ende sind es diese Spiele, die über Meisterschaft oder Titellosigkeit entscheiden.
Sollte der aktuelle Abwärtstrend weitergehen, wird die Meisterschaft für Flick in weite Ferne rücken. Gerade bei Simeones formstarken Atletico Madrid oder dem Erzrivalen Real, die aktuell in wesentlich besserer Verfassung sind, scheint der Titel in LaLiga Woche für Woche offener. Man hatte sich ein Polster erspielt. Dieses Polster ist nun endgültig aufgebraucht. Die nächsten Wochen werden zeigen müssen, ob Barca den Spieß umdrehen kann, oder ob aus der Ergebniskrise eine wirklich problematische Situation wird. In LaLiga warten mit Getafe, Schlusslicht Valencia und Deportivo Alaves zudem drei Pflichtsiege.
(Photo by David Ramos/Getty Images)