MillernTon
·10. Oktober 2024
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Etwas unglücklich verliert der FC St. Pauli das Testspiel bei Hannover 96 mit 2:3. Im veränderten System und mit vielen neuen Gesichtern gab es aber einige Lichtblicke.(Titelfoto: Peter Boehmer)
Nikola Vasilj, Ben Voll, Sascha Burchert, Sören Ahlers, Philipp Treu, Fin Stevens, Adam Dzwigala, Karol Mets, Eric Smith, Jackson Irvine, Connor Metcalfe, Carlo Boukhalfa, Danel Sinani, Elias Saad, Simon Zoller – die Liste an Spielern, die dem FC St. Pauli für das Testspiel in Hannover fehlte ist bedenklich lang (damit ihr nicht selbst zählen müsst: Es sind 15). Denn nur fünf dieser Spieler fehlten aufgrund von Reisen zu den Nationalteams. Der Rest ist verletzt, krank oder angeschlagen.
Trotz dieser sehr langen Liste an Ausfällen, haben sich die Verantwortlichen des FC St. Pauli dazu entschlossen gegen Hannover 96 zu testen. Entsprechend bot sich für viele Spieler, die aus verschiedenen Gründen zuletzt wenig Spielpraxis sammelten, aber auch einige Spieler aus U23 und U19 die Möglichkeit sich unter wettkampfnahen Bedingungen zu präsentieren. Diese Möglichkeit konnten einige für sich nutzen, andere leider nicht.
Der FC St. Pauli startete gegen Hannover 96 mit einer neuen Formation, einem 4-4-2. Blessin hatte bereits vor der Partie erklärt, dass man die Viererkette ausprobieren werde. Das allerdings auch deshlab, weil es im Kader an Innenverteidigern fehlte. Im Tor stand U23-Keeper Ronny Seibt. Die Viererkette bestand aus Manos Saliakas, Hauke Wahl, David Nemeth und Lars Ritzka. Das Mittelfeld bildeten Scott Banks, Marwin Schmitz, Robert Wagner und Dapo Afolayan. Im Angriff starteten Johannes Eggestein und Morgan Guilavogui.
Damit befanden sich beim FC St. Pauli vier Spieler in der Startelf, die auch gegen Mainz von Beginn an auf dem Platz standen. Da abgesehen von Seibt und Schmitz alle auch diese Saison bereits im Spieltagskader, teilweise sogar in der Startelf standen, kann man diese Elf durchaus als „1B-Elf“ bezeichnen.Auch Hannover 96 brachte eine 1B-Elf auf den Platz, hatte auch im späteren Spielverlauf noch einige namhafte Spieler einwechseln können.
Das Spiel startete verhalten. Der FC St. Pauli stand im 4-4-2 defensiv stabil in den ersten 30 Minuten. Gegen den Ball formierte man sich situativ etwas offensiver, in einem 4-2-2-2. Afolayan und Banks waren dazu angehalten mehr Druck auf die Außenverteidiger von Hannover 96 zu erzeugen und sollten daher öfter vorschieben. Das Schöne an solchen Testspielen ist ja, dass man oft über die Mikros die Anweisungen und Kommentare der Trainer hört. Da wurde schon das ein oder andere Mal deutlich, dass Alexander Blessin mit der Arbeit von Banks gegen den Ball nicht so ganz zufrieden war, sich wünschte, dass er früher und druckvoller anläuft (gleiches gilt für die Aktivität von Afolayan in der Offensive. Das „Dapo, be active!“ hat man übrigens auch oft von Fabian Hürzeler gehört.).
Torchancen gab es in den ersten 30 Minuten eigentlich nur durch Kontersituationen des FC St. Pauli. Die erste hatte Afolayan (4. Minute), der mit seinem Schuss an H96-Torhüter Weinkauf scheiterte. Zuvor hatten Banks und der schön dynamische Guilavogui einen Umschaltmoment ziemlich gut ausgespielt. Auch nach 20 Minuten konterte der FCSP gut, doch Banks legte den Ball frei vor Weinkauf am Tor vorbei. Mit dem Ball bildete der FCSP eine Art 2-4-4. Die Außen schoben also jeweils eine Position nach vorne. So wirklich flüssig lief das Aufbauspiel aber nicht, Blessin war zwischendurch vor allem mit der Spielgeschwindigkeit unzufrieden, monierte, dass es „zu langsam“ sei.
Langsam war dann aber so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Scott Banks in der 29. Minute zeigte. Wieder war er es, der den Konter einleitete. Einen Doppelpass später war er auf der rechten Seite durchgebrochen, seinem Tempo konnte niemand folgen. Er kippte nach innen und zog zentral vor dem Tor mit links aus 16 Metern ab. Mit etwas Beihilfe von Hannoveraner Füßen schlug der Ball links unten im H96-Tor ein. Schöne Bude.
Dieser Treffer war aber so etwas wie der Weckruf für die Offensive von Hannover 96. Denn in der Folge war das Heimteam viel aktiver und stellte die Hintermannschaft des FC St. Pauli immer wieder vor Probleme. Das Muster ähnelte sich dabei meist: Der FCSP bekam bei Hereingaben von außen Probleme mit freien Gegenspielern im Zentrum. Das wurde zum ersten Mal bereits vor der Führung deutlich, als Voglsammer freistehend eine Flanke von links knapp verfehlte. Knackpunkt war dabei eigentlich immer die Übergabe von Innen- zum Außenverteidiger. So auch direkt nach der Führung, als Voglsammer eine Hereingabe von rechts nicht im Tor unterbrachte. In der 38. Minute aber, Voglsammer tauchte erneut frei zwischen Wahl und Saliakas auf, traf er dann per Kopfball zum Ausgleich.
Die Probleme des FC St. Pauli sind tatsächlich mehr oder weniger erwartbar gewesen. Denn es handelt sich um Probleme beim „Durchschieben“. Um Druck auf der Außenbahn zu erzeugen schiebt der ballnahe Außenverteidiger raus aus der Kette. Der ballnahe Innenverteidiger schiebt nach (damit kein Loch entsteht, die Abstände passen), der ballferne Innenverteidiger auch und der ballferne Außenverteidiger muss eine Innenverteidiger-Position einnehmen. Das Prinzip ist gar nicht so schwer, aber der FCSP hat seit nunmehr fast zwei Jahren mit drei Innenverteidigern agiert. Probleme beim „Durchschieben“ gibt es da meist nicht, weil es einen Innenverteidiger mehr auf dem Platz gibt.
So ging es mit einem 1:1 in die Pause, welches man als leistungsgerecht bezeichnen muss. Der FC St. Pauli startete zwar besser, weil er stabiler stand und über Konter gefährlich wurde. Doch nach der Führung wurde Hannover 96 sehr stark, weil es ihnen gelang die Viererkette des FCSP in Verlegenheit zu bringen.
Zur zweiten Halbzeit gab es beim FC St. Pauli vier personelle Wechsel: Andreas Albers ersetzte Johannes Eggestein im Angriff. Albers übernahm auch die Kapitänsbinde von Hauke Wahl, der durch Emil Staugaard ersetzt wurde. Zudem kam Erik Ahlstrand für Dapo Afolayan in die Partie und Manos Saliakas wurde durch Jannis Turtschan (prognostizierter GSN-Index: 66,5!) ersetzt.
Ahlstrand hatte auch gleich die erste richtig gute Gelegenheit wenige Sekunden nach Wiederanpfiff, scheiterte aber an Weinkauf aus kürzester Distanz. Stattdessen fiel drei Minuten später das Tor auf der Gegenseite. Weil Fabian Kunze im Mittelfeld überhaupt nicht unter Druck gesetzt wurde und so den freien Voglsammer (auch wieder ganz schön viel Platz im Sturmzentrum gehabt) per Pass fand.
Lange hielt diese Führung aber nicht. Marwin Schmitz gewann einen Ball tief in der Hälfte von Hannover. Ohnehin hinterließ Schmitz, der zusammen mit Wagner auf der Doppelsechs spielte, einen richtig guten Eindruck. Offensiv war er einige Male etwas zu umständlich, hätte durchaus einfacher spielen können (fing sich deshalb auch einmal eine verbale Schelle von Saliakas). Defensiv war das aber richtig gut und griffig, was der erst 17-jährige zeigte. Technisch insgesamt sehr versiert, ein gutes Raumgefühl, körperlich präsent, obwohl er noch in der Entwicklung ist – angesichts der gezeigten Leistungen (auch in der Sommervorbereitung) wäre es nicht verwunderlich, wenn Schmitz diese Saison noch sein Bundesligadebüt feiert.
Schmitz jedenfalls war es den Hannovers Kunze kurz vor dem eigenen Strafraum in der 51. Minute nicht kommen sah. Der FC St. Pauli presste in diesem Moment sehr hoch und wurde mit dem Ballgewinn belohnt. Banks nahm den freien Ball auf und traf zum 2:2 – Doppelpack für den 23-jährigen, dessen offensive Leistung Blessin nach dem Spiel lobte und betonte: „Ich glaub der weiß manchmal gar nicht, wie schnell er ist.“ Banks ist sicher einer der Gewinner dieses Testspiels und dürfte gute Bewerbungsunterlagen für einen Startelfplatz kommende Woche in Dortmund eingereicht haben.
Doch nur drei Minuten später lag Hannover wieder in Führung. „Das ist viel zu einfach!“ war die kurze, aber deutlich vernehmbare Unmutsbekundung von Blessin auf das Verhalten der FCSP-Hintermannschaft bei der Situation vor dem dritten H96-Treffer. Erneut war es eine Flanke, erneut passte das „Durchschieben“ nicht.
Wie üblich bei Testspielen wurde es mit zunehmender Spieldauer immer fahriger. Viele Wechsel auf beiden Seiten sorgten dafür, dass der Spielfluss litt. Der FC St. Pauli hatte in den letzten 30 Minuten zwar deutlich bessere Gelegenheiten (Ahlstrand hatte zwei weitere Male einen Treffer auf dem Fuß), doch ein Treffer fiel nicht mehr für Braun-Weiß. Zum Spielende war die Elf auf dem Platz des FCSP aber auch nur noch sporadisch mit Profikader-Spielern besetzt. Seibt, Turtschan, Staugaard, Maboa Dibamba, Herrmann, Politz und Yanda (guter Eindruck!) standen beim Abpfiff auf dem Platz.Das Fazit von Blessin fiel trotz Niederlage gar nicht mal so negativ aus: „Wir nehmen ein paar gute Sachen aus dem Spiel mit. Wichtig war für mich, dass sich niemand verletzt hat und die Jungs Spielpraxis sammeln konnten.“
// Tim
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