REAL TOTAL
·24 maggio 2025
Kommentar: Es geht der Größte

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·24 maggio 2025
Für REAL TOTAL-Redakteur Edin Soso ist Carlo Ancelotti der größte Real-Trainer aller Zeiten: Alexander Hassenstein/Getty Images
Natürlich ist es an der Zeit, natürlich war und bin auch ich mit der abgelaufenen Saison in jeder Hinsicht enorm unzufrieden und natürlich freue ich mich auf Veränderungen und den frischen Wind, der ab dem Sommer bei und um Real Madrid Einzug halten wird. Und dennoch bin ich heute sehr wehmütig, denn es gilt, Abschied von einem Mann zu nehmen, der wohl die prägende Figur der erfolgreichsten und glorreichsten Ära in der Geschichte des modernen Fußballs ist. Im Jahr 2014 – auf den Tag vor elf Jahren – erfüllte Carlo Ancelotti mit „La Decima“ nicht nur die fast manischen Sehnsüchte von Millionen Madridistas, es war gleichzeitig auch der Beginn einer in der modernen Fußballgeschichte einmaligen Epoche, die dann Zinédine Zidane mit drei Champions-League-Titeln weiter schrieb. Als nach der zweiten Amtszeit des legendären Franzosen Real Madrids Dominanz vorbei zu sein schien, holte Florentino Pérez den beinahe vergessenen Trainer-Vorrentner Ancelotti zurück. Was wie eine Verzweiflungstat wirkte, sollte sich als historisch entpuppen. Denn der Sommer 2021 bedeutete nicht nur die Verlängerung der goldenen Ära – die zweite Amtszeit „Carlettos“ setzte dem Ganzen noch die Krone auf.
Reals erfolgreichste Trainer
Vier Jahre später geht nicht nur der erfolgreichste Trainer in Real Madrids Historie – er brauchte für die 15 Titel übrigens nur sechs Jahre, während der legendäre Miguel Muñoz seine 14 Trophäen beispielsweise innerhalb von 15 Jahren gewann. Nein, Carlo Ancelotti ist nicht nur der erfolgreichste und beste, in meinen Augen ist er auch der größte Trainer der Vereinsgeschichte des größten und erfolgreichsten Klubs der Welt, ja sogar der größte Trainer in der Geschichte des Fußballs. Zahlen und Erfolge sind das eine, und da ist Ancelotti nun mal das Nonplusultra, nicht nur bei den Königlichen. Kein anderer gewann die Champions League ganze fünf Male, kein anderer holte Meisterschaften in Italien, Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Größe sind aber nicht nur Titel und Siege, zu wahrer Größe gehört viel, viel mehr. Gerade und insbesondere bei Real Madrid. Kaum ein anderer Trainer, Spieler oder Funktionär hat diesen Verein immer und überall so würdig und ehrenvoll vertreten wie Carlo Ancelotti. Während der 90 Minuten, aber auch und vor allem außerhalb der Stadien und Spieltage. Ob bei Pressekonferenzen, Titelfeiern, nach Siegen oder Niederlagen – immer hatte er das Ansehen des Vereins im Blick, nie fügte er diesem Schaden an. Im Gegenteil! In der abgelaufenen Spielzeit hat sich Real Madrid im Auftreten nach außen nicht immer glücklich und souverän verhalten, sei es bei und um den Ballon d’Or oder vor und nach dem Finale der Copa del Rey, um zwei prominente Beispiele zu nennen. Ganz anders der italienische Trainer: Gerade in der Phase war Carlo der königliche Leuchtturm in der Öffentlichkeit, der mit seinem würdevollem und gentlemanhaften Auftreten das hier und da angekratzte Image des Vereins immer wieder aufpolierte. Der diesen Klub aber auch immer und gegen alle verteidigte, der seit 2013 bis heute nicht müde wird, zu betonen, wie dankbar und glücklich er ist, für Real Madrid arbeiten zu dürfen. Wir alle kennen genügend Trainer, die nicht einmal einen Bruchteil von Ancelottis Erfolgen vorweisen können, denen aber diese Art von Demut und Bescheidenheit völlig fremd ist.
Mir wird er fehlen, vor allem bei Pressekonferenzen in Valdebebas, die zwar nie spektakulär und selten schlagzeilenreif waren, die aber immer einen besonderen Charme hatten. Den Charme von Carlo Ancelotti, dem Madridista, dem Gentleman, der jeden Journalisten immer mit Respekt behandelte, selbst dann, wenn eine Frage zum fünfzehnten Mal innerhalb von zehn Tagen gestellt wurde. Selbst dann, wenn er zum fünften Mal nach Socia-Media-Posts von Atlético Madrid befragt wurde. Solchen Fragen begegnete er immer mit Witz und Humor. Diese entspannten und oft sehr geistreichen Presserunden werden mir fehlen. Genauso wie feine Spitzen, die Carlo regelmäßig verteilte, wenn es darum ging, seinen Verein zu verteidigen. LaLiga-Chef Javier Tebas oder der FC Barcelona können davon ein Lied singen.
Stellvertretend und symbolisch für Carlo Ancelottis Beziehung zu Real Madrid stehen für mich die Szenen nach der CL-Halbfinal-Remontada gegen Bayern in der vorletzten Saison, als der Coach so voller Inbrunst und Liebe und mit dem Blick auf die Tribünen des Bernabéu „Hala Madrid y nada más“ sang. Und überhaupt – Remontadas! Der Mythos Real Madrid wurde an den magischen Nächten gegen Paris Saint-Germain, Manchester City, Bayern oder Chelsea nicht nur bestätigt, sondern beinahe neu begründet. Die langen 90 Minuten im Bernabéu sind inzwischen noch um einiges länger geworden. Diese epochalen Momente und Ereignisse werden für immer und ewig mit dem Namen Carlo Ancelotti verbunden sein, für mich sogar mehr als die ganzen Titel unter ihm.
Mehr Titel als alle anderen, von allen Vereinen und ihren Fans immer geliebt, von keinem Gegner verachtet, überall auf der Welt respektiert, von seinen Spielern regelrecht vergöttert. Das muss einer erst mal nachmachen. In Real Madrids alter Hymne heißt es in einer Strophe „Caballero del honor“. Nichts beschreibt Carlo Ancelotti als Trainer und Vertreter von Real Madrid in meinen Augen besser – ein wahrer Ritter der Ehre.
Gracias, Carlo y hasta siempre.
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