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·20. Oktober 2025
Schalke 04 ist wieder da! Oder?

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·20. Oktober 2025
Stell dir vor, du betrittst eine Autobahnraststätte, bestellst Kartoffelsalat mit Würstchen und eine Cola, kriegst dann aber Kalbsrücken in Morchelrahm mit glasierten Babykarotten und ein Glas Château Margaux, Jahrgang 1982. Die Bedienung stellt dir das Ganze super gelaunt hin, fragt, wie’s denn so geht, und aus der Küche hallt auch kein Geschrei.
Die Preise? Sind okay: „Macht zusammen 17,50“, sagt die Bedienung.
Völlig verrückt. Aber so ungefähr muss man sich den FC Schalke 04 im Herbst 2025 vorstellen.
Ich erkenne den Traditionsklub jedenfalls kaum wieder. Auf Schalke, wo seit der Vizemeisterschaft 2018 nur Chaos (inkl. zweier Abstiege) herrschte, ist plötzlich das Paradies ausgebrochen. Es wird getroffen, gelacht, gewonnen, und Angst vor dem Abstieg in Liga drei muss auch niemand mehr haben. Im Gegenteil. Nach dem 3:0 in Hannover am Freitag, dem vierten Auswärtssieg in Folge, standen die Königsblauen, formerly known as Königsgrauen, sogar 40 Stunden lang auf Platz 1.
Ich meine nicht Platz 1 der Google-Suchrangliste, wenn man „Angst Zoff Ruhrgebiet“ eingegeben hat. Ich meine die Spitze der Zweitligatabelle, die zum Betreten des Harry-Kane-Palasts berechtigt.
Was steckt hinter dem Wandel?
Oft macht man es sich ja auf der Suche nach Erfolgsursachen im Fußball leicht: Einfach das anführen, was neu ist. Auf Schalke funktioniert das aber wirklich so. Neuer Manager, neue Spieler, neuer Trainer – jede Personalie war 2025 ein Volltreffer.
Sportvorstand Frank Baumann (seit April im Amt) setzte im Juni den weltweit ziemlich unbekannten Miron Muslic von Englands Zweitliga-Absteiger Plymouth Argyle auf die Bank – und seitdem läuft’s, vor allem hinten: Die Abwehr kassierte in den letzten drei Spielzeiten im Schnitt 1,89 Tore pro Saison, jetzt sind es 0,5.
Warum? Muslic lebt eine Höchstleistungskultur vor, kann inspirieren und begeistern.
Der letzte Satz ist übrigens nicht von mir, den hat Baumann vor dem Saisonstart gesagt. Jedes Wort stimmte.
Das heißt: Muslic liefert den Fans für 17,50 Euro (soviel kostet die günstigste Stehplatzkarte in der Veltins-Arena) genau die Mannschaft, die sie schon immer sehen wollten – eine, die mit Leidenschaft, Kampfgeist und Immerweitermachen nicht fremdelt.
„Das haben wir vor der Saison so ausgemacht. Die Mannschaft ist gnadenlos, die nutzt mich komplett aus. Aber gegebenes Wort ist gegebenes Wort.“ Miron Muslic, weil die Spieler nach jedem Sieg einen Tag zusätzlich frei bekommt.
„Defend until the end“, nennt der Bosnier seine Marschroute. Da ist er auf Schalke, wo Abwehraktionen bejubelt werden wie anderswo Tore zum 1:0 in der 95. Minute, genau richtig.
Ist Schalke also wieder da? Jeder Fußballexperte, der älter als 7 ist, weiß, dass man mit solchen Aussagen vorsichtig sein muss. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, fühlen wir doch gerade alle (bis auf die Dortmunder) dasselbe: Wir freuen uns auf das Comeback des FC Schalke 04 in der ersten Liga.
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