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·30. Mai 2025
Frauen-EM 2025: Die Form der Favoritinnen im Check - 1 Monat vor Beginn

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·30. Mai 2025
Bereits in wenigen Wochen startet die EM 2025 in der Schweiz. Die DFB-Frauen gehören dabei vielleicht nicht zu den allerersten Anwärterinnen auf den Titel, aber sicherlich zum Kreis der Favoritinnen. Die Elf von Christian Wück will sich in den verbleibenden zwei Nations-League-Spielen gegen die Niederlande und gegen Österreich ideal auf die EM vorbereiten - die bisherigen Partien im Jahr 2025 zeigten bei Deutschland einen wilden Mix aus defensiven Katastrophenleistungen und offensiver Brillanz.
So ganz EM-reif wirkt das Team noch nicht - aber ein Blick ins Ausland beruhigt, denn auch die weiteren Favoritinnen haben in den Wochen vor der Europameisterschaft noch einiges an Arbeit zu tun. Und genau wie rund um die DFB-Frauen die Kommunikation von Christian Wück viel diskutiert wird, gibt es auch in England, Frankreich und Co. vor EM-Start so einige Aufreger. Der Formcheck von den deutschen Konkurrentinnen bei der EM.
Bei den letzten drei Europameisterschaften war für Spanien im Viertelfinale Schluss. Wäre das auch 2025 das Resultat, müsste die EM wohl als enttäuschend für Spanien bezeichnet werden. Die amtierenden Weltmeisterinnen haben sich für das Turnier in der Schweiz klar das Ziel auf die Fahnen geschrieben, den nächsten Titel einzufahren. Die Pokalvitrine von Alexia Putellas, Aitana Bonmatí und Co. hat sich in den letzten Jahren durch zahlreiche Triumphe mit Barcelona und Spanien schon ordentlich gefüllt, und soll nun noch einen Neuling dazubekommen.
Die Spanierinnen gehen favorisiert in das Turnier, aber es fällt nicht allzuschwer, sich einige Hürden auszudenken, an denen La Roja doch scheitern könnte. Seit der WM wechseln sich bei Spanien die üblichen Auftritte totaler Dominanz mit schwächeren Spielen ab.
Besorgniserregend ist besonders die defensive Bilanz: Zwar gewann die Elf von Montse Tomé gegen Belgien und Portugal in der Nations League, aber je zwei Gegentore gegen Teams aus dieser Kategorie können nicht im Sinne der Trainerin sein. Die hohe Abwehrreihe kann leicht eiskalt erwischt werden, und Barcelona-Stütze Mapi Leon verzichtet weiterhin auf Einsätze für das Nationalteam, aus Kritik gegenüber des Verbandes.
Der Frauenfußball erlebte zwischen 2021 und jetzt Jahre der spanischen Dominanz, auf Vereins- sowie auf Klubebene. Aber mehr und mehr Teams haben auch starke Einfälle gegen den dominanten spanischen Fußball, wie zuletzt Barcelonas Niederlage im Champions-League-Finale gegen Arsenal zeigte. Spanien hat die besten Spielerinnen und das beste Ensemble - aber um am Ende auch den Titel zu holen, muss sich ihr Spielstil auch während der EM ständig weiterentwickeln.
"So nice, they did it twice" - dieses englische Sprichwort würden die Lionesses gerne bestätigen und ihren Titel von der Heim-EM 2022 verteidigen. Aber ob das tatsächlich gelingt, daran können aktuell einige Zweifel gehegt werden. Bis zum EM-Beginn ist Trainerin Sarina Wiegman in zahlreichen Funktionen gefragt: Als Krisenmanagerin, taktische Innovatorin, als Improvisationskünstlerin und als Menschenkennerin.
Über die EM-Chancen wird im Mutterland des Fußballs aktuell noch wenig diskutiert, stattdessen bekam die berühmt-berüchtigte englische Boulevardpresse durch einen dramatischen Abgang bestes Futter: Torhüterin Mary Earps gab nach ihrer Degradierung zur Nummer 2 im englischen Kasten ihren Rücktritt aus dem Nationalteam bekannt. Damit hat Wiegman nun ein recht unerfahrenes Torhüterinnenteam, denn hinter der Nummer 1 Hannah Hampton stehen zwei Keeperinnen, die noch auf ihren ersten Einsatz für England warten. Also bloß keine Verletzung!
Von denen hat Wiegman sowieso schon genug, zwei Verteidigerinnen (Millie Turner, Ella Morris) fallen für die EM aus. Viele Hoffnungen ruhen dagegen auf Lauren James, die gerade pünktlich zum EM-Start wieder fit sein soll.
Lauren James vom FC Chelsea: Der X-Faktor für England? / Gaspafotos/MB Media/GettyImages
Fußballerisch ist das Jahr 2025 bisher durchwachsen für England: Zwar besiegten sie die Topfavoritinnen Spanien im Februar, aber das jüngste Nations-League-Spiel gegen Belgien ging mit 2:3 verloren. Einige Monate zuvor kamen die Engländerinnen gegen Portugal nicht über ein 1:1 hinweg. Klare Warnzeichen für Wiegman.
Aber England hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass schlechte Form nicht viel heißen muss: Auch bei der WM 2023 überzeugten sie selten auf ganzer Linie, schafften es aber dennoch ins Finale. Zudem einige Spielerinnen von Arsenal mit dem neuen Selbstvertrauen von frisch gekrönten Champions-League-Siegerinnen anreisen. Auf Wiegman wartet einiges an Arbeit, aber sie kann sich auf starke individuelle Qualität verlassen. Never count them out!
In Deutschland äußerte Außenverteidigerin Felicitas Rauch Unverständnis für ihre Nicht-Berücksichtigung für den Kader und Kritik am Bundestrainer. Das sorgte für ein wenig Aufsehen - ist aber nur ein Sturm im Wasserglas, verglichen mit den aktuellen Debatten in Frankreich. Dort tobt eine Debatte wie ein besonders unangenehmer Sturm vor der bretonischen Küste - denn Trainer Laurent Bonadei hat für seinen aktuellen Kader auf drei der bekanntesten Spielerinnen seines Teams verzichtet.
Von Vizekapitänin und Rekordtorschützin Eugénie Le Sommer war auf dem aktuellen Mitteilungsblatt des Aufgebots keine Spur, ebensowenig wie von Offensivakteurin Kenza Dali - einer der wenigen Spielerinnen, die außerhalb von Frankreich spielen. Schon der Verzicht auf diese beiden Namen hätte wohl für ordentlich Wirbel gesorgt, aber Bonadei nominierte auch Wendie Renard nicht - die für Frankreich die Rollen der Kapitänin, Abwehrchefin und Kopfballmonster in Personalunion übernimmt. Sacrilège! Sacrebleu!
Bonadei ist fest entschlossen, mit einer neuen Rezeptur endlich den ersehnten ersten großen Titel für die Équipe de France zu holen. Seine Entscheidung konnte er auch intellektuell untermauern und zitierte das beliebte Bonmot von Albert Einstein: "Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten." Ob es wirklich an Le Sommer, Renard und Dali lag, dass Frankreich zuletzt immer wieder scheiterte, wird sich im Juli zeigen - bei der EM werden diese drei nicht dabei sein.
Sportlich lief es dieses Jahr mit den Dreien noch gut, aber die Nations-League-Gegnerinnen Norwegen, Island und die Schweiz sind auch nicht wirklich die Gradmesser für die EM 2025. Frankreich ist auf der Torhüterinnen-Position nicht so stark besetzt wie andere Nationen, hat dafür aber eine sehr starke Offensive.
Schweden zeigt sich bei großen Turnieren traditionell stärker als davor (legendär der Sieg im Elfmeterschießen gegen die USA bei der vergangenen WM) - so dürften die Skandinavierinnen auch bei der EM für jedes Team eine schwer zu knackende Nuss sein. In den letzten Spielen wirkte Schweden eher behäbig, kam zweimal nicht über ein 1:1 gegen Wales hinaus.
Trainer Peter Gerhardsson wird nach der Europameisterschaft seinen Hut nehmen - ein neuer Impuls könnte Schweden gut tun. Bei den Skandinavierinnen steht ein großer Umbruch an, aber vielversprechende Talente wie Felicia Schröder stehen schon in den Startlöchern.
Ebenfalls Chancen ausrechnen können sich die Niederlande, die genau wie Schweden nach der EM einen Trainerwechsel vollziehen werden. Bis dahin ist noch Andries Jonker an Bord, der sich mit einem starken Turnier verabschieden will.
Bei ihrem letzten großen Turnier, der WM 2023, lieferten die Oranje Leeuwinnen den späteren Weltmeisterinnen aus Spanien einen grandiosen Fight - zeigt sich die Elf um Dominique Janssen, Lineth Beerensteyn und Esmee Brugts wieder von dieser Seite, könnte es etwas werden. Für den Status als Favoritinnen im obersten Regal fehlt ein wenig die Breite im Kader, und die Todesgruppe D mit England und Frankreich wird eine Herausforderung - wenn auch keine unmögliche.
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