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·15 dicembre 2025
Union Berlin: Die Kings of the Mittelfeld aus Köpenick

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·15 dicembre 2025

Zu Beginn erst mal eine schlechte Nachricht von Union Berlin: Die letzte Begegnung des Jahres, am 23. Dezember, ist ausverkauft. Nichts zu machen. Der Run auf die Tickets war unglaublich, vermutlich kann man sich leichter Zugang zum Finale der WM 2026 verschaffen – am Ende musste das Losverfahren entscheiden.
Nächste Woche kommen aber nicht die Bayern oder Real Madrid an die Alte Försterei, die Ansetzung lautet: Union Berlin gegen den Weihnachtsmann.
Klingt nach einem Scherz, ist aber keiner. Es zeigt, wie außergewöhnlich die Eisernen sind. Seit 2003 gibt es das mittlerweise oft kopierte Weihnachtssingen hier im Original, die Veranstaltung ist seither von ursprünglich 89 auf knapp 30.000 Teilnehmer angewachsen und Höhepunkt des Fußballjahres.
Eines gerade recht erfolgreichen, Union stand 2025 kein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz. Da singt es sich besonders entspannt.
Es ist Platz acht entsprungen.
Eigentlich sollte ich Union ja nicht loben. Am Freitag hat uns der Hauptstadt-Klub die Saison versaut. Mit einem 3:1-Heimsieg machten Khedira & Co. aus Bayernjäger RB Leipzig den Nichtmehrbayernjäger RB Leipzig. Der Tabellenzweite hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass Union-Stürmer Tore schießen – das war aber zugegebenermaßen auch schon seit neun Spieltagen nicht mehr passiert.
Jetzt führt der Rekordmeister aus München trotz 2:2 gegen Mainz die Tabelle mit nunmehr neun (!) Punkten Vorsprung auf Leipzig und den BVB an, und wie ich die Dortmunder kenne, ist die Meisterschaft damit entschieden. Glückwunsch, FC Bayern!

Das kann den Union-Fans natürlich egal sein. Unter Trainer Steffen Baumgart hat sich ihr Verein an der Spitze des Mittelfelds festgesetzt, und zwar mit rücksichtslosem Bloßkeinballbesitzfußball: Keine andere Mannschaft in der Bundesliga hat das Spielgerät seltener am Fuß – 39 Prozent der Spielzeit nur.
Wäre Steffen Baumgarts Union Berlin ein Auto, es hätte fünf Rückwärtsgänge.
Aus nichts viel machen, das ist das Erfolgsrezept. In die Champions League wie beim Treppehochfall-Ausrutscher 2023 werden sie mit dieser Spielweise eher nicht wieder einziehen, aber wer erwartet das schon von einer Mannschaft mit einem Marktwert zwischen FC Augsburg und HSV? Ich nicht. Sind sie schon mit Platz acht echt gut bedient, die Kings of the Mittelfeld aus Köpenick.
Ich finde es schön, dass es Orte gibt, wo es als Erfolg zählt, wenn im Großen und Ganzen alles bleibt, wie es ist. Ich freue mich einfach darüber, dass es auch 2026 Vereine ohne einen Haupt- oder drei Mitbesitzer oder mit stets zu berücksichtigendem Aktienkurs geben wird – ich muss gerade daran denken, dass letzte Woche ein schlecht gelauntes Nico-Schlotterbeck-Interview tatsächlich über meinen Börsenticker lief, weil es BVB-AG-kursrelevant war.
*** Netflix will Warner kaufen *** Federal Reserve senkt die Zinsen *** Schlotterbeck kotzt sich aus ***
Sowas erlebt man bei Union nicht, Sportchef Horst Heldt leistet top Arbeit ohne Xetra, KI oder Wertpapierhandelsgesetz. Und Baumgart natürlich auch, obwohl der sich zuvor nicht mit Ruhm bekleckert hatte beim HSV und außerdem der schlechtestgelaunte Bundesliga-Trainer seit Werner Lorant ist. Auf mich wirkt der 53-Jährige dabei aber immer erfrischend unmodern; also wie jemand, der die Börse für das Ding in seiner Gesäßtasche hält.
Baumgart ist eben ein akribisch arbeitender Mann, ohne Schischi. Er macht seinen Job, hier sind keine Sensationen zu erwarten, nur gründlich umgesetzte Basics in der Endlosschleife. Bestes Mittelfeld halt. Passt perfekt zu Union Berlin, oder?
Als Weihnachtsgeschenk oder für einen alleine: Alex Steudels beste Kolumnen von 2020 bis heute gibt es jetzt neu als Buch – Titel: Wäre, wäre, Fahrradkette. 257 Seiten, 15,99 Euro: Hier bestellen! Wer fürs gleiche Geld portokostenfrei ein signiertes Exemplar möchte: Einfach Mail an post@alexsteudel.de schicken.









































