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·16. Oktober 2025

Bessermacher im Zentrum

Artikelbild:Bessermacher im Zentrum

Mit James Sands und Joel Fujita hat der FC St. Pauli zwei Spieler im Mittelfeld, die das Team besser machen. Der erste Artikel einer Reihe mit Blick auf die FCSP-Neuzugänge.(Titelfoto: Stefan Groenveld)

Der Transfersommer des FC St. Pauli war in vielerlei Hinsicht besonders. Weil dort für Club-Verhältnisse Rekordsummen bewegt wurden sowohl in Sachen Ab- als auch Zugängen. Besonders war er auch deshalb, weil doch recht viele Spieler den FCSP verließen und neu hinzukamen. Und für Bundesliga-Verhältnisse einzigartig war er aufgrund eines äußerst interessanten Details: Denn der FC St. Pauli ist der einzige der 18 Erstligaclubs, der diesen Sommer keinen einzigen Spieler mit Bundesliga-Erfahrung verpflichtete.


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Neuzugänge benötigen Zeit – einige mehr, andere weniger

Entsprechend sollten auch die Erwartungen an die neun neuen Spieler im Kader des FC St. Pauli gestaltet werden. „Man kann nicht bei jedem Spieler erwarten, dass er verpflichtet wird und sofort funktioniert“, mahnte Alexander Blessin letzte Woche in Bezug auf Martijn Kaars an und bat damit zudem darum den neuen Spielern Zeit einzuräumen. Denn die Bundesliga sei eine „andere Hausnummer“, erklärte er drei Wochen vorher. Für die Neuzugänge, die vorher fast ausnahmslos in Ligen aktiv waren, die eben nicht Bundesliga-Level besitzen, sei es ein großer Schritt an eben jenes Level heranzukommen. Für den FC St. Pauli ist das Fluch und Segen zugleich. Denn auf der einen Seite muss das Team das Bundesliga-Niveau der Spieler schnellstmöglich selbst entwickeln. Auf der anderen Seite ist nur so überhaupt die Chance da, dass diese Spieler Braun-Weiß tragen. Blessin: „Wenn sie das (Bundesliga-)Level schon hätten, dann würden sie woanders spielen.“

Schauen wir also mal in mehreren Teilen, wie weit die Neuzugänge des FC St. Pauli nach dem Saisonstart bereits sind auf dem Weg hin zum Bundesliga-Niveau. Da das als einzelner Artikel viel zu mächtig wird, versuche ich mich an einer Artikel-Reihe, die hoffentlich bereits in wenigen Wochen ihren Abschluss findet. Anfangen möchte ich mit zwei Spielern, die den FC St. Pauli auf jeden Fall besser machen, wenngleich einer davon nur im weitesten Sinne ein Neuzugang ist.

Joel Fujita – ein großer Gewinn für den FC St. Pauli

Dass Joel Chima Fujita ein Spieler ist, der den FCSP besser macht, ist sicher schon den meisten (wenn nicht sogar allen) aufgefallen, die es mit dem FC St. Pauli halten. Fujita ist ein ziemlich kompletter Fußballer, der im zentralen Mittelfeld mit Passsicherheit und bemerkenswertem Weitblick unterwegs ist. Wie gut er ist, zeigen die Zahlen, zumindest teilweilse.

Denn im Fall von Fujita stehen die Statistiken teilweise konträr zu den subjektiven Eindrücken. Weil ich finde, dass seine bisherigen Leistungen im Trikot des FC St. Pauli in vielen herkömmlichen Statistiken nicht gut abgebildet sind. Dabei kommt er dort schon recht gut weg. Laut FotMob-Rating ist nur ein einziger FCSP-Spieler besser (Danel Sinani). Das ist auch beim MillernTon der Fall, wo er mit einer Durschnittsnote von 9,8 der zweitbeste Spieler ist (allerdings hinter Nikola Vasilj). Schaut man sich die Zahlen aber etwas tiefer an, dann wird deutlich, dass Fujita in nahezu allen Bereichen des Fußballspielens richtig gut ist.

Stark bei Ballgewinnen (?)

Zu seinen größten Stärken zählt sicher, dass er viele Bälle für sein Team gewinnt, sei es durch Zweikämpfe, vor allem aber durch abgefangene Pässe. Laut FotMob gewinnt er pro Spiel 5,6 Bälle im mittleren und gegnerischen Spielfelddrittel (4,6 im mittleren, 1,0 im gegnerischen) – das ist nicht weniger als ein absolut überragender Wert. Abgesehen von zwei Spielern mit (für eine belastbare Aussage zu) wenig Minuten auf dem Platz (Tom Bischof und Christian Eriksen) kommt kein Spieler der Bundesliga auf einen Wert über 5 bei diesen kombinierten Zahlen. Außer eben Fujita.

Artikelbild:Bessermacher im Zentrum

In Sachen Ballgewinne und dem Beitrag zur Offensive ist Joel Fujita für den FC St. Pauli extrem wertvoll. // (c) Stefan Groenveld

Interessant ist aber, dass die Metriken in Sachen Ballgewinnen teils weit auseinander gehen. Während Fujita bei FotMob als einer der besten geführt wird, ist er bei FbRef „nur“ im oberen Drittel der Bundesliga anzusiedeln, wenn es um Ballgewinne durch Tacklings und Interceptions geht. Bei WyScout hingegen wird Fujita mit Ballbesitz-bereinigten 3,6 Interceptions pro Partie gar auf dem viertletzten Platz (zwei Plätze vor Sands!) unter allen zentralen Mittelfeldspielern mit ausreichender Spielzeit geführt. Die Zahlen driften also extrem weit auseinander. Das liegt zum einen daran, dass sie teilweise auch nicht vergleichbar sind (weil sie unterschiedlich gezählt werden), aber es zeigt eben auch, dass es vielleicht noch tiefergehende Zahlen benötigt, um die Stärken von Fujita als „ball-winner“ darzustellen. Denn das er darin richtig, richtig gut ist, ist ja immerhin nicht nur mein persönlicher Eindruck. Oder es lässt sich eben einfach nicht in Zahlen ausdrücken, was man auf dem Platz Woche für Woche sehen kann. (Wenn wir Glück haben, dann folgt hier noch ein Absatz, der tiefergehende Zahlen liefert)

Wichtige Verbindung zur Offensive – aber die ist noch ausbaufähig

Wenig tiefergehende Zahlen benötigt es, um zu erkennen, wie wertvoll der Beitrag von Fujita für das Offensivspiel des FC St. Pauli ist. Nur ein zentraler Mittelfeldspieler der Bundesliga (Nadiem Amiri) spielt durchschnittlich mehr Pässe in den gegnerischen Strafraum als Fujita. Auffällig ist allerdings, dass Fujita bei einigen dieser Pässe (noch) die gedankliche Verbindung zu seinen Mitspielern fehlt. Denn zu viele dieser Pässe kommen nicht beim Mitspieler an, weil Lauf- und Passwege, sowie Timing (noch) nicht passen (seine Erfolgsquote bei Pässen in den gegnerischen Strafraum ist fast die schlechteste aller zentralen Mittelfeldspieler). Hier ist natürlich zu hoffen und auch zu erwarten, dass sich das im Verlauf der Saison verbessert. Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, dass das Level bereits sehr hoch ist: Hinter Danel Sinani ist Fujita der Spieler im Team des FC St. Pauli mit den meisten Torschussvorlagen.

James Sands – kein Neuzugang, aber ein Bessermacher

Nur in einem etwas weiteren Sinn ist auch James Sands ein Neuzugang des FC St. Pauli. Sands war bereits im Januar 2025 ans Millerntor gewechselt, machte aber aufgrund seiner schweren Verletzung letzte Saison nur wenige Spiele für den FCSP. Diese waren zwar sehr vielversprechend, aber in der Anzahl etwas zu gering, um einen verlässlichen Eindruck seiner Fähigkeiten zu bekommen. Neben den Platz bekam man diesen dann spätestens im Frühsommer, als Sands sich dazu entschloss seine Reha komplett in Hamburg zu absolvieren und nicht, wie es viele wohl tun würden, dafür in die USA zurückzukehren. Ein klares Signal, dass er beim FC St. Pauli noch nicht fertig ist. So wurde die Leihe verlängert und in den ersten sieben Pflichtspielen war deutlich zu erkennen, dass James Sands den FCSP auf dem Platz besser macht.

Sands = Zweikämpfer

Wie genau James „Jimmy“ Sands das gelingt, lässt sich unter anderem an den Zahlen ablesen: Kein anderer Spieler auf seiner Position führte an den ersten sechs Spieltagen mehr Zweikämpfe als der 25-jährige. Und dabei ist er ziemlich erfolgreich: Nur Gladbachs Engelhardt gewinnt durchschnittlich mehr Defensivduelle als Sands. Das Führen vieler Zweikämpfe hat aber auch seinen Preis: 2,2 Fouls bekommt Sands pro Partie gepfiffen – Spitzenwert in der Liga.Nicht ganz an der Spitze rangiert Sands im MillernTon-Ranking: Dort liegt er hinter Vasilj, Fujita und Sinani auf Rang vier. FotMob listet ihn team-intern auf Rang zehn.

Trotz der besonders für FCSP-Verhältnisse eher hohen Anzahl an Fouls, ist der Wert von James Sands für das Spiel des FC St. Pauli sehr hoch. Das liegt auch daran, dass er in der Luft viel besser ist, als man vermuten mag: In den wenigen Spielen der letzten Saison führte er zwar weniger Kopfballduelle als Jackson Irvine, hatte aber die deutlich bessere Quote (63,6 vs. 48,6 Prozent), was im Vergleich zu allen Spielern auf seiner Position die zweitbeste gewesen ist. Das setzt sich in gewisser Weise fort, denn auch in dieser Saison zählt er zu den Top5 in Sachen Kopfballduellen. Das muss er aber auch, denn mit Fujita hat er einen Partner an seiner Seite, der tatsächlich noch kein einziges Kopfballduell gewonnen hat.

Beitrag zur Offensive soll steigen

James Sands und Joel Fujita agieren als Doppelsechs auf dem Platz und dabei nehmen sie verschiedene Rollen ein. Wenngleich Sands in der Medienrunde vor wenigen Wochen betonte, dass er gerne präsenter in der Offensive werden möchte, so dürfte dies doch etwas eher die Rolle sein, die Fujita einnimmt. Fujita hat mehr erfolgreiche Offensivaktionen, mehr Ballkontakte im gegnerischen Strafraum und mehr Torschussvorlagen vorzuweisen als Sands. Allerdings, hier wird es wieder subjektiv, ist „one-touch“-Jimmy (den Spitznamen mag er nicht, aber ich finde ihn weiterhin sehr passend) trotzdem extrem wertvoll für die Offensive des FC St. Pauli. Das liegt an seiner Pass-Sicherheit. Starke 77,1 Prozent seiner Zuspiele ins gegnerische Drittel kommen beim Mitspieler an (Fujita: 68,4). Auch wenn Sands sicher eher die Rolle des „Abräumers“ einnimmt als der progressivere Fujita, so darf nicht unterschätzt werden, welchen Wert er für das Offensivspiel des FC St. Pauli einnimmt.

Artikelbild:Bessermacher im Zentrum

James Sands in seinem natürlichen Habitat, dem Zweikampf. // (c) Stefan Groenveld

Vergleich mit Vorsaison zeigt starke Veränderungen

Wie groß die Beiträge von Sands und Fujita für die FCSP-Offensive sind, zeigt vielleicht am besten ein Vergleich, der aus vielerlei Gründen allerdings mit Vorsicht zu betrachten ist: Jener mit dem Doppelsechs-Duo der Vorsaison. Das Duo Fujita-Sands ist einfach sehr viel mehr eingebunden in das Offensivspiel des FC St. Pauli, spielte zusammen pro Spiel 14,4 Pässe ins gegnerische Drittel, während das Duo Boukhalfa-Irvine zusammen auf durchschnittlich 7,3 Pässe kam. Die Erfolgsquoten sind dabei ebenfalls deutlich höher (Sands: 77,1 Prozent, Fujita: 68,4 – Irvine: 64,5, Boukhalfa: 60). Und sowieso: Der FCSP spielt in dieser Saison viel öfter über und mit dem Mittelfeldzentrum, Carlo Boukhalfa und Jackson Irvine wurden in der Vorsaison pro Spiel 15,9 bzw 19 mal per Pass angespielt. Allein Fujita wird häufiger angespielt (36,4 mal pro Partie), Sands liegt mit 28,1 Zuspielen ebenfalls deutlich drüber.

Nun kann darüber diskutiert werden, ob diese höhere Einbindung der Doppelsechs auch mit einer veränderten taktischen Ausrichtung abhängig ist, also nicht ganz direkt von den Qualitäten der Einzelspieler abhängt. Das mag ich nicht ausschließen. Allerdings machen Fujita und Sands es auch wirklich gut, ihre Pass-Sicherheit ist extrem wertvoll für das Spiel des FC St. Pauli. Eine taktische Anpassung dürfte sehr direkt auch davon abhängen, dass man mit der „neuen“ Doppelsechs eben sowas auch spielen kann. So, wie es in der Vorsaison nicht immer möglich gewesen ist.

Mehr Pässe in die Spitze, mehr Zweikämpfe – ein Upgrade

Gegen den Ball ist das Bild ähnlich, wenngleich der Vergleich etwas schwieriger ist. Der FC St. Pauli hat in dieser Saison bisher insgesamt deutlich weniger erfolgreiche Pässe ins eigene Drittel zugelassen (24,7 pro Partie) als im Vorjahr (36,5), was natürlich nicht nur, aber sicher auch mit mehr Präsenz im Sechsserraum zusammenhängt. Sands und Fujita kommen nämlich besser in Defensivduelle, sie führten bisher durchschnittlich 14,8 Bodenzweikämpfe (Erfolgsquote: 65,3 Prozent). Das Duo Irvine-Boukhalfa kam in der Vorsaison auf 10,1 pro Partie (Erfolgsquote: 61,1 Prozent).

Die Zahlen bestätigen also den visuellen Eindruck vieler: James Sands und Joel Fujita machen den FC St. Pauli besser. Allerdings gibt es einen Bereich, der definitiv noch ausbaufähig ist. Denn in der Offensive fehlt der Punch. Gut, Irvine gelang in der Vorsaison auch kein Treffer. Aber er war, genauso wie Boukhalfa, viel präsenter im gegnerischen Strafraum als Fujita und Sands. Das Duo kam auf knapp mehr als zwei Torabschlüsse pro Partie (xG: 0,28), Fujita und Sands liegen bei 1,3 (xG: 0,06). Allerdings legt Fujita durchschnittlich auch genauso viele Torschüsse auf, wie Boukhalfa und Irvine in der Vorsaison zusammen. Trotzdem: Offensiv darf man von der neuen Doppelsechs des FC St. Pauli noch mehr erwarten. Und das ist angesichts des bereits hohen Levels eine sehr gute Aussicht.

// Tim

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