FC Schalke 04
·17. Oktober 2025
Fußballkulturtage NRW in Gelsenkirchen: „Hinter Elvis und Udo Jürgens kamen wir“

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·17. Oktober 2025
Fußball und Musik harmonieren. So stand das zehnte Jubiläum der Fußballkulturtage NRW ganz im Zeichen der Klänge und fand am Mittwochabend (15.10.) entsprechend Gehör in Schalke-Nord.
Seit 2015 wird das Projekt von den sozialpädagogischen Fanprojekten in Nordrhein-Westfalen mit der Fachstelle der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) organisiert. Ziel ist es, Begegnungen zu ermöglichen, Bildung zu fördern und dabei Raum für die Themen im Fußball zu schaffen, die sonst weniger Aufmerksamkeit erhalten. Auch in diesem Jahr ist Gelsenkirchen Schauplatz verschiedener Veranstaltungen, den roten Faden bildet die Musik.
Wenn Tausende Stimmen im Stadionchor singen oder Trommeln einen unvergleichlichen Rhythmus erzeugen, bekommt wohl jeder Gänsehaut. Eine Melange, die auch auf Schalke nicht wegzudenken ist: Wer kann sich einen Arenabesuch schon ohne Steiger- oder Vereinslied vorstellen? Rund 70 Fans wollten am Mittwoch reinhören beim Diskussionsabend „Zeig mir den Platz in der Kurve – Vom Nordkurvensound bis zum Mädchen meiner Träume“. In der Kirche St. Anna in Schalke-Nord lauschten sie den Geschichten waschechter Schalker, von ehemaligen Spielern bis zu musikalischen Wegbegleitern des Vereins. Entsprechend geriet die Eröffnung: Mit dem Klassiker „Zeig mir den Platz in der Kurve“ stimmte Sänger Michael Schoen die Anwesenden kurzerhand zum Mitsingen ein.
Im Anschluss begrüßten auch der „Quatscher“ alias Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann und Markus Mau, Leiter des Schalker Fanprojekts, die Gäste. Dabei betonten sie vor allem die Unterstützung seitens der starken Vereins- und Kulturlandschaft in Gelsenkirchen, ohne die solche Abende kaum möglich wären. Einen kleinen Wermutstropfen gab es jedoch auch zu verkünden: Norbert Nigbur, ehemaliger S04-Torhüter und Sänger von „Wenn Schalke 04 nicht wär (wär das Parkstadion immer leer)“ zwang die Grippe kurzfristig zur Bettruhe.
An illustren Gesprächspartnern mangelte es trotzdem nicht: Michael Schoen fesselte auch nach seinem Gesangsauftritt mit Anekdoten zum S04-Hit. Den Gladbecker verbindet nicht nur die geografische Nähe mit Königsblau, er ist Schalker durch und durch: „Ich wäre dafür zu Fuß bis nach Duisburg gelaufen“, beschreibt er die Ehre, dort den Klassiker von Gerd Recat aus dem Jahr 1972 neu einsingen zu dürfen. Mit „Opa Pritschikowski“ hat er einen weiteren bedeutsamen Gesang seines Herzensvereins mitgeprägt.
Michael Rarreck wiederum war als Musikproduzent an der Veröffentlichung zahlreicher Nordkurven- und Arena-Hits beteiligt. Er berichtete vom engen Austausch mit dem Verein, der Ideenfindung für Liedtexte, Booklets und CD-Vermarktung. Die Silberscheiben konnten Fans früher nicht nur über den FC Schalke 04 kaufen, sondern auch bei den gängigen Großhändlern in den Einkaufsstraßen finden – gerade bei Schalkern sei S04-Musik schon immer beliebt gewesen.
Auch wenn Streaming-Dienste das Musikgeschäft längst dominieren, sei Rarreck, übrigens Bruder des langjährigen Mannschaftsarzts Dr. Thorsten Rarreck, immer offen für neue Schalke-Platten. Doch er hat auch andere musikalische Ideen, etwa hymnenspielende Fahnenmasten. Man merkt schnell: Auch bei ihm ist Schalke Programm. Eine Geschichte zog die Fans besonders in den Bann – und riss womöglich Wunden auf: Rarreck produzierte 2007 unter absoluter Geheimhaltung den S04-Meistertitel-Song. Als dann der VfB Stuttgart das Rennen um die Schale machte, wurde das Lied nie veröffentlicht und dessen Melodie auf den VfB umgeschrieben.
Der zweite Durchgang des Abends zeigte wieder, wie nah Fußball und Musik auf Schalke beieinander liegen, verkörpert durch keine Geringeren als die Kremers-Zwillinge. Erwin und Helmut erinnerten auf der Bühne an ihren unerwarteten Ausflug ins Showbusiness, ausgelöst durch die Teilnahme an der Fernsehshow „Die Montagsmaler“. Im Nachgang der Sendung fragte deren Moderator Frank Elstner die beiden beim Umtrunk, ob sie auch singen könnten. „Sehr gut sogar!“, konterte Helmut, wodurch er – auch zur Verwunderung seines Bruders – den Ball ins Rollen brachte: Vicky Leandros‘ Vater Leo lud sie ins Tonstudio nach Hamburg ein.
Als Probelied entstand „Der Junge mit der Mundharmonika“. Danach habe sich Helmut bestätigt gefühlt: „Siehst Du, Erwin, klingt doch großartig – wir können wirklich gut singen.“ Viele erinnerten sich auch an „Das Mädchen meiner Träume“, das bei Radio Luxemburg auf Platz drei der Hitparade landete: „Hinter Elvis und Udo Jürgens kamen wir“, betonte Helmut und sorgte damit für die lautesten Lacher und das Zitat des Abends. Auch Peter Maffay, inzwischen ein guter Freund der Zwillinge, sprach sie damals darauf an, zu deren großem Erstaunen. Mit ihrer eigenen Musik kann man die beiden heute nicht mehr locken: Als der Quatscher vorschlägt, bei ihrem nächsten Besuch in der VELTINS-Arena eins ihrer Stücke spielen zu lassen, entgegnet Erwin: „Sag uns gerne Bescheid – wir gehen dann vorher …“
Ihr Lied „Mo-Di-Mi-Do“ kam in der Kirche sogar zum Klingen, zur allgemeinen Belustigung, außer bei Helmut: Als „schreckliches Lied“ bezeichnete er den B-Seiten-Song vom Traummädchen. Anders als Erwin versuchte er gar nicht erst mitzusingen. Der Ausflug in die Welt der Musikbranche sei allerdings interessant gewesen. Sie seien dennoch froh, dass es mit dem Fußball funktioniert hat, denn musikalisch „hätte es wohl eng werden können“.
Eng verbunden mit dem S04 sind die Brüder weiterhin, unter anderem über den Schalker Golfkreis, mit dem sie bislang Spendengelder in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro für Schalke hilft! eingespielt haben. Den Abend nutzten sie auch, um sich bei den Fans für die jahrzehntelange Unterstützung zu bedanken. Besonders große Freude habe Ihnen die offizielle Aufnahme in die Schalker Ehrenkabine bereitet.
„Dass wir mal einigermaßen kicken konnten, interessierte damals und heute wenige“, meinte Helmut Kremers augenzwinkernd. Natürlich widersprachen die Anhänger ihm in der Nachspielzeit und stellten sich geduldig für Autogramme und Fotos mit den Zwillingen an, manche hatten dafür sogar ihre alten CDs mitgebracht. Und so endete ein königsblauer Abend ganz im Zeichen von Fußball und Musik ohne jegliche Misstöne.