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·25. Juli 2025

Kommentar: Was die UEFA bei der EM richtig gemacht hat

Artikelbild:Kommentar: Was die UEFA bei der EM richtig gemacht hat

Wer diesen Sommer in der Schweiz war und die Frauen-EM nicht mitbekommen wollte, musste sich dafür schon sehr anstrengen. Die Großstädte galt es dann unbedingt zu meiden: An jeder Kreuzung rollte da eine Tram mit EM-Design vorbei, schon Monate im Voraus. Von allen Plakatwänden schauten Aitana Bonmatí und Alessia Russo fest entschlossen hinunter. Die Straßen Zürichs wurden im Juli durch einige Accessoires reicher, einige weniger gelungen (eine riesige Statue des Maskottchen Maddli, eher creepy als süß), andere mehr (ein gigantischer Fußball, unzählige rote Tore in der Stadt).

Und selbst wer sich den gesamten Juli in einem abgelegenen Chalet in den Schweizer Alpen verschanzte, dürfte bei jedem Einschalten des TVs oder Handys auf eine Werbung eines Schweizer Unternehmens gestoßen sein, das unbedingt einen Fußball-Gag unterbringen musste, egal wie krampfhaft ("Dieser Wechsel zahlt sich aus!").


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Die UEFA dürfte ihre offizielle Auswertung noch nicht abgeschlossen haben, aber das Ergebnis ist vermutlich wenig überraschend: Diese Europameisterschaft war ein Erfolg. Der Rekord für die bestbesuchte Frauen-EM überhaupt wurde schon vor dem Finale eingestellt, und noch beeindruckender: Nur zwei Spiele waren nicht ausverkauft. Ziel der UEFA war es, diese Zahl auf Null zu reduzieren, aber die wenigen leeren Ränge bei Portugal gegen Italien und bei Dänemark gegen Schweden (beide in Genf, die Stadt der internationalen Organisationen ist wohl keine Fußballstadt) werden das Gesamtbild kaum trüben.

Tolle Stimmung auch wegen kleinen Stadien möglich

Die UEFA kann vor allem eine große Erkenntnis aus diesem Turnier mitnehmen: Die Strategie, auch kleine Stadien für die Gruppenphase zu nutzen, ist aufgegangen. Möglich war die starke Auslastungsquote von 99%, weil auch im kleinen Stade de Tourbillon in Sion sowie in Thun gespielt wurde - beide fassen weniger als 8.000 Plätze. Die lautstarken portugiesischen oder walisischen Fans kamen so umso besser zur Geltung, die Spiele waren sowohl für Zuschauer auf dem Sofa als auch für Stadiongängerinnen deutlich attraktiver als Partien in halbleeren Betonschüsseln.

Die Stimmung bei diesem Turnier war herausragend, ob bei den Fanmärschen mit bis zu 25.000 Personen, in den Fanzonen in den Städten - die manchmal etwas sehr bemüht auf Spaß angelegt waren, aber doch viele Highlights hatten (gratis Früchte!), oder eben auf den Rängen selbst. Fahnenschwenkende Fans auf den Rängen, im Hintergrund die Berge - das Idyll war schon fast zu schön, um wahr zu sein. Nicht nur Aitana Bonmatí, die sich mehrmals so schwärmerisch über die Schweizer Landschaften äußerte, als wäre sie längst Tourismusbeauftragte, dürfte sich in dieser Umgebung wohlgefühlt haben.

Dieses Panorama der Europameisterschaft war auch ein krasser Kontrast zur EM 2022 in England, die einiges richtig gemacht hatte, aber doch viele Spiele in mittelprächtig gefüllten, mittelschönen Stadien in mittelmäßig attraktiven Industriestädten aufbot. Das Schweizer Modell hatte Erfolg (auch wenn nicht alles ganz so perfekt war, wie es schien, etwa beim Thema Nachhaltigkeit) - aber wird vermutlich trotzdem ein Auslaufmodell sein.

EM 2029: UEFA dürfte sich mehr Einnahmen erhoffen

Die UEFA wäre gut damit beraten, auch für die nächste EM wieder auf ausverkaufte Stadien zu setzen. Ob das Realität wird, steht aber auf einem anderen Blatt. Wo die EM 2029 stattfindet, steht noch nicht fest. Neben Deutschland haben auch Italien, Portugal, Polen, und ein skandinavisches Duo aus Schweden und Dänemark, ihre Hüte in den Ring geworfen. Die DFB-Bewerbung fährt mit den Stadien Dortmund, München, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Köln, Leipzig und Wolfsburg auf - also durchaus große Stadien. Für die UEFA könnte das ein Argument pro Deutschland sein, denn mehr Plätze bedeutet auch: mehr potenziell verkaufte Karten, und mehr Einnahmen.

Mit dem Turnier 2025 machte der europäische Fußballverband ein Minus von 20 Millionen Euro. Das große Interesse an der EM dürfte die UEFA dazu veranlassen, in Zukunft mehr auf ausgeglichene Bilanzen zu hoffen. Da sind 14.000 Zuschauer*innen in einem Stadion für 22.000 Fans besser als ein komplett gefülltes Stadion für 9.000 Fans.

Aus UEFA-Logik ist das verständlich, und auch sonst ist es nicht ganz absurd, auf größere Stadien zu setzen. Schließlich wird das Interesse am Fußball der Frauen bis zur nächsten EM vermutlich nochmal steigen. Da auf zu kleine Stadien zu setzen und Fans zu enttäuschen, wäre schade - in der K.o.-Phase in der Schweiz zeigte sich, dass zumindest dort einige mehr Plätze schön gewesen wären. Die UEFA muss nur aufpassen, dass sie mit der Kurskorrektur nicht übersteuert.

Zu wünschen wäre es jedenfalls, dass das Gemeinschaftsgefühl bei dieser EM, die Mischung aus Fanstimmung und Solidarität, auch beim nächsten Turnier noch vertreten ist. Dass sich auch beim nächsten Turnier Fans noch anerkennend zulächeln, wenn sie Unterstützerinnen des gegnerischen Teams sehen, mit einem Trikot mit Frauennamen auf dem Rücken.

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