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·7. Juni 2023

La Liga | Vom Wiederauferstandenen bis zum Verbandsversagen – Die Tops & Flops der Saison 2022/23

Artikelbild:La Liga | Vom Wiederauferstandenen bis zum Verbandsversagen – Die Tops & Flops der Saison 2022/23

Spotlight | Die La-Liga-Saison 2022/23 steht in den Geschichtsbüchern. Während sich Barca auf die etwas untypischere Art zum Meister krönte und ein Atletico-Star seinen zweiten Sommer erlebte, überschatteten Schiedsrichter-Probleme und leider auch Rassismus das Sportliche. Unsere Tops und Flops der abgelaufenen Spielzeit.

La Liga 2022/23 – Unsere Tops

Barca: Zu Null zum Meister

Der FC Barcelona ist spanischer Meister. Ein Hauptfaktor für den ersten Titel seit vier Jahren in La Liga war die stabile Defensive der Katalanen. Trainer Xavi legte großen Wert darauf, dass hinten die Null steht – und die Spieler zogen mit. Die Neuzugänge Andreas Christensen, Marcos Alonso und allen voran Jules Kounde, der es auch in unsere Elf der Saison geschafft hat, integrierten sich innerhalb kürzester Zeit und bildeten eine der sichersten Defensivreihen Europas.


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Nach der erzielten Führung wurde der Verwaltungsmodus angeworfen, sodass viele 1:0- und 2:0-Siege zustandekamen. Eine unspektakuläre, aber effektive Herangehensweise, die Barca an La-Liga-Rekorden schnuppern ließ. Dass es am Ende doch 20 Gegentore wurden, lag an der schwachen Schlussserie, in der der bereits feststehende Meister neun Gegentreffer in fünf Spielen kassierten. Besonders darüber geärgert haben dürfte sich Marc-Andre ter Stegen, der eine herausragende Saison gespielt und sich dafür beinahe mit einer europäischen Bestmarke ausgezeichnet hat. Am Ende fehlte dem deutschen Schlussmann ein einziges Spiel, um den Zu-Null-Rekord von Jan Oblak (Atletico, Saison 2015/16) und Petr Chech (Chelsea, 2004/05) zu knacken, die ihr Tor in 24 Ligaspielen sauber halten konnten.

Antoine Griezmann: Der Wiederauferstandene

Einen Platz im Saisonrückblick hat auch Antoine Griezmann sicher. Viele hatten den Franzosen nach seiner unglücklichen Barca-Zeit bereits abgeschrieben und entgegneten der Frage, ob er wieder ein Faktor für Atletico werden sollte, mit großer Skepsis. Doch der 32-Jährige strafte alle seine Kritiker Lügen. Der Offensivmann war der Schlüsselfaktor schlechthin bei den Colchoneros und hatte einen ganz entschiedenen Anteil an der erneuten Champions-League-Qualifikation. Dabei glänzte Griezmann mit 15 Toren als Vollstrecker, einen noch größeren Mehrwert bot er seiner Mannschaft aber in der Torentstehung.

So hatte der 118-fache französische Nationalspieler – auch Trainer Diego Simeone sei dank – unglaublich viele Freiheiten in der Offensive und wusste das durch kluge Bewegungen und Pässe zu nutzen. Griezmann spielte die meisten Schlüsselpässe in La Liga, kreierte obendrein mehr Großchancen als jeder andere Spieler und auch die meisten Aktionen, aus denen ein Torschuss resultierte. 16 Assists brachten den ehemaligen Angreifer von Real Sociedad auch auf die Deckblätter der Statistikbücher, mit insgesamt 31 Torbeteiligungen ist er der Topscorer in La Liga. Wenn man über den Spieler der Saison spricht, kommt man unweigerlich an Griezmann vorbei.

Drama pur im Abstiegskampf

La Liga hatte 2022/23 den vielleicht spannenden Abstiegskampf der Wettbewerbshistorie zu bieten. Fast ein Drittel der Liga bewegte sich mal mehr, mal weniger im Gleichschritt in den unteren Gefilden der Tabelle, was letztlich zu einer irren Ausgangslage führte. So mussten am letzten Spieltag noch ganze sechs Mannschaften um den Klassenerhalt zittern – so viele wie seit der Saison 2010/11 nicht. Die Tatsache, dass mit Valencia ein Urgestein des spanischen Fußballs ums Überleben kämpfe und mit Celta Vigo ein weiterer Traditionsverein völlig unvermittelt unten reinrutschte, machte die Gemengelage im Keller umso brisanter.

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Am Ende musste Real Valladolid dran glauben (Photo by Angel Martinez/Getty Images)

Der große Showdown am vergangenen Sonntag hätte an Dramaturgie nur schwer überboten werden können. Alle sechs gefährdeten Teilnehmer hatten es in der eigenen Hand, der Spielplan schenkte den Unterhaltungsbedürftigen sogar noch ein direktes Duell zwischen Valladolid und Getafe. Die Tatsache, dass in La Liga im Falle eines Punktgleichstands der direkte Vergleich zählt, gab dem Krimi eine gewisse Würze on top.

In der Schlussphase spielte sich das Drama zunehmend zwischen den Schauplätzen Valladolid und Barcelona ab. Durch eine Niederlage bei Espanyol wäre Almeria abgestiegen, doch ein Traumtor sowie ein Elfmeter in der Schlussphase bescherten den Andalusiern einen Punk. Und weil Valladolid gegen ein gewohnt ekliges Getafe nicht über ein torloses Remis hinauskam, muss der Klub von Brasilien-Legende Ronaldo nach einem Jahr La Liga zurück in die Segunda. Das, was der abermals früh entschiedene Meisterschaftskampf vermissen ließ, glich der Abstiegskampf an Spannung und Drama aus.

Kontinuität zahlt sich aus

Das berühmte Zauberwörtchen Kontinuität, es wird auch in La Liga großgeschrieben. Zumindest wenn man nach San Sebastian, Pamplona und Vallecas, einem südlichen Stadtteil Madrids, blickt.  Real Sociedad, Osasuna und Rayo Vallecano halten seit Jahren an ihrem Trainer fest und ernten nun die Früchte dafür.

Real Sociedad gehört schon seit Jahren zum „Best of the rest“ in La Liga, war über die letzten Spielzeiten auch Stammgast in der Europa League. Der entscheidende Faktor dafür, dass es nun auch mit der Champions League geklappt hat, war Trainer Imanol Alguacil. Seit Dezember 2018 steht der 51-Jährige bei „ La Real“ an der Seitenlinie und lebt den Klub wie kaum ein Zweiter. Er vertraut auf die eigene Jugend und zieht Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft hoch, die sich dort zu Führungsfiguren entwickeln. Mikel Oyarzabal ist das Paradebeispiel, aber nicht das einzige. Obendrein bringt Alguacil auch eine klare Handschrift mit auf dem Platz und hat so dafür gesorgt, dass auch Fußballästhetiker stets auf ihre Kosten kamen. Kommende Saison darf Real Sociedad zurecht im Kreis der ganz Großen mittanzen.

Hoffnungen auf Europa macht sich auch der CA Osasuna, der sich am letzten Spieltag Platz sieben und damit die Qualifikation zur Conference League gesichert hat. Auch die „kleineren“ Basken hielten beständig an ihrem Coach Jagoba Arrasate fest, der die Mannschaft vor fünf Jahren in der Segunda Division übernommen, in La Liga geführt, dort etabliert hat und sich nun auf internationalem Parkett messen darf.

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Imanol Alguacil (links) und Jagoba Arrasate (Photo by Juan Manuel Serrano Arce/Getty Images)

Andoni Iraola hat das internationale Geschäft mit Rayo zwar knapp verpasst, hinterlässt aber gleichwohl ein Vermächtnis. Das 40-jährige Trainertalent hat es geschafft, den Stadtteilklub zurück in La Liga zu führen und dort trotz geringer finanzieller Mittel zu einer gestandenen Mannschaft zu formen, die für jeden Gegner eklig zu bespielen ist. Vor kurzem hat Iraola seinen Abschied verkündet. Ihn könnte es in die Premier League ziehen.

La Liga 2022/23 – Unsere Flops

Der Trainerverschleiß in Elche

Wenn man schon Kontinuität lobt, muss man auch den Antagonisten nennen. Der kommt 2022/23 aus Elche. Ganze sechs (!) Trainer standen in der abgelaufenen Saison bei den Franjiverdes an der Seitenlinie, davon vier Chef- und zwei Interimscoachs. Mit vier Monaten im Amt dürfte Pablo Machin sogar noch die ein oder andere Erinnerung an seine Zeit im Martinez Valero haben. Jorge Almiron etwa überlebte nichtmal vier Wochen – obwohl er eigentlich als längerfristige Lösung angefacht war. Besser noch: Der Argentinier wurde installiert, nachdem er bereits zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 eine semi-erfolgreiche Zeit in der Provinz Alicante verbracht hatte.

Das Chaos von oben brauchte nicht lange, um auf die Spieler überzugreifen, ganz im Gegenteil: Die ersten 19 Spiele in La Liga blieb Elche ohne Erfolg, hatte zu dem Zeitpunkt gerade einmal sechs Zähler – Negativrekord im Wettbewerb. Der Abstieg stand im Grunde also schon lange bevor er auch mathematisch wasserdicht war fest.

Schwache Schiedsrichter: Lahoz nur die Spitze des Eisbergs

Zugegeben, Klagen über die Schiedsrichterleistung gibt es in jeder Liga. In Spanien hat man aber nicht das erste Mal den Eindruck, dass es schon in der Schiedsrichterausbildung erhebliche Mängel gibt. Die Unparteiischen in La Liga machen in regelmäßigen Abständen das Spiel zu ihrer eigenen Show. Antonio Mateu Lahoz, der aufgrund anhaltender Kritik sogar vom spanischen Verband abgesägt wurde, steht symbolisch dafür, in welchem Ausmaß der Schiedsrichter eine Fußballpartie zu seinem Eigen machen kann. Das beste Beispiel aus dieser Saison lieferte das Barcelona-Derby am Neujahrstag, in dem der 46-Jährige wie wild mit Karten um sich warf und selbst für ein Derby angemessene Reibereien zu einem juristischen Akt machte, den kein Mensch brauchte.

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Schiedsrichter Antonio Mateu Lahoz zeigt beim Barcelona-Stadtderby an Neujahr eine Rote Karte (Photo by Alex Caparros/Getty Images)

Dabei ist Lahoz nur die Spitze des Eisberg. In La Liga werden die meisten Karten aller Topligen verteilt, dazu ist ist die Nettospielzeit nirgendwo geringer. Das hat natürlich auch mit gerne und viel lamentierenden Spielern zu tun, was aber wiederum eine Auswirkung des Schiedsrichter-Problems in Spanien ist.

Wirklich handeln tut der Verband nicht, im Gegenteil: Er befeuert die Systemproblematik eher. So verzichtet der RFEF etwa auf die Torlinientechnologie, einer einfachen technischen Hilfe, die den VAR entlastet. Warum diese im modernen Fußballwesen eigentlich unverzichtbar ist, zeigte der 36. Spieltag, an dem Atletico im Gastspiel bei Espanyol ein Tor durch den VAR zugeschrieben wurde, das nicht zweifelsfrei als solches festgestellt werden konnte – weil die Torlinientechnologie fehlte. Der Verband gräbt in Baustellen, die er eigentlich dringlichst zuschütten müsste.

Espanyol: Eine Saison zum Vergessen

Apropos Espanyol: Das angesprochene VAR-Tor für Atleti war bitter, in der Endabrechnung aber nicht der entscheidende Grund, weshalb die Katalanen nach zwei Jahren La Liga den erneuten Gang in die Segunda Division antreten müssen. Auch 17 Aluminiumtreffer (nur Barca hat mehr) sind bitter und haben mit Sicherheit einen Anteil am Abstieg. Und dennoch lief auch unabhängig davon vieles schief, was nicht hätte schief laufen dürfen – und das von vornherein.

Die Hoffnung bei Barcas Stadtrivalen war groß, sich nach Platz 14 in der Vorsaison wieder in La Liga etablieren zu können. Zurecht. Zu Saisonbeginn stand ein ordentlicher Kader, der eigentlich nichts mit dem Abstieg hätte zu tun haben sollen. Zudem wurde mit Diego Martinez ein aufstrebender Trainer geholt, der bereits in Granada über drei Saisons unter Beweis gestellt hat, was er aus einer kleineren Mannschaft herausholen kann. Doch in Barcelona ging der Schuss nach hinten los. Ausgerechnet die Defensive, Martinez’ eigentlichem Steckenpferd, zeigte die Mannschaft ungewohnte Unzulänglichkeiten. Abstimmungsschwierigkeiten, aber auch individuelle Aussetzer sorgten für 69 Gegentore – höchster Wert der abgelaufenen Spielzeit. Mit Stürmer Joselu musste man fast schon Mitleid haben. Seine 16 Gegentreffer sorgten immerhin dafür, dass die Chance auf Rettung bis zum vorletzten Spieltag Bestand hatte.

La Liga hat ein Rassismus-Problem

Leider muss auch über eine Kategorie der ganz hässlichen Sorte gesprochen werden. Spätestens mit der abgelaufenen Saison kann man konstatieren: La Liga hat ein Rassismus-Problem. Neben Vinicius Junior, der gleich mehrfach betroffen war, wurden Nico Williams, Samuel Chukwueze und mutmaßlich auch Antonio Rüdiger Opfer fremdenfeindlicher Beleidigungen und Affenlaute. Und das alles, während Verbände und Justiz tatenlos zusahen. Übelste Anfeindungen gegen Vinicius im Rahmen des Madrider Stadtderbys rechtfertigte die Staatsanwaltschaft gar mit „maximaler sportlicher Rivalität“. Laufende Ermittlungen stellte man ein, da der Vorfall „nur wenige Sekunden“ gedauert habe.

Immerhin: Nach den jüngsten Anfeindungen gegen „Vini“ beim Gastspiel in Valencia reagierte die Liga mit einer Kampagne gegen Rassismus. Auch die Justiz griff endlich durch und machte rückwirkend Täter ausfindig. Dennoch ist auch das nicht mehr als der Anfang eines steinigen Weges, bei dem man nicht einmal weiß, ob Verbände und Staat bereit sind, ihn zu gehen.

(Photo by PIERRE-PHILIPPE MARCOU/AFP via Getty Images)

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