Die Lücke existiert (noch) | OneFootball

Die Lücke existiert (noch) | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: MillernTon

MillernTon

·6. Oktober 2025

Die Lücke existiert (noch)

Artikelbild:Die Lücke existiert (noch)

Beim FC St. Pauli geht es aktuell darum, die Gründe für drei Niederlagen in Serie zu finden – und richtig einzuordnen.(Titelfoto: Stefan Groenveld)

Ob der FC St. Pauli gerade ein Fußballspiel gewonnen hat oder nicht, lässt sich am Gesicht von Hauke Wahl nur ganz selten ablesen. Denn kurz nach Abpfiff gibt er in der Mixed Zone immer eher den Mahner. Das tat er schon nach den ersten Ligaspielen, die bekanntlich sehr erfolgreich waren. Beispiele gefällig? Nach dem 3:3 gegen den BVB erklärte er: „Wir können noch besser gegen den Ball arbeiten, als wir es heute getan haben. Wir haben ein paar Fehler zu viel gemacht, die wir in den letzten Spielen der Vorsaison nicht gemacht haben.“ Nach dem 2:1 gegen den FCA merkte er bereits an: „Wir sind nicht so gut, dass wir mit 99 Prozent Einsatz ein Spiel gewinnen können.“


OneFootball Videos


Hauke „der Mahner“ Wahl

Nur so richtig hören, wollten das, was Wahl damals sagte, eher wenige. Bei der Niederlage gegen den VfB Stuttgart kam dann aber die Bestätigung: Sobald der FC St. Pauli nicht am eigenen Leistungsmaximum performt, bekommt das Team Probleme. Gegen Werder Bremen hörte sich die Analyse von Wahl dann genau danach an: „Ich fand uns nicht gut heute. Die erste halbe Stunde waren wir überhaupt nicht da, haben viel zu viele 50/50-Zweikämpfe verloren, auch später.“ Auch wenn sich der FCSP im Verlauf des Spiels gesteigert habe, so ist das Fazit eindeutig: „Wir müssen ehrlich sagen: Mit der Leistung können wir nicht zufrieden sein. Am Ende haben wir viel investiert und ein anderes Gesicht gezeigt. Aber viel zu spät.“

Die Probleme des FC St. Pauli, die gab es auch schon zuvor. Zum Beispiel im Offensivspiel „Es sind Genauigkeiten, die fehlen uns ja auch schon ein bisschen länger“, erklärte Wahl in Bezug auf die zu selten wirklich gefährlichen Offensivaktionen des Teams in Bremen und der chronisch kritische (das meine ich ausnahmslos positiv!) Vize-Kapitän führte aus: „Wenn wir in der Box sind, dann haben wir noch nicht das richtige Timing, spielen noch nicht den richtigen Ball. Das sind Details und die entscheiden die Spiele. Wenn man das erste Tor sieht, dann war das einfach besser, als wir es heute gemacht haben. Das sind einfach wichtige Punkte, wo wir momentan nicht gut genug sind.“

Hochgejubelt und tief gefallen?

Dabei ist alles auch einfach eine Sache der richtigen Einordnung der Fragen „Wo steht der FC St. Pauli? Und wo gehört er hin?“Denn das Hochgejubel nach sieben Punkten zum Saisonstart, das sei nicht aus dem Team gekommen. Wahl erklärte in Richtung Medien: „Ihr habt alles hochgeschrieben. Wir waren schon kritisch genug, das darf man nicht vergessen.“ Ist ja richtig, Hauke! Dann wollen wir uns mal an eine Einordnung wagen.

Drei Niederlagen in Serie klingen richtig scheiße. Aber sie sind anders einzuordnen, als zum Beispiel jene zu Saisonbeginn 24/25, als es mit Heidenheim, Union und Augsburg gegen drei Teams ging, die, so sollte es sich im Saisonverlauf zeigen, durchaus schlagbar waren. Nun verlor der FC St. Pauli verdient auswärts bei einem Europa League-Teilnehmer, unverdient am Millerntor gegen ein Champions League-Teilnehmer und nun auswärts in Bremen. Wirklich chancenlos war der FC St. Pauli in keinem dieser Spiele. Wahl: „Das Programm war jetzt auch nicht so leicht, mit Stuttgart und Leverkusen. Bremen hat auch viel Bundesliga-Qualität. Das möchte ich nicht als Ausrede gelten lassen. Das gehört aber auch zur Wahrheit: Dass wir in den anderen Spielen Dortmund und Mannschaften hatten, die eher unten sind.“

Artikelbild:Die Lücke existiert (noch)

Nicht nur die Medien-Vertreter*innen, sondern auch der Schiedsrichter wird von Hauke Wahl ermahnt.

// (c) Stefan Groenveld

„Müssen an unsere Grenze gehen“

Auch Alexander Blessin teilt diese Einordnung von Wahl, erklärte, dass man nach der Niederlage gegen Stuttgart eine „gute Reaktion“ gezeigt habe, mehr verdient gehabt hätte und nun gegen Bremen eben nicht ganz ans Limit gekommen sei. Genau das, so der FCSP-Chefcoach, sei aber nötig: „Uns wird nichts geschenkt. Das ist vergleichbar mit letztem Jahr: Wir müssen an unsere 100-prozentige Grenze gehen, um etwas zu holen.“ Genau das betont auch Wahl, wenn es darum geht die richtigen Lehren aus den drei Niederlagen zu ziehen: „Die Spiele müssen uns zeigen, dass wir 90 Minuten an die 100 Prozent kommen müssen.“ Beide betonten, wie wichtig es dabei sei, in der Arbeit gegen den Ball wieder dauerhaft stabil zu sein. Davon war das Team in Bremen in der ersten halben Stunde nämlich ein gutes Stück entfernt. Da muss der FC St. Pauli aber wieder hinkommen, das Fangen von „billigen Toren“ (Blessin) muss vermieden werden. Das klappt aber eben nur, wenn das Team ans Leistungsmaximum kommt.

Nun, das notwendige Erreichen des Leistungsmaximums. Es ist eine Aussage, die sich langsam sicher etwas abnutzt, aber eben weiterhin Bestand hat. Auch wenn gerade nach dem Sieg gegen Augsburg gehofft werden durfte, dass der FC St. Pauli sich etwas weiterentwickelt hat. Denn gegen den FCA gewann der FCSP, obwohl er eben nicht an sein persönliches Maximum herangekommen ist. „Es wird entscheidend sein in dieser Saison, dass wir auch dann punkten, wenn wir nicht unser bestes Spiel machen“, hatte Eric Smith damals direkt nach Abpfiff gesagt und diese Aussage ist wichtig. Denn kein Team dürfte absichtlich das eigene Leistungsmaximum nicht erreichen. Besonders dem Team des FC St. Pauli ist nicht zu unterstellen, dass es bewusst etwas weniger investiere, weil es der Meinung ist, dass Dinge spielerisch gelöst werden können (ja, auch die erste Halbzeit gegen Stuttgart zählt da nicht mit rein).

Vielmehr ist die Aussage, dass man ans eigene Maximum kommen muss, eben so zu verstehen, dass es qualitative Unterschiede gibt. Der FC St. Pauli kann nicht sagen: Heute investieren wir mal alles, was wir haben. Das kann nicht angeschaltet werden. Es ist davon auszugehen, dass das Team immer versucht, an dieses Maximum zu kommen. Und das muss der FC St. Pauli eben auch. Um erfolgreich zu sein, muss das Team möglichst nahe an der eigenen „Perfektion“ agieren. Während Bayer Leverkusen ans Millerntor fahren kann und aus quasi Nichts und Zeitspiel drei Punkte holt, muss es beim FC St. Pauli viel besser laufen. Die Fehlerquote muss so niedrig wie möglich sein. Doch selbst dann gibt es keine Punktegarantie. Isso. Nervt, aber isso.

Mehr als eine Ergebniskrise – ein (erneuter) Erkenntnisgewinn

Wichtig wird nun sein, dass sich der FC St. Pauli von drei Niederlagen in Serie nicht verunsichern lässt. Denn auch wenn es dreimal null Punkte gab, so zeigte das Team in diesen Partien in mindestens einigen Spielphasen, dass es mehr als nur mithalten kann (Wahl: „Wenn wir da sind, dann sind wir schwer zu greifen.“). Da ist also dann doch eine Weiterentwicklung im Vergleich zur Vorsaison erkennbar. Denn letztes Jahr kam der FC St. Pauli auf keinen Fall für Punkte infrage, wenn er sein eigenes Maximum nicht erreichte – und das über die volle Spielzeit. Nun zeigte sich zu Saisonbeginn, dass der FCSP auch dann noch punkten kann, wenn der Start nicht gut ist. Und auch bei den drei Niederlagen zuletzt war erkennbar: Da steht ein Team auf dem Platz, das mithalten, teilweise sogar das Spiel komplett in die Hand nehmen kann – und das unabhängig davon, ob einige Gegner ihre Maximum erreichen oder nicht.

Trotzdem ist die aktuelle Serie des FC St. Pauli wohl etwas mehr als eine Ergebniskrise. Sie zeigt nämlich, dass das Team (noch) Lücken hat. Diese mögen zwar kleiner sein, als noch in der Vorsaison, aber sie sind eben noch vorhanden.Mut macht ganz sicher die Tabelle. Denn auch wenn Alexander Blessin kürzlich erklärte, dass er erst nach zehn Spieltagen draufschauen möchte, so zeigt sich im Vergleich zur Vorsaison: Das Team hat trotz eines knackigeren Spielplans nach sechs Spieltagen genauso viele Gegentore gefangen (neun), vier Tore mehr erzielt und drei Punkte mehr auf dem Konto. Die Lücke nach oben, sie existiert also weiterhin. Aber sie ist sicher etwas kleiner geworden.

// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

// Teile diesen Beitrag mit Deinem Social Media Account (Datenübertragung erfolgt erst nach Klick)

  • teilen 
  • teilen 
  • teilen  
  • teilen  
  • teilen 
Impressum des Publishers ansehen