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·9. September 2025
„Freund der Spieler“: Menschenfänger Hjulmand legt in Leverkusen los

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·9. September 2025
Kasper Hjulmand betrachtet den Fußball als das, was er ist. Es gibt schließlich noch wichtigere Dinge als den Sport. Mehr als einmal erfuhr der Däne in seiner Karriere schmerzlich genau das. Einst verstarb sein Onkel völlig unerwartet auf dem Fußballplatz durch einen Herzinfarkt. Hjulmand war auch plötzlich mittendrin, als die Sportwelt gebannt das Drama um Christian Eriksen verfolgte. Und der Mann, dem inzwischen der Ruf des Menschenfängers vorauseilt, wuchs in gewisser Weise mit all den Tragödien.
Was inmitten der schweren Momente auffiel: Der heute 53-Jährige zeigte stets seine feinfühlige Art, er offenbarte seine Emotionen öffentlich – und überzeugte damit auch die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen, die ein solches Auftreten bei Vorgänger Erik ten Hag vermisst hatten.
„Von dem transparenten, kommunikativen und empathischen Stil“ werde die komplett runderneuerte Werkself „profitieren“, glaubt jedenfalls Klubchef Fernando Carro. Bei Bayer setzen sie darauf, dass Hjulmand ab dem ersten Training am Mittwoch wie Xabi Alonso die Herzen der Spieler und Fans erobert.
Viele von denen, die in den vergangenen Jahren mit Hjulmand arbeiteten, schwärmen in den höchsten Tönen. Hjulmand, der seinen Posten als Nationalcoach nach dem EM-Aus gegen Deutschland im Vorjahr aufgegeben hatte, sei „ein richtig guter Trainer, aber dazu auch ein Freund der Spieler“, sagt etwa Wolfsburgs dänischer Nationalspieler Joakim Maehle. Simon Kjaer, lange Kapitän der Nationalelf, bezeichnete seinen Ex-Coach als „außergewöhnlich“. Er denke „rund um die Uhr an Fußball“. Aber: Hjulmand habe auch gezeigt, „dass er viel mehr als das ist“.
Nachdem Eriksen bei der EM 2021 einen Herzstillstand erlitten hatte und nur knapp dem Tod entkommen war, entwickelte sich Hjulmand zu einer Art Fels in der Brandung, für seine Profis und eine ganze Fußballnation. „Ich bin einfach ich selbst. Ich spreche mit den Spielern, wie ich mich fühle, über Emotionen“, sagte er danach, die Sympathien flogen ihm auf dem mitreißenden Weg ins EM-Halbfinale zu. Es sind genau diese Soft Skills, die ihn vielleicht von einigen verbisseneren Kollegen unterscheiden.
Die Fußballwelt habe nach dem Eriksen-Drama „verstanden, was die fundamentalen Werte im Leben sind. Vielleicht sind wir ein Symbol dafür“, meinte Hjulmand damals, gelassen blickte er auf den Druck, der sich im EM-Verlauf 2021 über ihm zusammenbraute. Na und? Er habe „eine Frau und drei Kinder. Nichts ist größer, als Vater zu werden“.
Sein Naturell wurde Hjulmand aber auch schon negativ ausgelegt. Zu lieb sei er zu den Spielern, zu ruhig, zu wenig emotional für den Abstiegskampf – so lauteten die Vorwürfe 2015, als Hjulmand als Nachfolger von Thomas Tuchel beim FSV Mainz 05 nach knapp acht Monaten schon wieder gehen musste. Böses Blut gab es auf seiner Seite aber nicht.
In Mainz habe er „eine Menge gelernt, so wie ich bei jeder Station eine Menge gelernt habe“, sagte der Coach, der 2012 in der Heimat überraschend mit dem FC Nordsjaelland die Meisterschaft gewonnen hatte: „Ich versuche immer, morgen besser zu sein als heute. Ich bin immer in einem Lernprozess, um Dinge besser zu machen.“ Ab sofort in Leverkusen.