90PLUS
·1. Oktober 2025
Kommentar zur Eintracht: Dieses Abwehrverhalten ist nicht CL-reif!

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·1. Oktober 2025
Schon die vergangenen beiden Spiele in der Bundesliga legten offen, dass Dino Toppmöller noch einige Schrauben an seiner Hintermannschaft zu drehen hat. Im CL-Gastspiel bei Atlético erfuhr die Eintracht eine Lehrstunde. Aus einer vermeintlichen Defensivkrise wurden im Metropolitano Fundamentalfragen. Ein Kommentar.
Aus dem Metropolitano in Madrid berichtet Michael Bojkov
Es war ein Dienstagabend, an der die Eintracht die volle Wucht des Metropolitano zu spüren bekam – und einen Top-Gegner, der sich in Top-Form befand. Schließlich vergaß bei der gestrigen 1:5-Klatsche gegen Atlético manch einer, dass es drei Tage zuvor keine geringere Mannschaft als Real Madrid war, die ebenfalls fünf Stück im Hexenkessel der Rojiblancos eingeschenkt bekam. Dieses niederschmetternde Resultat allein bei sich selbst zu ergründen, wäre also unverhältnismäßig.
Das wusste auch Dino Toppmöller auf der Pressekonferenz nach dem Spiel einzuordnen: „Wir haben heute am eigenen Leib erfahren, warum Real Madrid hier am Wochenende 2:5 verloren hat. Atlético hat eine beeindruckende Mannschaft. Es war eine Intensität in den Zweikämpfen, es war eine brutale fußballerische Qualität.“ Der 5:1-Sieg Atletis sei „hochverdient“ und eine „Lehrstunde“ für die Eintracht gewesen.
In der Tat hatten die Colchoneros um Julian Álvarez und Antoine Griezmann, der seinen 200. Treffer im Trikot von Atlético bejubelte, erneut eine derartige Schärfe im eigenen Spiel, dass jeder Gegner der Welt seine Schwierigkeiten gehabt hätte. Vor der Eintracht eben Real Madrid. Es war ein Mix aus Intensität, Gradlinigkeit, Spielfreude und individueller Klasse, die der aktuelle Tabellenfünfte von La Liga am Dienstagabend zelebrierte. Aber: Zugleich waren es einmal mehr auch die eklatanten Abwehrschwächen der SGE, die diese fünf Gegentreffer begünstigten. Zur bitteren Wahrheit aus Frankfurter Sicht gehört nämlich auch, dass es nicht bei fünf Gegentoren geblieben wäre, hätte Atlético eine noch bessere Effizienz an den Tag gelegt.
Besonders die Viererkette präsentierte sich desolat. Das Unheil nahm schon nach nicht einmal vier gespielten Minuten seinen Lauf, als Linksverteidiger Nathaniel Brown das entscheidende Duell gegen Giuliano Simeone verlor und Arthur Theate eine Klärungsaktion misslang. Dass der Belgier offenbar nicht als Innenverteidiger in einer Viererkette funktioniert, wurde im Metropolitano abermals deutlich. Genau wie die Tatsache, dass Nnamdi Collins seit seinem Länderspieldebüt Anfang September völlig neben sich steht – der 21-Jährige war auf der Rechtsverteidigerposition sowohl mit als auch gegen den Ball erneut maßlos überfordert. Und selbst Robin Koch war Gegner und Stadion am Dienstagabend nicht gewachsen. Der Frankfurter Abwehrchef ließ sich sowohl vor dem 0:3 als auch vor dem 1:5 von Álvarez abkochen – im wahrsten Wortsinn. Die Viererkette des aktuellen Bundesliga-Vierten war zu keinem Zeitpunkt dem gewachsen, was über 90 Minuten lang auf sie zurollte.
Dafür, dass selbige Viererkette auch schon ganz entscheidende Aktien an den vier Gegentoren gegen Union vor zehn Tagen hatte, sprach Toppmöller auf der anschließenden Pressekonferenz überragend wenig über sie. Logisch, man müsse „diese Dinge eben besser verteidigen“. Aber: „Ich glaube auch nicht, dass es eine Systemfrage war heute, sondern es war einfach der Qualität des Gegners geschuldet“, so Toppmöller.
Eine zu einfache Erklärung und auch ein Stück weit fehlende Selbstkritik nach 13 Gegentoren aus letzten drei Spielen. Was der Frankfurter Coach dagegen schonungslos ansprach, war das Verhalten bei gegnerischen Standards, das schon beim 6:4 in Mönchengladbach und gegen Atlético erneut haarsträubend war. Sowohl das 0:2 als auch das 1:4 kassierte die Eintracht nach Ecke und dem gleichen Muster: „Wir lassen uns bei beiden Toren aus der Position rausziehen, durch zwei Laufwege, wo dann der erste Pfosten total frei ist. Das ist definitiv viel zu einfach“, analysierte Toppmöller. Für den Trainer ein besonders großes Ärgernis, denn: „Man hat die Zeit, sich zu stellen, eine gute Formation zu finden, um dann auch diese gewisse Schärfe einfach zu haben, um solche Situationen zu verteidigen.“
Der Trainer führte aus: „Wenn wir jedes Spiel zwei Standardgegentore bekommen, dann wird es schwer, permanent Spiele zu gewinnen, vor allem gegen Teams, die dann einfach auch diese Klasse haben. Und es wird ja am Wochenende nicht viel leichter.“ Denn da kommt der FC Bayern ins Frankfurter Stadion – und das in Topform und noch ohne einen Punktverlust in dieser Saison.
Wenngleich man am Samstagabend dann natürlich die richtigen Maßstäbe ansetzen muss, stehen sowohl die Mannschaft als auch Topmöller auf dem Prüfstand. Der Trainer muss beweisen, dass er aus der Gegentorflut gelernt hat, möglicherweise mit einem Systemwechsel reagiert, den er sich offenhielt, und seine Mannschaft besser auf Standards einstellt. Die Spieler müssen derweil zeigen, dass sie auf diesem Niveau gegen den Ball mithalten können. Denn das ist der neue Frankfurter Anspruch – eigentlich. Am Dienstagabend war davon nämlich keine Spur zu sehen.
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