
liga3-online.de
·20 de outubro de 2025
Woran Benedetto Muzzicato bei Alemannia Aachen gescheitert ist

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·20 de outubro de 2025
Nach nur elf Spieltagen ist Benedetto Muzzicato bei Alemannia Aachen schon wieder Geschichte, nachdem er erst zu Saisonbeginn übernommen hatte. liga3-online.de analysiert, woran der 46-Jährige gescheitert ist.
Muzzicato kam mit einer klaren Idee nach Aachen: Weg vom intensiven, vertikalen Umschaltspiel unter seinem Vorgänger Heiner Backhaus, hin zu mehr Ballkontrolle und dominanterem Positionsspiel. Der Trainer wollte die Alemannia technisch aufwerten und über längere Ballbesitzphasen Kontrolle erzeugen. Doch zwischen Anspruch und Realität klaffte früh eine Lücke. Bezeichnend: Nur fünf Teams waren in der bisherigen Saison seltener am Ball als die Alemannia.
Das Hauptproblem: Der Kader war auf den Stil seines Vorgängers zugeschnitten – robust, laufstark, aber mit Defiziten im Spielaufbau. In vielen Partien mangelte es an Passsicherheit, an klaren Strukturen im Aufbau und an der Unterstützung zwischen den Linien. Die Abstände im Zentrum waren zu groß, das Tempo im Ballvortrag zu gering. So blieb das neue Konzept Stückwerk. Entsprechend äußerte Muzzicato am Samstag nach der Niederlage gegen Ingolstadt bereits Zweifel, ob sein Ansatz überhaupt zur Mannschaft passe. Die Bilanz von sieben Niederlagen in elf Spielen beantwortete diese Frage deutlich.
Dass Muzzicato seine Spielidee nicht umgesetzt bekam, lag auch am großen Verletzungspech. Vor allem die schwere Verletzung von Kapitän Mika Hanraths war ein schwerer Schlag für den TSV. Über Wochen standen nie mehr als 16 bis 18 Feldspieler zur Verfügung – zu wenig, um Automatismen für ein ballbesitzorientiertes System zu entwickeln. Die Folge war eine überaus holprige Vorbereitung, die sich dann auch in einem schwachen Saisonstart niederschlug. Oftmals musste die Alemannia mit einem Rumpfkader aus nur 14 Feldspielern antreten, was einen Konkurrenzkampf unmöglich machte.
Auch während der laufenden Spielzeit verletzten sich immer wieder Spieler, vor allem muskuläre Probleme häuften sich. Selbst die zurückliegende Länderspielpause sorgte nicht für eine Entspannung der Lage. Stattdessen kamen sogar noch weitere Verletzte hinzu, sodass die Alemannia gegen Ingolstadt auf gleich acht Spieler verzichten musste. Eine Situation, die Muzzicato im Vorfeld als "außergewöhnlich" bezeichnet hatte. Aufgrund der hohen Anzahl an Verletzten konnten sich Automatismen im Laufe der Serie nicht einspielen. Die Folge war ein taktisches Flickwerk.
Auch eine verspätete Kaderplanung verschärfte die personellen Probleme. Denn dass die Aachener zu Saisonbeginn nur einen Rumpfkader zur Verfügung hatten, lag auch daran, dass sich die Suche nach Verstärkung über Wochen gezogen hatte. Nach dem überraschenden Aus von Geschäftsführer und Sportdirektor Sascha Eller entstand ein organisatorisches Vakuum, das Erdal Celik als Technischer Direktor nur bedingt schließen konnte. Der 37-Jährige liebäugelte mit völlig unrealistischen Transfers (etwa Tolcay Cigerci), sodass er nun ebenfalls gehen musste.
Erst als Rachid Azzouzi als neuer Sport-Geschäftsführer verpflichtet wurde, nahm die Kaderplanung Fahrt auf – da hatte die Saison allerdings bereits begonnen. Und die echten Verstärkungen wie Lars Gindorf und Mika Schroers zog die Alemannia erst zum Ende der Transferperiode an Land. Insgesamt gab Aachen in diesem Transfer-Sommer kein gutes Bild ab. Noch immer sind Positionen offen, sodass sich in den letzten Wochen zahlreiche Testspieler die Klinke in die Hand gaben. Wäre Azzouzi früher verpflichtet worden – was aus vertraglichen Gründen aber offenbar nicht möglich war – hätten viele Probleme verhindern werden können. Auch Muzzicato hätte von einer weitsichtigeren Planung ohne Frage profitiert.
Trotz der holprigen Vorbereitung und der schleppenden Kaderplanung hielt die Alemannia in den meisten Partien gut mit und war selten die schlechtere Mannschaft. Doch immer wieder brachten sich die Schwarz-Gelben durch individuelle Fehler um den Lohn – offensiv wie defensiv. In Cottbus etwa gab Aachen durch defensive Unzulänglichkeiten eine zweifache Führung aus der Hand, gegen Ingolstadt versagten Schroers frei vor FCI-Keeper Eisele dann plötzlich die Nerven.
Darüber hinaus waren die Aachener auch des Öfteren mit dem Pech im Bunde. Die Niederlagen gegen Aue und Ingolstadt etwa kamen durch Traumtore des Gegners zustande, zudem verlor der TSV sowohl gegen 1860, als auch gegen Verl und Ingolstadt erst in letzter Minute. Nach den Spieldaten hat Aachen fünf Punkte weniger geholt, als es der Chancenqualität – auch der der Gegner – entsprochen hätte.
Mit den Rückschlägen wuchs die Verunsicherung. Die Mannschaft wirkte zunehmend blockiert, Entscheidungen wurden zögerlicher, die Offensivaktionen hektischer. Muzzicato selbst sprach von einem "Kopfproblem" und davon, dass es an Konsequenz und Entschlossenheit fehle: "Wenn du nicht konsequent bist und keine schnellen Entscheidungen triffst, reicht es in der 3. Liga nicht." Seine Ansprache nach Spielende sei daher auch etwas kürzer ausgefallen.
"Bis auf zwei Partien waren wir eigentlich immer auf Augenhöhe mit dem Gegner oder sogar besser – und das ist mittlerweile auch in den Köpfen der Spieler. Dann weißt du auch nicht mehr, was du als Trainer sagen sollst. Denn es ist ja immer meine Analyse und meine Stimme." Muzzicato hatte betont, dass es diesbezüglich einen "neuen Impuls" brauche. Welchen, das hatte er offen gelassen. Zwei Tage später steht fest: ein neuer Trainer soll für diesen neuen Impuls sorgen.
Benedetto Muzzicato ist weniger an seiner Idee gescheitert als an den Rahmenbedingungen, in denen sie umgesetzt werden sollte. Seine Vorstellung eines spielerisch dominanten Fußballs passte weder zum bestehenden Kader noch zu den strukturellen Voraussetzungen des Vereins. Verletzungen, verspätete Transfers und individuelle Fehler taten ihr Übriges. Entsprechend wird sich zeigen, wie schnell es unter einem neuen Coach bergauf geht.
Für die Alemannia bleibt das Scheitern ein Lehrstück: Eine Spielphilosophie kann nur dann greifen, wenn sie zur Mannschaft, zur Kaderstruktur und zur wirtschaftlichen Realität passt. Aachen wird künftig entscheiden müssen, ob man den Weg des dominanten Ballbesitzfußballs weiterverfolgen will – und dann gezielt Spielerprofile verpflichtet, die diesen Stil tragen können – , oder ob man wieder stärker auf die physische, kompakte Identität der 3. Liga setzt. Erst eine klare sportliche Linie, die von der Führung bis zum Kader durchdacht ist, kann langfristige Stabilität schaffen. Der neue Trainer steht damit vor einer doppelten Aufgabe: kurzfristig Ergebnisse liefern – und langfristig mithelfen, dass Alemannia Aachen wieder zu einer sportlich wie strukturell konsistenten Einheit wird.
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