Rechenbeispiele für den Jugendfußball | OneFootball

Rechenbeispiele für den Jugendfußball | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: feverpitch.de

feverpitch.de

·20 giugno 2025

Rechenbeispiele für den Jugendfußball

Immagine dell'articolo:Rechenbeispiele für den Jugendfußball

„Gelebte Vielfalt ist ein Schlüssel für Teamerfolge – auf und neben dem Spielfeld! Beim Fußball wird nicht nach Herkunft, Bildungsgrad oder Elternhaus aufgestellt. Als Vorsitzender des FC Internationale Berlin bin ich verantwortlich für mehr als die Sportförderung. Unser Name ist Programm, wir vereinen rund 70 Nationalitäten. Dabei setzen wir uns ein für Chancengerechtigkeit, Solidarität, Bildungsangebote für Engagierte, Nachhaltigkeit und einen respektvollen Umgang miteinander.“

Diese wohlfeilen Sätze habe ich für eine Social-Media-Kampagne des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement geschrieben. Klingt gut, oder? Zumindest auf dem Papier. Aber das Leben auf’m Platz ist oft weniger geschmeidig, die Realität härter.

Neulich wurde ich im Podcast von Mara Pfeiffer nach meiner Lieblingsvokabel gefragt. Ohne zu zögern, sagte ich: „Solidarität!“ Unser augenzwinkernder, aber durchaus ernst gemeinter Slogan „Internationale Solidarität“ hat es mittlerweile unter viele Posts geschafft. Doch was bedeutet Solidarität im Fußball eigentlich – und wie setzen wir sie konkret um?


OneFootball Video


Trotz meiner desaströsen Mathe-Noten in der Schule habe ich eine kaufmännische Ausbildung erfolgreich – sogar in Rekordzeit – abgeschlossen. Mein Lehrer verzweifelte regelmäßig: Im Kopfrechnen gehörte ich zu den Top 3, bei höherer Mathematik hingegen blieb das Treppchen in sehr weiter Ferne. Trotzdem rechne ich manchmal gerne – vor allem, wenn es um sportliche Zahlen geht.

Kürzlich kam mir wieder so eine verrückte Idee: Es ging um einen Vergleich zwischen Profis und Jugendfußball. Ich bilde mir tatsächlich immer noch ein, es wäre eine denkbare Variante, die Berufsfußballer würden den Nachwuchs, der sie einst selbst waren, tatkräftig unterstützen. Besonders Kinder und Jugendliche aus weniger privilegierten Familien brauchen unsere Hilfe: sei es für angemessene Sportkleidung, Geld für das Trainingslager oder einfach nur ein Frühstücksbrötchen vor dem Punktspiel.

Ein Gedankenexperiment

Würden wir nur die Hälfte des aktuellen Marktwerts aller Bundesliga-Profis monetarisieren und diesen Betrag auf alle Jugendteams in Deutschland – von den Minis bis zur A-Jugend, Mädchen wie Jungen – gleichmäßig verteilen, was käme dabei heraus?

Hier die Rechnung:

  • Marktwert 1. + 2. Bundesliga (Transfermarkt 2025):     5,2 Milliarden Euro
  • Durch Jugendmannschaften in Deutschland:                 97.322 Teams

→ Pro Team: € 53.430 → Die Hälfte: € 26.715 pro Team

Deutschland würde beim Marktwert der Topligen sogar hinter Frankreich zurückfallen, aber das Szenario ist ohnehin unrealistisch. Erstens würden niemals in diesem Ausmaß Spieler verkauft, zweitens beruhen Marktwerte auf Schätzungen, die individuell stark schwanken können. Trotzdem zeigt allein die hypothetische Summe von über 50.000 Euro, die einem einzelnen Jugendteam durch den fiktiven „Gesamtverkauf“ aller Profis zufließen würde, wie weit die Schere zwischen Profis und Basis auseinandergeht. Meine Prognose: Das Ende der Fahnenstange ist längst nicht erreicht.

Nehmen wir unseren FC Internationale als Beispiel. Der Verein zählt über 30 Jugendteams – die neue Kinderfußballreform verändert zwar aktuell die Zählweise, doch bleiben wir zur Vereinfachung bei der Zahl 30. Würde meine fixe Idee Wirklichkeit, könnten wir allein für den Jugendbereich mit einem zusätzlichen Etat von 801.450 Euro rechnen. Das übersteigt unseren derzeitigen Gesamtetat deutlich. Addieren wir jedoch Mitgliedsbeiträge, Sponsorings, Spenden und eben diese fiktiven „Profierlöse“, läge der Verein plötzlich bei über einer Million Euro jährlich.

Eine unfassbare Summe! Was könnten wir damit alles bewirken?

Vor allem könnten wir die Ausbildung verbessern – sowohl die der Kinder als auch die der Coaches. Angenommen, wir beschäftigten für jedes Team zwei Trainer mit einem Honorar von je 1.000 Euro monatlich, käme das auf 720.000 Euro im Jahr. Übrig blieben 280.000 Euro für Ausstattung, Platzpflege, Verwaltung und andere Aufgaben. Das wäre realisierbar. Ob sich das direkt in besserer Qualität der Ausbildung niederschlagen würde? Sicherlich zumindest ein Stück weit – vor allem, wenn wir als Gegenleistung für die höhere Vergütung auch regelmäßige Fortbildungen voraussetzen.

Natürlich bräuchte es dazu qualifizierte Lehrkräfte, ausreichend Schulungsplätze in den Verbandszentren – und gerade in Ballungsräumen auch mehr Sportanlagen. Mit besseren Bedingungen ließe sich übrigens auch das Ehrenamt auf dem Platz wieder attraktiver gestalten. Mehr Kinder könnten aufgenommen werden. Aber solange die Politik den Breitensport eher als Nebensache oder gar als lästig betrachtet, liegt das Problem nicht nur am fehlenden Geld.

Es mangelt vor allem an Haltung, an Wertschätzung und an der Vorstellung, welche sozialen Werte ein gut organisierter Jugendfußball vermitteln kann. Man stelle sich vor, wir würden womöglich auch Sport-AGs an den Schulen angemessen vergüten. Wahrscheinlich hätten die Ideen sogar Auswirkungen auf Kriminalitätsraten – aber wir wollen die Politik  nicht mit zu vielen Zusammenhängen überfordern.

Mir fiele noch einiges ein, was man mit dem Geld sinnvoll tun könnte – vieles davon ist längst überfällig. Meinem Münchener Kollegen Michi Franke, mit dem gemeinsam ich mir eine DFB-Vizepräsidentschaft sehr gut vorstellen könnte, würde bestimmt auch noch eine Menge beitragen.

Doch wahrscheinlicher ist leider, dass die Schere zwischen Profi- und Amateurfußball weiter auseinandergeht, das Ehrenamt weiter unter Druck gerät, und der Breitensport politisch immer mehr ins Abseits rutscht. Ein trauriges, aber realistisches Szenario, sofern sich nichts ändert.

Immerhin: Das Rechnen hat trotzdem Spaß gemacht.

Visualizza l' imprint del creator