DFB
·31. Oktober 2025
Bundestrainer Wück: "Wir wollen die Lücke zu Spanien schließen"

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·31. Oktober 2025

Nach dem 2:2 im Halbfinalrückspiel gegen Frankreich steht fest: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat das Ticket für die Finalpartien in der UEFA Women’s Nations League gelöst. Das Hinspiel hatte das Team von Christian Wück mit 1:0 für sich entschieden - nun wartet mit Weltmeister Spanien der aktuelle Weltmeister und Vizeeuropameister in den Endspielen. Im DFB.de-Interview spricht der Bundestrainer über die Finalpartien gegen Spanien und die Entwicklung seiner Mannschaft.
DFB.de: Herr Wück, mit ein paar Tagen Abstand: Mit welchen Eindrücken und Erkenntnissen blicken Sie auf die beiden Halbfinalspiele gegen Frankreich zurück?
Christian Wück: Über allem steht der Einzug ins Finale. Das war unser Ziel, das wir intern formuliert hatten, auch mit dem Wissen, dass mit den Französinnen ein absoluter Topgegner auf uns wartet. Eine Mannschaft, die auf Augenhöhe agiert, und das hat man in beiden Spielen auch gesehen. Wenn man beide Partien Revue passieren lässt, muss man sagen, dass wir das Hinspiel in Düsseldorf klarer hätten gestalten müssen. Da hat uns die Effizienz gefehlt, gerade bei der Chancenverwertung. Auf der anderen Seite haben wir im Ballbesitz viel Dominanz ausgestrahlt, viele gute Lösungen gefunden - aber uns eben nicht genug belohnt.
DFB.de: Und im Rückspiel?
Wück: Im Rückspiel haben wir dann ein anderes Gesicht der Französinnen gesehen. Sie waren sehr dominant, sehr wuchtig und haben versucht, uns von Beginn an zu überrollen. Das frühe 1:0 war da natürlich ein Wirkungstreffer. Aber unsere Mannschaft hat stark reagiert, sich aus dem Druck befreit und versucht, Ruhe ins Spiel zu bringen. Sie hatten das klare Ziel vor Augen, ein Tor zu erzielen. Nicole Anyomi hat das dann sehr gut gemacht: die technische Umsetzung, der erste Kontakt, der Abschluss. Genau solche Aktionen brauchen wir, um auf diesem höchsten Niveau zu bestehen.
DFB.de: Was hat Ihnen am Auftritt Ihres Teams besonders gefallen, und wo sehen Sie noch Luft nach oben?
Wück: Gefallen hat mir, dass die Spielerinnen Lösungen im Ballbesitz gefunden haben. Wir wollen ihnen nicht vorgeben, dass sie von A über B zu C spielen. Wir wollen, dass sie flexibel agieren - sowohl in ihrer Positionierung als auch in den spielerischen Entscheidungen, die sie situativ anhand der Gegneraktionen treffen und umsetzen. Gerade im Spiel in Düsseldorf war das eine richtig gute Entwicklung. So klar und konsequent habe ich das von der Mannschaft davor noch nicht gesehen.
DFB.de: Waren diese Begegnungen für das Team ein nächster Entwicklungsschritt - sowohl fußballerisch als auch im Reifeprozess?
Wück: Ich glaube, wir dürfen die Halbfinalpartien nicht losgelöst betrachten. Die gesamte EM und diese beiden Spiele gehören zusammen. Beides hat uns enorm geholfen, sowohl im Umgang mit Drucksituationen als auch im Ergebnisfußball. Es geht darum, das umzusetzen, was uns stark macht, auch wenn der Gegner immer besser wird. Die Spielerinnen haben gespürt, dass wir gerade gegen solche Topnationen bei unserem Spiel bleiben müssen. Dass wir unseren Stil auf den Platz bringen wollen und damit auch erfolgreich sein können.
DFB.de: Sie haben in diesem Lehrgang sowohl auf neue Gesichter als auch auf Rückkehrerinnen gesetzt und zugleich Positionen wie die Zehnerrolle neu interpretiert. Wie wichtig war es für Sie, in dieser Phase personell wie taktisch neue Impulse zu setzen?
Wück: Einige Maßnahmen waren ein Stück weit auch erzwungen. Wir hatten mehrere verletzte Spielerinnen, und einige wurden nach der EM verletzungsbedingt noch nicht wieder in ihren Vereinen eingesetzt. Deshalb mussten wir entsprechend reagieren. Umso schöner ist es, dass Spielerinnen wie Camilla Küver das Vertrauen, das wir in sie gesetzt haben, zu 100 Prozent zurückgezahlt haben. Für uns im Trainerinnenteam ist es wichtig zu sehen, dass wir den Kader auch in der Entwicklungsphase kontinuierlich erweitern, um flexibler auf unterschiedliche Situationen reagieren zu können. Wir haben inzwischen deutlich mehr Alternativen. Wenn man sich die vergangenen Leistungen der U 23 anschaut, wird klar, dass sich der Kreis potenzieller Spielerinnen weiter vergrößern kann. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben - sowohl mit der A-Mannschaft als auch mit der U 23 - für uns im Trainer*innenstab schon jetzt sehr wertvoll ist.
DFB.de: Im Finale treffen Sie im Hin- und Rückspiel auf Spanien. Was erwarten Sie gegen den Weltmeister?
Wück: Sie sind nicht nur amtierende Weltmeisterinnen. Sie sind aktuell weltweit die Mannschaft, die Maßstäbe setzt - sowohl im Spiel mit Ball als auch mit der individuellen Klasse, die sie auf dem Platz haben. Wir wollen die Lücke zu Spanien schließen, aber mit unserer eigenen Art, Fußball zu spielen. Wir wollen sie nicht kopieren. Auf dem Platz soll erkennbar sein, wer die spanische und wer die deutsche Mannschaft ist.
DFB.de: Im EM-Halbfinale unterlag ihr Team Spanien noch knapp mit 0:1. Wie schätzen Sie die Ausgangslage diesmal ein?
Wück: Ich denke, es werden zwei Mannschaften aufeinandertreffen, bei denen am Ende kleine Details den Ausschlag geben. Die Spanierinnen gehen für mich als Favoritinnen ins Spiel, und wir nehmen unsere Rolle bewusst an. Wie schon bei der EM wollen wir gezielt Nadelstiche setzen und unsere Chancen im Ballbesitz konsequenter nutzen. Das war ein Punkt, der uns in der Analyse der EM aufgefallen ist: Wir hatten Möglichkeiten, haben sie aber nicht verwertet.
DFB.de: Für das Hinspiel in Kaiserslautern sind bereits mehr als 31.000 Tickets verkauft. Was löst diese Resonanz bei Ihnen aus?
Wück: Es ist eine enorme Bestätigung für uns alle, dass wir wahrgenommen werden. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass mit dieser Aufmerksamkeit auch eine gewisse Verantwortung einhergeht, nämlich weiterhin begeisternden und erfolgreichen Fußball zu zeigen. Ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen: Wenn das Stadion ausverkauft ist - und wir wollen so viele Zuschauerinnen und Zuschauer wie möglich dabeihaben -, dann entsteht eine ganz besondere Atmosphäre, die einmalig ist. Das kann uns im Hinspiel noch mal einen echten Schub geben.
DFB.de: Es ist das erste Finale mit der Frauen-Nationalmannschaft seit der EM 2022 in England. Was bedeutet es für Sie persönlich und für das Team, endlich wieder in einem Endspiel zu stehen?
Wück: Es ist eine schöne Bestätigung, dass der Umbruch, den wir im Oktober 2024 angestoßen haben, auf einem guten Weg ist. Diesem können wir nun ein kleines Krönchen aufsetzen. Für mich persönlich ist es auch ein Zeichen dafür, dass der Fußball, den wir uns im Trainer*innenteam vorstellen, greift. Und mit jedem Erfolg wächst die Überzeugung, dass wir in der Lage sind, um Titel mitzuspielen.









































