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·17. November 2025
Nagelsmanns gepamperte Stars: Wie soll man mit denen je Erfolg haben?

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·17. November 2025

Mir ist seit Freitagabend gegen 23 Uhr klar: Auch wenn sich das DFB-Team im Gruppenfinale gegen die Slowakei direkt für die WM qualifizieren sollte, ist das Minimalziel WM-Halbfinale noch nie weiter entfernt gewesen als jetzt. 2026 könnten selbst Mannschaften wie Kap Verde oder Neukaledonien leicht zu unüberwindbaren Hürden werden.
Ich sag‘ euch auch, warum.
Julian Nagelsmann lieferte im Anschluss an das 2:0 gegen Luxemburg eine der schlimmsten Analysen, die ich je von einem Bundestrainer gehört habe: Nach der ersten Desaster-Hälfte habe er nicht das Gefühl gehabt, sagte Nagelsmann, „dass es die Mannschaft verträgt, wenn man super draufhaut“.
Zum besseren Verständnis: Es stand zur Pause 0:0 gegen eine Nation, die in der Weltrangliste nur einen Platz vor Palästina liegt – auf Position 97. Ich bin ein für allemal desillusioniert.
Er hat das echt gesagt. Mir wurde ganz anders, als ich es hörte. Ich dachte: Wie bitte? Schlecht spielen und dann keine Kritik ertragen – redet Nagelsmann von den besten Spielern einer Nation, die vier Mal Weltmeister wurde, oder analysiert er gerade die Leistung der Klasse 5/6-Schulauswahl eines Vorort-Gymnasiums?
Ich hatte mich angesichts unglaublich schwankender Leistungen schon in den vergangenen Monaten gefragt: Was ist bloß mit unseren Stars los – ist ihnen der Erfolg bei ihren Klubs zu Kopf gestiegen? Manchmal schien mir das deutsche Team wie ein Pferd, dass sie immer nur so hoch springt, wie es im Moment sein muss. Bestes aktuelles Beispiel: Leroy Sané.
Anders ist nicht zu erklären, warum die WM-Teilnahme sogar dann am seidenen Faden hängt, wenn sich so viele Mannschaften aus Europa wie nie zuvor (16) qualifizieren können.

Sind Goretzka, Gnabry, Wirtz, Sané, Tah & Co. zu gepampert, wie die Nagelsmann-Aussage vermuten lässt? Könnten den Stars die Tränen kommen, und man müsste sie am Kragen auf den Platz zerren, wenn sie zu harsch kritisiert würden, die Armen?
Mimimimimi.
Eine andere Möglichkeit: Nagelsmann schätzt seine Spieler falsch ein. Wann sollte ein Trainer auf Weltklassespieler draufhauen, wenn nicht nach einem 0:0 zur Pause gegen einen Fußballzwerg, der sogar 1:0 oder 2:0 hätte führen können, und wenn eine WM-Teilnahme auf dem Spiel steht?
Zumal ja einige der Männer, die sich gegen Luxemburg Fünfen und Sechsen einhandelten, beim FC Bayern unter Vincent Kompany fast dauernd sensationelle Leistungen zeigen.
Nur ein Beispiel: Jonathan Tah.
„In der Zweikampfführung extrem konsequent. Am FCB-Abwehrboss bissen sich die PSG-Superstars die Zähne aus. Ein echtes Weltklassespiel von Tah. Note: 1“, las ich nach dem sensationellen Auftritt der Bayern beim 2:1 in Paris über den Innenverteidiger auf Focus.de.
Nur zehn Tage später in Luxemburg blieb Tah „deutlich unter seinen Möglichkeiten. Im Duell mit Christopher Martins zog er häufig den Kürzeren – auch wegen seines schwachen Stellungsspiels. Seine Spieleröffnung war ungenügend. Note: 5“ (Frankfurter Rundschau). Martins spielt bekanntermaßen nicht beim amtierenden Champions-League-Sieger PSG, sondern beim russischen Tabellensechsten Spartak Moskau.
Wie kann das denn sein?
Es gibt für mich nur drei Möglichkeiten, das deutsche Leistungsdesaster zu erklären: Die Nationalspieler schicken ihre unbekannten Zwillingsbrüder zum DFB (1.), das deutsche Trikot liegt zu schwer auf den Schultern (2.), oder Nagelsmann ist nicht Psychologe genug, um das Letzte aus seinen Leuten herauszukitzeln (3.).
Das Schlimmste daran: Heute Abend gegen 23 Uhr wissen wir wahrscheinlich auch nicht mehr.
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