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·20 de outubro de 2025
Harry Kane immer besser! Ich fürchte, Bayern vermasselt uns die WM

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·20 de outubro de 2025
Ein harmloser Satz zu Harry Kane und zwei Zahlen brachten mich am Samstagabend aus der Fassung. Zuerst der Satz, er stammt von Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen: „Wenn uns einer gesagt hätte, dass Harry von Saison zu Saison besser wird – wir hätten wahrscheinlich noch mehr bezahlt.“
Die zwei Zahlen begründen seine Lobhudelei nach dem 2:1 gegen den größten Rivalen Borussia Dortmund: Harry Kane hatte 70 Ballkontakte – aber nur 3 im Strafraum. Und das als Mittelstürmer: Er war überall auf dem Rasen der Allianz-Arena, nur nicht an seinem Arbeitsplatz. Die Taktik ging auf: Mit Kane ist Bayern unberechenbar.
Denn wie soll die zweitbeste Mannschaft der Bundesliga einen Stürmer verteidigen, wenn er nicht dort auftaucht, wo man ihn erwartet? „So tief spielte ich noch nie“, witzelte Kane hinterher, aber: „Das war eines der besten Spiele meiner Karriere.“ Kollege Kimmich dazu: „Was er der Mannschaft gibt, ist herausragend.“
Nur ein Beispiel. So einen überragenden Pass aus der eigenen Hälfte, wie Harry Kane ihn vorm zweiten Treffer schlug, kannten wir bislang nur von Legenden wie Günter Netzer oder Toni Kroos. Mich macht das fertig. Erst vermasseln uns die Bayern mit ihrer Überlegenheit den Titelkampf in der Bundesliga (sieben Siege in sieben Spielen).
Und jetzt müssen wir auch noch für unsere Nationalmannschaft das Schlimmste befürchten: Wenn die Bayern Harry Kane immer besser machen, steigen mit ihm sogar die traditionell erfolglosen Engländer zum WM-Favoriten 2026 auf. So einen Nationalspieler wie Kane, einen Netzer oder Kroos, hat Deutschland einfach nicht mehr.
Ich habe noch vor Augen, wie Deutschland Mittelstürmer Nick Woltemade beim 1:0 in Nordirland für sein erstes Tor in sechs Länderspielen feierte. Zum Vergleich: Harry Kane hat bei Bayern 22 Torbeteiligungen in elf Saisonspielen. Auch für England trifft er praktisch immer: 95 Torbeteiligungen in 106 Länderspielen. Das ist phänomenal.
Ein Ex-Trainer des FC Bayern darf sich darüber freuen: Thomas Tuchel als englischer Nationaltrainer. Mit Kane als Kapitän spazierte England mit sechs Siegen in sechs Spielen durch die WM-Qualifikation – ohne Gegentor. Auf Jude Bellingham (Real Madrid) konnte er verzichten. Nicht aber auf Kane vom FC Bayern. (Ihn schonte er nur kurz.)
Mich beschleicht dabei ein ungutes Gefühl. Bayern-Trainer Vincent Kompany probiert mit Kane taktische Winkelzüge aus, wie es noch kein Trainer vor ihm gewagt hat. Kollegen von mir vergleichen Kane inzwischen mit einem „Schweizer Taschenmesser“ – er kann bald alles. Sogar Abwehrarbeit. Tuchel kann ihn bei der WM bald jederzeit überall einsetzen.
Das Blöde aus deutscher Sicht: Kane ist jetzt 32 – und längst nicht am Limit. Als er 2023 von Tottenham Hotspurs kam, zahlten die Bayern die 100 Mio. Euro Ablöse für seine Schusstechnik. Wenn er frei zum Schuss kommt oder am Elfmeterpunkt steht, macht’s so präzise Ding-Dong wie beim Glockenschlag am Big Ben in London.
Der Plan war ja: Er sollte Robert Lewandowski ersetzen, die Tormaschine aus Polen, die zuerst Gerd Müllers Bundesliga-Rekord übertrumpfte (41 Tore in einer Saison) und dann miesepetrig Richtung Barcelona verduftete. Heute wissen wir: Kane ist der bessere Lewandowski. Ein Schweizer Taschenmesser eben.
Zwölf Tore in sieben Bundesliga-Spielen bedeutet ja hochgerechnet: 60 Tore am Saisonende. Aber dass er jetzt sogar Abwehrarbeit verrichtet, Spielmacherqualität beim Passspiel beweist und obendrein ein furchtbar netter Kerl ist, macht Dreesens Satz verständlich: Kane ist heute mehr als 100 Millionen wert.
Gut für Bayern. Gut für England. Blöd für Deutschland.