Der Abgesang des Startrainers Guardiola - Ist die große Pep-Zeit vorbei? | OneFootball

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·26. November 2025

Der Abgesang des Startrainers Guardiola - Ist die große Pep-Zeit vorbei?

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Pep Guardiola hat den Fußball, wie wir ihn heute kennen, wie kaum ein anderer verändert. Der Stil des katalanischen Star-Trainers schlug nach seinem Einstieg beim FC Barcelona ein wie eine Bombe und revolutionierte das Spiel nachhaltig.Zahlreiche Trainer, die in der Ära von Pep Guardiola ihre ersten Schritte im Business gemacht haben, bauten ihre Spielidee auf der Basis seines Fußballs auf. Das machte den Fußball auf breiter Linie und langer Sicht schöner und ansehnlicher und stellte Guardiola als Leuchtturm dieser Art von Fußball weiter ins Rampenlicht. Ein Licht, das nun zu flackern scheint.

Die von ihm selbst trainierten Klubs, wie der FC Barcelona, der FC Bayern München und Manchester City, eilten unter seiner Führung von Erfolg zu Erfolg und wirkten phasenweise unaufhaltsam. Allerdings schlichen sich bei Pep immer auch ein paar wenige taktische Ausrutscher ein, da der Spanier - mit Vorliebe in besonderen Spielen - gerne auch mal einen Schuss zu viel Innovation wagte. 698 Siege in 960 Pflichtspielen und eine beeindruckende Titelsammlung als Cheftrainer auf der höchsten Fußballbühne sprechen allerdings eine mehr als eindeutige Sprache.


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Gefeierter Erfolgstrainer: Pep Guardiola / Laurence Griffiths/GettyImages

Trotz anhaltender und jetzt wachsender Kritik galt Guardiola in den letzten Jahren als vermeintlich weltbester Trainer und war beinahe schon unantastbar. Dieses Bild bröckelt in dieser Saison an der einen oder anderen Ecke und zieht Guardiola in eine für ihn ungewohnt regelmäßig kritische Berichterstattung.

Pep und City wirken angreifbar wie lange nicht

Nach der Niederlage in der Champions League gegen Bayer Leverkusen wurde der 54-jährige Cheftrainer der Cityzens wegen seiner großen und gewagten Rotation medial scharf kritisiert und für die Pleite in der Königsklasse hauptverantwortlich gemacht, da er vermeintlich auf zu vielen Positionen umstellte und auf zu viele Stars verzichtete.Das ist leicht gesagt, wenn man nicht derjenige ist, der einen gesamten Kader bei Laune halten und zudem die Belastungssteuerung der wichtigsten Starspieler in einem zum platzen gefüllten Rahmenterminkalender übernehmen muss.Bereits am Wochenende zuvor stand Guardiola aber im Zentrum der Aufmerksamkeit, als er sich bei der 1:2-Niederlage gegen Newcastle United emotional entlud und sich neben Newcastle-Profi Bruno Guimaraes auch mit einem Kameramann anlegte. Vorfälle dieser Art können schon mal vorkommen, möchte man meinen, doch derzeit ist es ein anderer Faktor, der Guardiola so angreifbar erscheinen lässt.

Es entsteht bereits stellenweise der Eindruck, dass Manchester City unter ihm so verwundbar wie lange nicht ist. Nach zwölf Spieltagen hat City bereits sieben Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze der englischen Premier League. In der vergangenen Saison holte der Verein lediglich den Community Shield, der auf der hochklassigen Ebene, auf der sich Man City sonst bewegt, nicht sonderlich bedeutend ist. In der Liga wurde man mit 13 Punkten Abstand auf den Meister aus Liverpool nur enttäuschender Dritter. In der Königsklasse war schon in den Playoffs gegen Real Madrid Endstation.

Gefundenes Fressen für Pep-Kritiker: Abgesang eingeläutet

Womöglich verleitet dies so manchen Kritiker des Spaniers nun dazu, intensiver als sonst an der großen Klasse seiner Fähigkeiten zu zweifeln und einen Abgesang auf Guardiola einzuläuten. Immer wieder hört man hier und da schon leise Stimmen, die behaupten, die Geschichte des schillernden und weltmännischen Star-Trainers sei zu Ende erzählt. In manchen Punkten kann man ihnen womöglich auch nicht widersprechen. Das hat allerdings nichts mit der Qualität oder der nach wie vor grandiosen Spielidee Guardiolas zu tun, der seine Vision auch heute noch stetig weiterentwickelt. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass Guardiola ausgelaugt und müde ist. Das Pensum des Katalanen als Trainer ist jedenfalls zermürbend.

Mental müde: Guardiolas Motor läuft auf Sparflamme

Betrachtet man Pep Guardiola aktuell, so wirkt er fast schon bedenklich ausgelaugt und mental erschöpft. Es scheint, als habe er Schwierigkeiten, sein sonst so loderndes Feuer für das geliebte Fußballspiel am Brennen zu halten. Guardiola selbst hatte bereits verkündet, dass er sich nach dem Ende seiner Trainerzeit bei Manchester City eine Auszeit gönnen werde - ob er diese erst nach Vertragsende 2027 einlegt, ist derzeit fraglich wie nie. Sogar ein Karriereende ist ebenfalls nicht ausgeschlossen.

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Ausgelaugt: Pep Guardiola / Chris Brunskill/Fantasista/GettyImages

Guardiola gibt zu, dass er vom Trainerdasein zunehmend erschöpft ist. Für Außenstehende ist erkennbar, dass sich der Star-Trainer von Spiel zu Spiel zu schleppen scheint. Der ausbleibende große Erfolg trägt zur angespannten Lage bei, denn mit den richtigen Ergebnissen im Rücken und Lob als Wind unter den Flügeln würde es sich deutlich leichter dahinsegeln. Derzeit gleicht es eher einem stetigen Sinkflug in die von Guardiola ersehnte Auszeit, bei dem jeder Flügelschlag schmerzt.

Monster-Programm frisst Kräfte des Startrainers

Wen wundert das angesichts seines Programms? Bereits nach seiner Zeit als Trainer des FC Barcelona nahm sich Guardiola ein Jahr Auszeit, ehe er sich im Sommer 2013 dem FC Bayern anschloss.Seitdem hat er über 700 Pflichtspiele gecoacht, zahlreiche Testspiele und unzählige Trainingseinheiten nicht mitgerechnet. Gerade der englische Spielplan mit all seinen Wettbewerben, gepaart mit internationalen Events wie der Champions League, der Klub-WM oder Vorbereitungsspielen zu Marketingzwecken, die quer über den Globus stattfinden, raubt nicht nur den Spielern ihre Kräfte.

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Der prall gefüllte Terminkalender kostet Körner - auch bei Pep / Molly Darlington/GettyImages

Wer den Trainer Guardiola schon lange verfolgt, weiß zudem, dass er die Fehler meist zuerst bei sich selbst sucht und trotz seiner großen Erfolge sein eigener strengster Kritiker ist. Phasen wie diese und Niederlagen wie gegen Leverkusen zehren an ihm und lassen den selbstkritischen und stets reflektierenden Coach in Gedanken versinken, die ihm in seiner aktuellen Verfassung nicht sonderlich dabei helfen, den Kopf über Wasser zu halten.

City-Umbruch fordert seinen Tribut

Hinzu kommt ein Umbruch bei Manchester City, den Guardiola managen muss und der Zeit benötigt. Große Stars der Vergangenheit wie Kyle Walker, Kevin De Bruyne oder Ilkay Gündogan müssen ersetzt werden, was allein aus sportlicher Sicht kein einfaches Unterfangen ist. Doch damit nicht genug: Auch der Faktor Hierarchie und Teamgefüge muss neu gefunden werden - neue Stars etabliert und Talente geformt werden. Unter dem Dauerbeschuss von Spielen ohne Ende und zwischenzeitlichen Länderspielpausen kann selbst ein Trainer wie Pep Guardiola keine Wunderdinge am Fließband produzieren. Auch dieser Punkt raubt Kräfte und würde den Coach vermutlich weniger belasten, wenn er frisch im Kopf wäre. Wie man eine derartig schwierige Situation mit einer gewissen Leichtigkeit meistern kann, beweist Vincent Kompany beim FC Bayern.

Die Tatsache, dass die ganz große Zeit von Pep Guardiola aktuell womöglich tatsächlich vorbei ist, hat also nichts damit zu tun, dass die Idee des Katalanen auserzählt sei oder man den Schlüssel gefunden hätte, um seiner Genialität Herr zu werden. Es ist vielmehr Guardiola selbst, der sich ausbremst, da er aufgrund seiner mentalen Müdigkeit zu verkopft ist und nicht mit dem letzten Funken Leidenschaft und Energie ans Werk gehen kann. Das hat nichts mit ihm als Trainer oder gar Persönlichkeit zu tun, sondern ist die Folge eines menschenfressenden Gestrüpps aus immer mehr Fußball, das von Entscheidern verursacht wird, die mit dem Spiel an sich nicht viel zu tun haben, außer ihre Hosentaschen für noch mehr Scheine aufzuhalten. Was man bei Pep Guardiola nun sieht, ist wohl das Resultat eines zermürbenden Geschäfts, das selbst unter den größten Liebhabern dieses Spiels irgendwann sein Opfer fordert.

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Auch Ex-LFC Coach Jürgen Klopp war ausgelaugt / Visionhaus/GettyImages

Nicht nur bei Pep Guardiola, sondern auch bei Jürgen Klopp konnte man diese Müdigkeit in den Augen ablesen. Als Fußballfan kann man nur hoffen, dass beide Trainer eines Tages wieder zu ihrem lodernden Feuer finden und man sie auch in der Zukunft an der Seitenlinie bewundern kann. Klopp nach seinem Abgang bei Liverpool und Pep Guardiola nach seiner anvisierten Trainerpause nach Vertragsende bei Manchester City.

Guardiolas Erfolg und Erbe geht weit über Vereinsgrenzen hinaus

Guardiolas große Erfolge und sein Einfluss auf den Fußball sind nicht von der Hand zu weisen und gehen weit über die Erfolge seiner eigenen Teams und Vereine hinaus. Betrachtet man nämlich auch die Entwicklung des Fußballs in den jeweiligen Ländern, in denen Guardiola als Trainer arbeitete, so lässt sich klar erkennen, dass der Katalane größeren Einfluss auf die fußballerische Gesamtsituation einer Nation hatte, als es vielen Kritikern lieb ist. Als Trainer des FC Barcelona von 2008 bis 2012 bildete der Barça-Kern den Grundstein für den großen Erfolg der spanischen Nationalmannschaft mit einem WM-Titel 2010 und den EM-Titeln 2008 und 2012. Spanien galt gerade in dieser Zeit als unaufhaltsame Nummer eins der Weltrangliste und auch Pep hatte daran seinen Anteil.

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Hat den Fußball für immer verändert: Pep Guardiola / Naomi Baker/GettyImages

In Guardiolas Zeit bei Bayern München wurde die deutsche Nationalmannschaft 2014 Weltmeister, und auch dieser Triumph basierte auf einem von Guardiola trainierten Münchner Kern. Auch Deutschland war in der deutschen Guardiola-Phase Nummer eins der Welt - letztmals im Jahr nachdem Guardiola die Bayern verlassen hatte. Seit seiner Ankunft auf der Insel und als Trainer von Manchester City hat auch der englische Fußball große Schritte nach vorne gemacht: Er ist vom Kick-and-Rush abgekommen, produziert Talente am Fließband und ist regelmäßiger Mitfavorit auf große Titel, wenngleich ein großer Titel für die Three Lions bislang ausblieb – die EM-Finals 2021 und 2024 stehen jedoch auf der Habenseite.

Auch heute hat sich an der großen Klasse des Trainers Pep Guardiola nichts geändert. Er ist nach wie vor einer der besten, wenn nicht sogar der weltbeste Fußballtrainer und ein grandioser Fachmann - aktuell aber wohl einfach nur ein unglaublich müder.

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