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·3. Dezember 2025
DFB-Frauen verlieren 0:3 – und ich bin emotional ausgebucht

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·3. Dezember 2025

So schön es ist, dass die deutsche Frauennationalmannschaft das Nations-League-Finale erreicht hat – ich muss zugeben, es wäre fast an mir vorübergegangen. Ich habe von der ganzen Sache erst relativ spät erfahren. Gestern Mittag suchte ich gerade fieberhaft ein geeignetes Kolumnenthema, als der erlösende Anruf von Pit Gottschalk reinkam: „Machst du heut‘ die Frauen?“
„Klar – wann spielen die?“
Jeder blamiert sich, wie er kann.
Ich sah mir dann abends das überzeugende 3:0 der Spanierinnen im Nations-League-Finalrückspiel gegen Deutschland an und stellte fest: Der Anfangsverdacht von Fußballbegeisterung hat sich im Frauenbereich breitgemacht, aber bei mir funkt’s noch nicht.
Sogar der spanische König war unter den 55.800 gutgelaunten Zuschauern im Estadio Metropolitano von Atletico Madrid. Letzten Freitag waren auch immerhin 40.000 Leute zum torlosen Hinspiel ins Fritz-Walter-Stadion gekommen, das damit mal wieder bessere Zeiten erlebte, wenngleich die nur 98 Minuten dauerten. Das Spiel sahen sich 3,9 Millionen Menschen im ZDF an. Nicht schlecht.
Glückwunsch, Giulia Gwinn & Co.! Auch wenn’s letztendlich lediglich zu Platz zwei gereicht hat, weil die Spanierinnen gestern klar besser waren.
Ein etwas schlechtes Gewissen habe ich gerade schon, ich hinke hinterher. Ich wusste beim Schreiben dieser Kolumne nicht gleich, wann die DFB-Frauen den letzten Titel gewannen – Antwort: Olympiasieg 2016 –, und die Startelf unseres Ebenfallsbundestrainers Christian Wück hätte ich nicht im Ansatz aufsagen können. Andererseits, mal ehrlich: Das hat nichts mit den Frauen zu tun, ich kenne die männliche Stammformation von Union Berlin oder TSG Hoffenheim genau so wenig.

Die Ursache meiner Ahnungslosigkeit ist eine andere: der volle Kalender. Die Abenteuer von FC Bayern, BVB und Co., die Champions League, der Abstiegskampf, die WM beschäftigen mich rund um die Uhr. Was Fußball der Frauen angeht, bin ich emotional ausgebucht. Es ist wie im echten Leben, da kannst du auch nicht zwei Menschen gleichzeitig heiraten, nur hintereinander.
Ich finde es jedenfalls schade, dass sich die guten Leistungen der deutschen Frauen in der Bundesliga immer noch nicht so richtig in Zuschauerzahlen niederschlagen. Es gibt zwar hin und wieder Höhepunkte wie im September das Spiel FC Bayern gegen Bayer Leverkusen vor 57.762 Zuschauern – aber das bleiben Ausnahmen. Rund 3000 Leute kommen im Schnitt zu den Begegnungen, sowas läuft beim BVB unter Geisterspiel. Leverkusen gegen Essen sahen am vergangenen Spieltag sogar nur 645 Menschen – ich befürchte, ein Großteil waren Verwandte der Spielerinnen.
Vielleicht geht es ja auch vielen anderen Fußballfans wie mir: Sie sind einfach reizüberflutet, da kann der Fußball der Frauen noch so interessant sein. Passend dazu lese ich gerade eine Meldung aus den USA: Die Auslosung der Männer-WM 2026 wird sich am kommenden Wochenende über zwei Tage ziehen. Ich hamstere schon mal Klopapier, Bier und Pizza.
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