VfL Osnabrück
·19. Februar 2025
Brückenschlag 117: Mannheimer Vereinstreue
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·19. Februar 2025
Ein Vereinswechsel kam für Roland Dickgießer grundsätzlich nicht infrage. Von 1978 bis 1994 spielte er ausschließlich für den SV Waldhof Mannheim und begleitete so die wohl erfolgreichste Epoche der Vereinsgeschichte. Achtmal kreuzte Dickgießer dabei den Weg der Lila-Weißen.
1960 in Bruchsal geboren, lernte Roland Dickgießer das Fußballspielen beim TSV Langenbrücken, eher er als Jugendlicher nach Mannheim wechselte. Die Waldhöfer kämpften seinerzeit in der 2. Bundesliga Süd um Punkte und Tore – ab Dezember 1978 mit einem neuen, hoffnungsvollen Abwehrspieler. Im ersten Jahr rettete man sich nur knapp vor dem Abstieg, doch dann zeigte die Tendenz steil nach oben. 1979/80 stand Platz 11 zu Buche, dann folgte Rang 6, mit dem sich Mannheim für die eingleisige 2. Bundesliga qualifizierte, die der Klub dann wiederum als Sechstplatzierter abschloss.
1983 sicherte sich die inzwischen von Klaus Schlappner trainierte Mannschaft die Meisterschaft in der 2. Bundesliga und damit den Aufstieg in die Beletage des deutschen Fußballs. Gerade einmal sieben Spiele waren in dieser Saison verloren gegangen, in der Waldhof nicht nur den erfolgreichsten Sturm (83 Tore), sondern auch die mit Abstand beste Defensive (38 Gegentreffer) stellte. Roland Dickgießer, mittlerweile ein gestandener und durchaus gefürchteter Abwehrspieler, der mit der deutschen U21-Nationalmannschaft bis ins Endspiel der Europameisterschaft vorgestoßen war, hatte nur vier Partien verpasst.
Sieben Jahre hielt sich Mannheim im Kreis der 18 Spitzenteams, Dickgießer kam auf 208 Einsätze und erlebte ebenso herausragende wie unerwartete Erfolge. Denn Schlappners Schützlinge, die zu einem nicht unerheblichen Teil aus dem eigenen Nachwuchs rekrutiert wurden, sorgten immer wieder für positive Schlagzeilen. So etwa 1985, als der Underdog den UEFA-Cup nur wegen der schlechteren Tordifferenz gegenüber dem Hamburger SV verpasste oder ein Jahr später, als man zehn namhafte Teams (u.a. Schalke, Dortmund und Frankfurt) hinter sich ließ.
In der Spielzeit 1985/86 sorgte Mannheim außerdem im DFB-Pokal für Furore. Nach dem Auftaktsieg gegen die SpVgg Ansbach 09 bezwangen die Waldhöfer den VfL mit 4:1. Dickgießer war im Carl-Benz-Stadion zwar nicht dabei, die Lila-Weißen bekamen es aber trotzdem mit prominenten Namen wie Jürgen Kohler, Maurizio Gaudino oder dem jüngeren Fritz Walter zu tun. Danach schaltete Waldhof Hannover 96 und Bayer Leverkusen aus. Erst im Halbfinale scheiterten die Kurpfälzer am späteren Pokalsieger Bayern München. „Wir waren spielerisch nicht die beste Mannschaft, aber wir hatten Willenskraft, und der Schlappi hat es hingekriegt, so dass alles funktioniert hat“, so erklärte Dickgießer den Erfolg der Waldhöfer in einem Gespräch mit dem „Buwe Blatt“ vor einigen Jahren.
Nach dem Abstieg 1990 spielte er noch einmal vier Jahre in der 2. Bundesliga. Im Unterhaus traf Dickgießer zwischen 1981 und 93 auch achtmal auf die Lila-Weißen, die drei dieser Partien für sich entscheiden konnten. Die unerfreulichste Heimreise trat der Abwehrmann sicher am 26. Juni 1992 an, als der VfL einen 6:0-Kantersieg feierte und Dickgießer obendrein die gelb-rote Karte sah. In vier Fällen ging dann aber auch sein Verein als Sieger vom Platz.
Insgesamt absolvierte Roland Dickgießer 462 Ligaspiele für die Blau-Schwarzen und wurde zum Ehrenspielführer des Vereins ernannt. Dass ihn in dieser Statistik jemand überholen könnte, hielt er für vergleichsweise unwahrscheinlich. „Geld spielt auf dieser Ebene eine zu große Rolle. Es gibt nur noch wenige, die sowas durchziehen und zwanzig Jahre im Verein bleiben“, so Dickgießer.
Nachdem er Mitte der 90er kurz auf der Mannheimer Trainerbank Platz genommen hatte, verließ aber auch er seinen Verein – freilich ohne der Region den Rücken zu kehren. Roland Dickgießer fand eine Anstellung beim Software-Hersteller SAP und trainierte neben der TSG Hoffenheim und deren Amateuren vier Jahre lang den FC Astoria Walldorf, für den er anschließend auch als Sportlicher Leiter tätig war.
Text: Thorsten Stegemann
Bild: Roland Dickgießer neben Kulttrainer Klaus Schlappner © IMAGO / Rust
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