Talentförderung beim FC Bayern: Das komplette Interview mit Koordinatorin Nathalie Bischof | OneFootball

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·28 de fevereiro de 2025

Talentförderung beim FC Bayern: Das komplette Interview mit Koordinatorin Nathalie Bischof

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Im 90min-Interview haben Adriana und Helene mit Nathalie Bischof, Koordinatorin des Bereichs Talentförderung beim FC Bayern München, über Herausforderungen bei der Durchlässigkeit in der Jugendarbeit, Reaktionen auf den Wachstum des Frauenfußballs und die aktuell größten Herausforderungen gesprochen.

Adriana: Seit 2020 ist Nathalie Bischof beim FC Bayern für die Talentförderung zuständig. Welche Aufgabengebiete fallen hier an?


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Bischof: Im Grunde genommen kümmere ich mich um unsere Nachwuchsmannschaften, also um den sportlichen Bereich bei der U15, U17 und der U20. Das geht los mit Scouting und Kaderplanung der Mannschaften, aber beinhaltet natürlich auch den ständigen Austausch mit Trainern und Staff. Es geht weiter mit allem Organisatorischen rund um die Schule – besonders wenn wir Neuzugänge haben, die nach München ziehen. Darüber hinaus kümmere ich mich auch um das Haus der Athleten, in dem einige unserer Spielerinnen wohnen, sowie den Kontakt zum Olympiastützpunkt und DFB.

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Trainiert wird am FC Bayern Campus im Norden Münchens / Alexander Hassenstein/GettyImages

Adriana: Welche Qualitäten muss eine Spielerin mitbringen, damit sie in das Talentprofil des FC Bayern passt?

Bischof: Wir beim FC Bayern Frauenfußball nehmen uns den Spielstil der ersten Mannschaft zum Vorbild und den gleichen Spielprinzipien wollen wir auch in unserer Jugend nachgehen. Die Spielintelligenz und die Mentalität der Spielerinnen ist uns besonders wichtig. Der Frauenfußball hat sich so immens entwickelt, dass du die richtige Einstellung haben und viel investieren musst, um diese Ziele zu erreichen. Es ist ‘normaler’ geworden, dass Mädchen Fußball spielen, dementsprechend ist es aber auch für die jungen Spielerinnen schwieriger geworden, sich den Traum von der 1. Liga zu erfüllen, da die Konkurrenz zum Glück größer geworden ist.

Adriana: Viele Spielerinnen zieht es in die USA, wo gerade im Nachwuchsbereich an den Colleges der Frauenfußball stark gefördert wird. Wie ist der Blick auf diese Entwicklung und was kann man aus diesem Modell auch lernen?

Bischof: In den letzten zehn Jahren sind pro Spielzeit meist zwischen ein bis drei Spielerinnen von unserer 2. Frauenmannschaft den Weg in die USA gegangen. In der Zeit von der Oberstufe bis zum Abschluss hat sich meistens schon herauskristallisiert, ob der Sprung in die 1. Liga in Deutschland gelingt oder besser ein anderer Weg gegangen wird. Das Stipendium ist eine großartige Möglichkeit, über den Fußball eine Persönlichkeitsentwicklung durchzumachen, weil man in ein anderes Land kommt, eine neue Sprache und Kultur kennenlernt, aber auch für den Fußball nochmal eine ganz neue Herangehensweise erleben kann.

Adriana: Seit ein paar Jahren steht der Jugend beim FC Bayern der Campus im Norden Münchens als Trainingsstätte zur Verfügung. Wie groß ist die Zufriedenheit mit der Infrastruktur und den Räumlichkeiten, welche der Talentförderung zur Verfügung stehen?

Bischof: Die Infrastruktur am FC Bayern Campus ist sensationell, wir haben die bestmöglichen Trainingsvoraussetzungen, sei es im Athletikbereich oder mit Trainingsplätzen. Wir haben passende Räumlichkeiten, wo wir Workshops und Videoanalysen durchführen können. Das ist für den Frauenfußballbereich absolut top, da gibt es glaube ich keinen besseren Standort in Deutschland.

Adriana: Die 2. Mannschaft belegt aktuell einen der hinteren Plätze in der 2. Frauen-Bundesliga. Spricht das für die gestiegene Qualität auf dieser Ebene oder stellt es auch die Schwierigkeiten für junge Spielerinnen dar, mit den Älteren mithalten zu können?

Bischof: Die Tatsache, dass wir uns aktuell in der Liga so schwertun, spricht definitiv für den Frauenfußball und die Entwicklung der 2. Liga, sprich in der Breite. Gleichzeitig kommt hinzu, dass wir eine sehr junge, aber auch talentierte Mannschaft stellen. Natürlich ist es eine Herausforderung, jedes Wochenende gegen deutlich ältere und erfahrenere Spielerinnen und Mannschaften auf dem Platz zu stehen, aber das nehmen wir gerne an. Für uns steht nicht die Platzierung in der Liga, sondern die Entwicklung der Spielerinnen an erster Stelle.

Helene: Der Abstand zwischen der 1. und 2. Liga wird immer größer. Wie groß ist der Niveauunterschied und inwieweit ist das ein Problem für die jungen Spielerinnen?

Bischof: Es wird aktuell durchaus viel von DFB-Seite unternommen, damit sich die beiden Ligen weiter annähern. Die 2. Liga befindet sich auf einem guten Weg, wenn man betrachtet, welche Vereine aktuell an den ersten Positionen stehen. Da ist bereits jetzt ein großer Kampf um den Aufstieg eröffnet. Und die 1. Liga hat in Zukunft ja auch eine neue Struktur mit mehr Mannschaften, sodass auch hier ein neuer Weg gegangen wird.

Helene: Wie sieht konkret die Heranführung von der 2. an die 1. Mannschaft aus?

Bischof: Es besteht ein intensiver und regelmäßiger Austausch zwischen den verschiedenen Trainern. Dazu nehmen in der Winter- und Sommervorbereitung sowie bei den Trainingslagern regelmäßig mehrere Spielerinnen der 2. Mannschaft am Training der 1. Mannschaft teil. So haben diese die Möglichkeit, sich mehr und mehr an das Training der Profis zu gewöhnen. Es ist wichtig, mitzuerleben, wie dort das Tempo ist und wie intensiv gemeinsam mit großen Stars trainiert wird.

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Franziska Kett gehört zu den Talenten, die beim FCB ausgebildet worden sind / Adam Pretty/GettyImages

Helene: In der 1. Mannschaft des FC Bayern sind im Liga-Vergleich wenige Spielerinnen im aktuellen Kader, die in der eigenen Jugend ausgebildet wurden. Dafür sind viele Ehemalige mittlerweile in anderen Bundesliga-Mannschaften unterwegs. Wie sieht dahingehend die Herangehensweise aus?

Bischof: Es ist unser größtes Ziel, Spielerinnen aus München und Bayern in den Kader der 1. Mannschaft zu bringen. Aber dadurch, dass sich der Frauenfußball intensiv weiterentwickelt, stellt es natürlich einen großen Sprung aus dem Nachwuchsbereich an die Spitze der 1. Liga dar. Wir freuen uns über jede Spielerin wie Mala Grohs, Sydney Lohmann oder Franziska Kett, der das gelungen ist. Aber wenn dieser Schritt nicht möglich ist, dann wird diese Spielerin so gut von uns ausgebildet sein, dass sie zu einem anderen Erstligaverein wechseln kann. In dieser Saison spielen 18 Spielerinnen in der Frauen-Bundesliga, die bei uns ausgebildet wurden, darauf sind wir sehr stolz und davon profitiert die ganze Liga.

Helene: Zuletzt entschied sich der DFB für die Verabschiedung der B-Juniorinnen-Bundesliga. Wie sieht die Position des FC Bayern aus?

Bischof: Unsere U17-Juniorinnen spielen aktuell in einer Junioren-Liga in München. Wir können von Vorteilen dieser Liga profitieren, wie der Handlungsschnelligkeit, Körperlichkeit und Robustheit, die es verlangt, um sich gegen Jungs durchzusetzen. Gleichzeitig ist uns wichtig, die Spielerinnen der U17, die schon nah am Übergang zum Frauenfußball stehen, in ihrem Spielstil weiterzuentwickeln. Wir haben zu vielen Vereinen einen guten Kontakt, sodass wir Testspiele gegen Juniorinnen-Mannschaften auf hohem Niveau organisieren können. Somit integrieren wir auch die technisch-taktischen Aspekte, die vermehrt im Frauenbereich gefordert sind.

Wenn die Wahl zwischen einem Spiel gegen die SC Freiburg Juniorinnen oder gegen den FC Perlach besteht, dann ist es klar, wofür sich die Spielerinnen entscheiden. Das sind Highlight-Spiele für unsere Mädels, wenn es gegen Freiburg, Hertha BSC oder die TSG Hoffenheim geht. Wir befinden uns in einem Prozess, die Strukturen zu testen und den bestmöglichen Weg für uns zu finden.

Adriana: Ich würde gerne auch nochmal gerade auf das Thema Schule und Fußball zurückkommen. Wie lassen sich Schule, Fußball und Leistung vereinbaren?

Bischof: Wir arbeiten eng mit mehreren Schulen zusammen. Die Spielerinnen haben zum Beispiel erst ab 10 Uhr Schule und haben davor die Möglichkeit, zum Training zu gehen. Es gibt zudem eine Schulzeitstreckung. Das heißt, die Spielerinnen haben ein Jahr länger Zeit bis zum Abitur und dafür maximal 20 Stunden pro Woche Schule. Dadurch wird bei einem DFB-Lehrgang oder Trainingslager deutlich weniger Unterricht verpasst und gleichzeitig besteht die Möglichkeit, den verpassten Stoff über einen Nachführunterricht nachzuholen. Als Nachwuchsspielerin hat man einen Fulltime-Job:  morgens gehen sie zur Schule, danach zum Training, nach Hause zum Essen und für Hausaufgaben und am nächsten Tag geht es wieder von vorne los.

Helene: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit "Mädchen an den Ball" und was erhofft man sich auch von Bayern-Seite aus?

Bischof: Es war uns wichtig, dass jede unserer Nachwuchsmannschaften über die Saison hinweg ein soziales Projekt betreut. Für die U20 ist es "Mädchen an den Ball", wodurch wir ein Stück weit etwas zurückgeben wollen. Gleichzeitig tut es den Spielerinnen gut, selbst mal in die Trainerrolle zu schlüpfen und jungen Spielerinnen als Vorbild zu dienen. Viele Mädchen kommen durch dieses Projekt das erste Mal mit dem Fußball in Berührung, weil sie noch nie in einem Verein gewesen sind. Wir wollen dazu beitragen, dass Mädchen für den Frauenfußball begeistert werden und dass der Pool an fußballspielenden Mädchen größer wird.

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