Vertikalpass
·17 dicembre 2025
Einstiger Publikumsliebling im Abseits

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·17 dicembre 2025

Er will doch nur spielen. Am liebsten in Stuttgart. Aber Sebastian Hoeneß lässt ihn nicht. Die Tür sei offen, meint der Trainer. Aber er lässt den einstigen Publikumsliebling nicht durchgehen. Schöne Worte, keine Taten.
Einst war er der absolute Publikumsliebling in Stuttgart. Heute ist er beim VfB ohne jede Perspektive.
Vor einigen Jahren war Silas noch der Spektakelspieler in Stuttgart. Einer, der uns verzauberte und unsere Herzen erreichte. 2020/2021 so etwas wie das Gesicht des VfB, der heißeste Scheiß der Liga, der Höhepunkt sicher das 5:1 in Dortmund, bei dem Thomas Hitzlsperger Konfetti kotzte.
Silas stand stellvertretend für die neuen Jungen Wilden aus Cannstatt. Wild, das ist er. Sein Spiel roh und unkonventionell und unberechenbar und das passt nicht zum (Ballbesitz-)Fußball von Hoeneß, vielleicht passt es überhaupt nicht zum modernen Fußball. Silas setzte sehr spät einen Fuß in eine professionelle Fußballakademie, er wechselte bereits nach einem Jahr Profi-Fußball 2019 vom Paris FC zum VfB. Zusammen mit Atakan Karazor, Pascal Stenzel und Fabi Bredlow ist er am längsten beim VfB, bestritt insgesamt 132 Pflichtspiele (34 Tore) im Brustring.
Sebastian Hoeneß sagte, Silas trainiere gut. Aber das reichte in dieser Saison kein einziges Mal für den Kader in Bundesliga und Pokal (für die Europa League ist er nicht gemeldet). Was zur Folge hat, dass er auch nicht zur Nationalmannschaft seines Heimatlands Kongo berufen wurde, um bei der Afrikameisterschaft anzutreten.
Ja, bei Silas kommt Tempo vor Taktik. Instinkt und Intuition vor Struktur und Strategie. Dribbling vor Abspiel. Spaß hat es aber meistens gemacht, ihn zu sehen. Es sei denn, beim ersten Kontakt ist ihm der Ball vom Fuß gesprungen oder er ist am dritten Gegenspieler hängen geblieben statt abzuspielen oder er ist mitsamt dem Ball ins Aus gelaufen. Manchmal musste man befürchten, er spiele sich mit seinen Tricks selbst Knoten in die Knie. „Er kann Dinge machen, die man so nicht kennt“, sagte einst sein Entdecker Sven Mislintat. Dazu gehören unerwartete Moves, blitzschnelle Aktionen, atemberaubende Sprints und so viele Übersteiger hintereinander, dass die Gegenspieler erst mit offenem Mund zuschauen und ihnen dann schwindlig wird.
Es war immer eine Freude, Silas beim Wachsen zuzusehen, live dabei zu sein, wie er immer besser wurde. Wie er Lebens- und Spielfreude in Zählbares umwandelte, wie er ein bisschen zielstrebiger wurde und weniger verspielt auftrat. 18 Scorer sammelte er in 27 Spielen der Saison 2020/2021. Als er sich das Kreuzband riss, kaufte ich mir ein Trikot mit seinem Flock. Und ich musste feststellen, dass er nach weiteren Verletzungen zwar wieder ins Laufen kam, seine Trainer Bruno Labbadia und Hoeneß ihn aber positionsfremd einsetzen oder wenig bis nichts mit ihm anfangen konnten.
Nach seiner Leihe an Roter Stern Belgrad und einer weiteren Verletzung landete der einstige Publikumsliebling endgültig im Abseits. Gesprochen wird beim VfB über Silas nur gut, aber das ist ihm natürlich zu wenig. Er will spielen, um auf dem Spielfeld diese und weitere Highlights zu erleben:
Das Trödeltor gegen Bremen, 2020 Ein echter Aufreger
Das Freak-1:5 in Dortmund, 2020 Zusammenfassung
Das unglaubliche Solo von Strafraum zu Strafraum gegen Mainz, 2021 80 Meter in 14 Sekunden
Der Last-Last-Minute Ausgleich zum 3:3 gegen Dortmund, 2023 Zusammenfassung
Tor und Assist gegen Bayern München, 2024 Zusammenfassung
Tor des Monats und unwiderstehliches Solo gegen Gladbach, 2024 Zusammenfassung
Jetzt ist seine Zeit in Stuttgart vorbei. Silas wird den VfB verlassen. Er muss den VfB verlassen. Damit er wieder spielt. Damit er wieder lacht.
Sein Lachen, es wird mir fehlen.
Zum Weiterlesen: Silas bleibt Silas: Als er sich traute und offenbarte, ein ganz anderer zu sein.
Bild: Matthias Hangst/Getty Images









































