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·15. Oktober 2025

Der HSV und Nicolas Capaldo - ein großes Missverständnis?

Artikelbild:Der HSV und Nicolas Capaldo - ein großes Missverständnis?

Nicolas Capaldo. Ein Name, der beim Hamburger SV in den ersten Wochen in der Bundesliga immer wieder auf dem Spielbericht erschien - nur immer woanders. Mal im defensiven Mittelfeld, dann nur als Bankspieler, dann wieder als Innenverteidiger. Der Argentinier sollte von Anfang eine wichtige Rolle beim HSV einnehmen, scheint diese aber noch nicht gefunden zu haben.

Capaldo kam im vergangenen Sommer-Transferfenster von RB Salzburg an die Elbe, für rund 2,1 Millionen Euro. "Nicolas bringt viel Energie, Mentalität und Temperament mit, wovon unsere Mannschaft in der Bundesliga auf und abseits des Platzes profitieren wird", sagte HSV-Boss Stefan Kuntz damals über die Neuverpflichtung. Bei den Rothosen passte Capaldo perfekt ins Bundesliga-Profil: viel Energie, gutes Zweikampfverhalten, Pressing- und Balleroberungsqualitäten und dazu noch flexibel einsetzbar.


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Auch Cheftrainer Merlin Polzin freute sich über den Neuzugang: "Er macht einen sehr offenen, einen sehr sympathischen Eindruck. Am Selbstvertrauen wird es bei ihm nicht scheitern. Ich freue mich auf sein südamerikanisches Blut und auf seine Qualitäten mit dem Ball."

Viel Einsatz, wenig Qualität

Was auf dem Papier und auf den ersten Blick als ideale Verstärkung galt, brachte Capaldo dann zunächst nicht so wirklich mit. Er bekam zwar großes Vertrauen von Polzin und den HSV-Verantwortlichen, wurde auch direkt zum Vertreter von Neu-Kapitän Yussuf Poulsen ernannt. Im ersten Bundesligaspiel gegen Gladbach spielte Capaldo von Anfang an, führte den HSV dann als erster Bundesliga-Kapitän, nach der siebenjährigen Abstinenz, auf das Feld. Der Einsatz des 27-Jährigen stimmte, keine Frage. Das war es dann aber auch.

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Capaldo zeichnet sich besonders durch seine Zweikampfstärke aus. / Oliver Hardt/GettyImages

Im Bundesliga-Debüt gegen Gladbach konnte Capaldo noch positiv mit seinen Zweikämpfen vor der Abwehrkette auffallen und schmiss sich in nahezu alles, was auf das HSV-Tor zurollte. Doch das große Aber: es mangelte ihm an spielerischer Qualität. Spätestens im Hamburg-Duell mit St.Pauli und bei der 0:5-Klatsche in München wies der Argentinier erheblich Schwächen im Aufbauspiel und der Ballverarbeitung auf. Nur äußerst wenige, simpel zu spielende Pässe, teilweise nur über wenige Meter, brachte Capaldo an seine Mitspieler, verstolperte dazu noch einige Bälle.

Neben seinem Neuzugang-Kollegen Nicolai Remberg wirkte Capaldo im HSV-Zentrum blass, eingeschränkt und dazu deutlich überforderter. Remberg gilt als sehr ähnlicher Spielertyp. Doch im Gegensatz zu Capaldo konnte der Ex-Kieler auch mit spielerischen Fähigkeiten überzeugen und zieht nach dem Saisonstart aktuell die Strippen im defensiven Mittelfeld der Rothosen. Eine Rolle, die man vor der Saison eher Capaldo zugeschrieben hatte. Die Folge: Polzin rotierte, der 27-Jährige wurde auf die Bank verbannt - und plötzlich gewann der HSV. Capaldos Leistungen in den ersten drei Spielen standen in gewisser Weise symbolisch für den misslungenen Saisonstart.

Welche Rolle kann Capaldo im HSV-System einnehmen?

"Wenn das Team mich in einer anderen Position braucht, bin ich da, um zu helfen. Diesmal als Verteidiger, das nächste Mal vielleicht als Stürmer."- Nicolás Capaldo über seine Rolle als IV

Zum Ende des Transferfensters verpflichteten die Hanseaten dann noch das Arsenal-Doppelpaket mit Fabio Vieira und Sambi Lokonga. Beide im Mittelfeld zu Hause, beide mit deutlich mehr spielerischen Fähigkeiten ausgestattet als Capaldo. Das machte die Situation des Argentiniers nicht einfacher. Beim ersten Bundesliga-Sieg nach sieben Jahren saß er 90 Minuten auf der Bank, beim Unentschieden in Berlin wurde er wenige Minuten vor Spielende eingewechselt. Es sah stark danach aus, dass Capaldo im System von Polzin keine wichtige Rolle mehr einnehmen würde. Der Erfolg gab dem HSV-Trainer recht.

Doch dann verletzte sich Warmed Omari gegen Union Berlin schwer am Sprunggelenk. Dem HSV gingen damit allmählich die Innenverteidiger aus. Also entschied Polzin für das folgende Spiel gegen Mainz überraschend, dass Capaldo in der Abwehrkette agieren soll. Eine goldrichtige Entscheidung. Beim 4:0-Kantersieg im Volksparstadion konnte Capaldo erstmals richtig überzeugen, was auch der insgesamt guten Leistung des HSV-Teams zuzuschreiben ist. Allerdings konnte der Ex-Salzburger seine Zweikampf- und Abräumerqualitäten als Innenverteidiger deutlich besser ausspielen als noch im zentralen Mittelfeld.

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Capaldo überzeugte gegen Mainz als Innenverteidiger. / Oliver Hardt/GettyImages

Als Kapitän wirkte er in der Defensivabteilung stabiler, konnte durch seine Körperduelle physisch vorangehen und auch seine Passqualität war von hinten heraus wesentlich besser als zu Saisonbeginn. "Ich bin immer offen, jede Position zu spielen. Wenn das Team mich in einer anderen Position braucht, bin ich da, um zu helfen. Diesmal als Verteidiger, das nächste Mal vielleicht als Stürmer", sagte der 27-Jährige nach dem Spiel. Er ist ein mannschaftsdienlicher Spieler - eine wichtige Eigenschaft.

Die Beziehung HSV und Capaldo ist noch nicht gescheitert

War die Beziehung zwischen den Rothosen und Nicolas Capaldo also bisher ein Missverständnis? Ja. Zumindest in gewisser Weise. In Hamburg versprach man sich im Sommer eben eine andere Rolle für Capaldo. Das bedeutet aber nicht, dass er unwichtig für die Bundesliga-Saison sein wird. Der Argentinier wurde von Polzin schlichtweg falsch eingesetzt. Vielleicht lag es aber auch an der, im Vergleich zur österreichischen Liga, deutlich besseren Qualität im deutschen Oberhaus. Capaldo hatte in jedem Fall Probleme im Mittelfeld zu spielen.

Als Verteidiger könnte der Argentinier jedoch auch in zukünftigen Spielen überzeugen. Zudem kommt ihm seine Postions-Variabilität zugute - ein Luxus für seinen Trainer Merlin Polzin. Solange der Spieler seine wirklich starke Zweikampffähigkeit ausüben kann und sich dabei nicht noch um das Verteilen der Bälle kümmern muss, wird das noch was mit der Beziehung HSV und Capaldo.

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