90min
·11 de março de 2025
Im königsblauen Chaos des FC Schalke 04 fehlt der rote Faden - Ein Kommentar

In partnership with
Yahoo sports90min
·11 de março de 2025
Sieben deutsche Meisterschaften bis Ende der 1950er Jahre vor Einführung der Bundesliga zur Saison 1963/64, fünf Pokalsiege (zuletzt in der Saison 2010/11), der legendäre UEFA-Cup-Sieg 1997 mit den bis heute geliebten Eurofightern und einige kleinere Titel mehr - nicht zu vergessen die Meisterschaft der Herzen 2001. Mit der Veltins Arena eine der beeindruckendsten und stimmungsvollsten Fußballarenen Europas und eine Fanbase, die ihresgleichen sucht. Doch neben der großen Leidenschaft für Königsblau steckt vor allem eines in jedem Schalker Fußballherz: große Leidensfähigkeit. In den letzten Jahren nach der umjubelten Vizemeisterschaft 2018 erlebte einer der größten Vereine Deutschlands einen unbeschreiblichen Niedergang. Finanzielle Schwierigkeiten, die den Verein bedrohten und bis heute belasten, ein Verein, der überspitzt formuliert, öfter den Trainer wechselte als mancher seine Unterhosen und gefühlt jede Saison ein neuer Kader, an den sich die Fans auf's Neue gewöhnen müssen. Auch im Sommer deutet sich genau das wieder an. Der Blick auf den FC Schalke 04 erfüllt mich mit großer Sorge. Wie geht es weiter mit diesem großen Verein, wie sieht seine Zukunft aus und kann er zu altem Glanz zurückfinden? Jahr für Jahr ein neuer Umbruch wird dieser einstige deutsche Fußball-Gigant nicht überstehen können.
Schalke erlebt aktuell seine dritte Zweitliga-Saison seit der Vizemeisterschaft mit Domenico Tedesco 17/18. Das gab es seit Ende der 1980er/Anfang der 90er nicht mehr. Seitdem hatten die Knappen nach Tedesco zwölf verschiedene Gesichter an der Seitenlinie in der Verantwortung. Namen wie Stevens, Büskens oder Kreuzer als zwischenzeitliche Übergangsretter hielten die Köpfe sogar doppelt hin. Von Schalkes damaligem Kaderwert von rund 275 Millionen Euro ist der aktuelle Gesamtmarktwert mit gut 26 Millionen Euro nur noch ein Bruchteil dessen, was Schalke einst darstellte. Ständig sind die Königsblauen gezwungen, Experimente mit unbekannten Spielern zu wagen, die entweder funktionieren und mit Gewinn verkauft werden können oder sich als Transferflop entpuppen und neben Geld auch viel Nerven kosten. Zudem scheint man einfach nicht den passenden Trainer zu finden, der aus den regelmäßigen Scherben ein königsblaues Mosaik zu zaubern weiß. Wie auch? Es fehlt an Kontinuität - auf dem Feld, der Bank und in der Führung. Solange man in Gelsenkirchen in diesem Teufelskreis gefangen ist, sehe ich wenig Land auf gesunde Füße zu kommen. Vor allem sportlich. Anstatt sich in Richtung rettendes Ufer zu gelangen, strampelt man auf der Stelle und kämpft durchweg ums Überleben oder springt an derselben Stelle wieder ins kalte Nass der Hoffnungslosigkeit. Auf der Suche nach dem großen Silberstreif am Horizont fehlt mir aber vor allem ein Aspekt, der Schalke über Jahre ausgezeichnet hat.
Wenn man sich an die Spieler erinnert, die einst aus der Schalker Jugendabteilung ihren Weg in die europäische Fußballelite gemacht haben, kann man als Ausbildungsverein teilweise fast nur mit der Zunge schnalzen. Manuel Neuer, Mesut Özil, Julian Draxler, Leroy Sane, Jens Lehmann, Benedikt Höwedes, Olaf Thon sind wohl die ersten Namen, die einem einfallen. Die Knappen bräuchten mehr denn je junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, um das neue Gerüst des Vereins zu bilden und in eine bessere Zukunft zu blicken, aber es fehlt die ganz große Qualität oder ein Trainer, der im Profi-Kader genau das aus den Youngstern herausholen kann. Die letzten Spieler, die die Schalker auch nur annähernd in dieser Größenordnung hervorbrachten, waren wohl Malick Thiaw und Assane Ouedraogo, doch genau die Spieler die ein solches Potenzial verkörperten musste man in letzter Zeit immer wieder frühzeitig ziehen lassen und wartet nun auf neue Hoffnungsträger, denen es am Ende wohl ähnlich ergehen wird. Hier stottert die Produktion nach meinem Empfinden an irgendeiner Stelle. An der herausragenden Schalker Jugendarbeit unter dem langjährigen Juwelenproduzent der deutschen Fußball-Branche Norbert Elgert kann es aber wohl grundsätzlich nicht liegen, denn blickt man auf die letzten 15 Jahre der Schalker U19 zurück, so findet man sechs erste Plätze in der U19-Bundesliga sowie fünf zweite Plätze. Auch aktuell steht der Schalker Nachwuchs bei den A-Junioren auf Platz eins der DFB-Nachwuchsliga. Und das, obwohl gerade diese Liga für ihre hohe Qualität bekannt ist - vor allem durch die Jugendarbeit des großen Rivalen Borussia Dortmund, der regelmäßig um die deutsche Meisterschaft mitspielt. Es kann also nicht daran liegen, dass auf Schalke kein geeignetes Spielermaterial im Nachwuchs produziert wird - vielmehr scheint das Problem in der Weiterverarbeitung dieses Potenzials zu liegen.
Eine absolute Ikone im Jugendbereich des deutschen Fußballs: Schalkes U19-Cheftrainer Norbert Elgert / Steve Bardens/GettyImages
Vielleicht sollten sich die Knappen wieder mehr darum bemühen, den eigenen Nachwuchs salonfähig zu machen und dementsprechend auch einen Trainer finden, der diesen Weg in seiner Vita bereits eindrucksvoll und konsequent vertreten hat. Dann müsste man sich nicht immer wieder auf Transfer-Seifenblasen aus aller Welt einlassen, die allein schon wegen der Sprachbarriere eine gewisse Anlaufzeit und Aklimatisierung benötigen - diese aber eigentlich gar nicht haben und zudem oft schon nach einer Saison wieder Geschichte auf Schalke sind. Das kostet unnötig Geld, Zeit und Nerven und bringt nur in den seltensten Fällen wirklich nachhaltige finanzielle Mittel zurück. Der Return on Investment auf Schalke gleicht fast schon einem waghalsigen Krypto-Handel. Mit der Bimmelbahn durch die Welt zu fahren und darauf zu hoffen, dass ein Talent aus Argentinien, Chile, Mexiko oder dem Taka-Tuka-Land der große Heilsbringer wird, kann nicht als Transferstrategie verstanden werden.In Gelsenkirchen muss es endlich wieder nachhaltiger zugehen. Dass man Spieler mit Potenzial hat, zeigt das Beispiel Taylan Bulut (mit einem Marktwert von zwei Millionen Euro aktuell drittwertvollster S04-Profi im Kader), der die Schalker aber wohl zum Saisonende verlassen wird. Auch ein Max Grüger konnte in Ansätzen bereits andeuten, was er kann. Vielleicht kann man ja auch einfach mal beim dicken Kumpel aus der 2. Bundesliga nachfragen, wie man das geschickt anstellt. Der 1. FC Nürnberg beweist ja derzeit eindrucksvoll wie man Talente nachhaltig groß macht und sich damit finanziell Speck und Reputation anfrisst. Sobald sich der Klassenerhalt in der Saison 2024/25 abzeichnet, sollte man auf Schalke mit dem Projekt Jugend forscht voll durchstarten. Denn wer nichts mehr zu verlieren hat, kann immer noch alles gewinnen. Vielleicht gelingt es Schalke so, Schritt für Schritt wieder aus dem dunklen Schacht herauszukommen und Sonnenlicht auf die geschunde Seele zu bekommen. Die Zeile "Und kehr ich heim, zur liebsten mein", wie es im Steigerlied heißt, könnte so ganz neu interpretiert werden. Glück auf!
Weitere Schalke-News lesen:
Ao vivo