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·15 de julho de 2025
Botoxisch: Vorher weiß man nix und nachher alles besser

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·15 de julho de 2025
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet „BVB-Chefberater“ Matthias Sammer sein großes Kicker-Sommerlochinterview zur Lage der Fußballnation mit dem Appell garniert, es gehe ihm zu sehr um persönliche Eitelkeiten. Als ob es ihm spätestens seit dem Ende seiner aktiven Karriere jemals um etwas anderes gegangen wäre. Oder, um es mit den Worten des geschätzten Freundes Oliver Wurm zu sagen: „Matthes Sammer ist einer von uns. Vorher weiß er auch nix. Und nachher immer alles besser.“
Grund zum Mahnen und Warnen besteht durchaus. Denn was wir zuletzt an Leistungen unserer A-Nationalmannschaften bei Männlein wie Weiblein zu sehen bekamen, das hatte durchaus Potenzial – nach oben. Da mag bei den Frauen der Abstand zu den anderen Top-Teams nicht allzu groß sein, weil auch diese anderen Top-Teams aktuell erstaunlich schlecht kicken (Ausnahmen bestätigen wie stets die Regel), aber bei den Männern darf einem im Hinblick auf die WM im kommenden Jahr schon heute Angst und Bange werden.
Wenn nicht unsere (neben Antonio Rüdiger) besten Spieler Wirtz und Musiala und mindestens noch ein oder zwei weitere sich bis zum nächsten Sommer nicht nur topfit, sondern auch in Topform präsentieren, und wenn nicht auch alle anderen im Kader zumindest an ihrem obersten Leistungslimit spielen, dann werden wir bei diesem komischen Turnier in den USA, Kanada und Mexiko einmal mehr nichts zu bestellen haben. Nicht weiter schlimm freilich, denn wir werden dann entweder der Hitze oder Trump oder Infantino oder allen drei gleichermaßen die Schuld für unser Ausscheiden geben können.
Apropos Trump: Lustig war’s zu sehen, was die Chelsea-Spieler bei der Siegerehrung der Klub-WM für Gesichter zogen, als der Irrlichternde das Podium ums Verrecken nicht verlassen wollte. Dieses geschrieben habend, werde ich auch den sicherlich wohlgemeinten Tipp des Finanzgurus Hermann-Josef Tenhagen im Spiegel nicht beherzigen können, doch aufgrund des aktuell für uns sehr günstigen Dollarkurses einen Urlaub in den US of A zu erwägen. Aber seisdrum – es gibt nur wenig, was mir derzeit ferner läge.
Der Fußball grade ohnehin nur Randerscheinung. Tour de France und Wimbledon sind und waren eine hervorragende Substitution. Bei der großen Schleife staune ich jetzt schon seit mehreren Jahren darüber, mit welchem Eifer die Berichtenden auch noch die vielgliedrigsten Teamnamen willfährigst aussprechen. Sei es das „UAE Team Emirates XRG“ oder das „Decathlon AG2R La Mondiale Team“, sei es „Red Bull-Bora-Hansgrohe“ oder „EF Education Easypost“ – alles wird bis zum letzten Wort sauber ausgesprochen, ohne sich drüber lustig zu machen oder doch mindestens eine kurze Generalabrechnung mit dem Kommerz im Radsport vom Stapel zu lassen. Vom Thema Sportswashing ganz zu schweigen, das sich bei Teams aus den Emiraten, aus Bahrain und osteuropäischen Oligarchien ja nun ebenfalls anböte. Was da beim Fußball los wäre, wenn plötzlich Teams aus den arabischen, todesstrafenden Petrokratien sich in Turnieren mit „unseren“ Traditionsmannschaften messen würden. Was da beim Fußball los ist.
Warum das beim Radsport so ganz anders ist als beim Fußball, das mag man mir gerne in den Kommentaren erklären. Vielleicht stellt die ARD ja das starke Team der ewigen Dopingjagdredaktion noch rechtzeitig thematisch breiter auf, bevor die Rad-WM im September in Ruanda stattfindet. Wenn die eritreischen Anhänger des schwarzen Sprinters Biniam Girmay dort so feiern wie sie hierzulande gegeneinander demonstrieren, dann ist in Kigali jedenfalls der Teufel los. Und vor allem die Fans des FC Bayern München wissen ja, dass in Ruanda auch ohne Rad-WM derart der Teufel los ist, dass ein Sponsoringvertrag mit diesem Land unter gar keinen Umständen in Frage kommt. Fußball und Fahrradsport – verschiedene Welten.
Wenigstens in Wimbledon ist die Welt noch in Ordnung. Weiße Klamotten nur, gut gekleidete Promimassen auf den Tribünen, Erdbeeren, Champagnerkorken – nicht nur aber wohl auch wegen all dieser schönen Schrullen ist Wimbledon immer noch das bedeutendste aller Tennisturniere. Wobei ich mich gefragt habe, warum manche Spielerinnen und Spieler, allen voran der Spanier Alcaraz, auch nach mehrstündigen Spielen im aufgeheizten Stadion kaum oder gar nicht schwitzen. Botoxen die?
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