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·7. Juni 2025
#SGE – Kaderrückblick 2024/25 – Torhüter

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·7. Juni 2025
Wie auch schon vor der Saison und nach der Winterpause haben wir unseren Experten Schnix gebeten, sich mal zum Kader der glorreichen SGE und dessen Leistungen zu äußern. Schnix, Du hast das Wort:
Es ist ja immer ganz nett, sich mal seine Texte von vor der Saison und zur Rückrunde anzugucken und nachzusehen, ob sich die Prognosen denn irgendwie bewahrheitet haben oder eben nicht. Deshalb habe ich mal den Text von vor der Saison stehen lassen und, da es oft nicht so viel fundamental Neues zu sagen gab, den Kommentar nach der Hinrunde in kursiv gelassen und den aktuellen in einer anderen Schrift wieder gerade hinzugefügt. Das wird zwar insgesamt ziemlich lang, erspart einem aber das umständliche Hin- und Herklicken zwischen Alt und Neu.
Winterpause: Insgesamt haben unsere Recken ja eine furiose Hinrunde (jaja, die ist noch nicht ganz fertig) gespielt, und auch, wenn sie vor der Winterpause, mit einem allerdings absurden Spiel gegen Mainz, doch ein paar Fehler drin hatten, vorne wie hinten, die sie im Saisonverlauf davor nicht hatten, war das größtenteils begeisternd und hat sie auf Rang drei gespült. Den zu halten wird wie immer sauschwer, aber wenn sie das halten und weiterentwickeln können, was sie bis dahin auf den Platz gebracht haben, ist das nicht ausgeschlossen. Warum nicht das Stuttgart der letzten Saison sein?
Saisonende: Fast. Fast waren wir das Stuttgart der Vorsaison, kein Vizemeister, aber glorreicher Dritter und damit irgendwie doch das Stuttgart der Vorsaison. Denn wie diese haben wir daran festgehalten, auf junge Spieler zu setzen und diese zu entwickeln, nur sind wir nicht, wie Stuttgart vorher, in Abstiegsgefahr geraten. Nein, wir waren sogar in der Europa-League, und da im Viertelfinale. Nun sind wir völlig verdient das erste Mal in der Vereinsgeschichte über die Liga in der Champions-League gelandet. Herrje, welche Leistung!!!
Wie ist das mit Euch, findet Ihr das auch interessant, wie Ihr ohne das Wissen von Heute über irgendwas geurteilt habt, oder seid Ihr mehr die Fraktion „Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern?!“
Kommen wir zu unseren Helden:
Tor
1 Kevin Trapp
Saisonbeginn: Tja, und schon sind wir bei einer Personalie, die einem dezente, wenn auch nur leichte, aber dann doch Sorgenfalten auf die Stirn zaubert. Der gute Kevin hat nämlich in der letzten Saison seine Souveränität eingebüßt. Schweißtropfen verursacht er auf keiner Stürmerstirn mehr. Höchstens auf der des Trainers. Des eigenen. Und der eigenen Fans. Das mag zum Teil etwas Nörgeln auf immer noch hohem Niveau sein, allerdings gibt es doch auch einigen Grund zur Kritik. So richtig sehr schwierige Bälle, die sogenannten Unhaltbaren, hat er in der vergangen Saison keine gehalten. In den ersten beiden Spielen dieser Saison auch nicht. Ich wage zu behaupten, die beiden Schüsse von Bynoe-Gittens hätte er in seiner tollen Europapokal-Saison gehabt. Und sogar das Hoffenheim-Tor verhindert. Der gute Kevin ist derzeit weit von seiner Bestform entfernt, so ist er zwar immer noch kein schlechter Keeper, aber im Bundesliga-Schnitt sicher nur noch Durchschnitt. Schwer zu sagen, ob ihn seine Rückenverletzung immer noch beeinträchtigt, physisch oder psychisch, oder ob ihn der Verlust seines Platzes in der Nationalmannschaft sehr beschäftigt. Das letzte Mal hat ihm ja einen trotzigen Schub gegeben, hoffen wir, dass es jetzt auch so ist.
Trapp lebt von seinen Qualitäten auf der Linie und im Eins-gegen-Eins, seine Strafraum-Beherrschung war schon immer okay aber ausbaufähig, und sein Spiel mit dem Fuß, zumindest das was die langen Bälle betrifft, hat sich seit er von PSG stark verbessert zurückkam, eigentlich kontinuierlich verschlechtert. Seine Qualitäten auf der Linie und sein Eins-gegen-Eins haben sich nun aber ebenfalls verschlechtert, was dann sicher gewaltig am Selbstvertrauen nagt, und diese verloren gegangene Sicherheit verbessert das Nervenkostüm unseres Sensibelchens im Tor nun auch nicht sonderlich. Im Ordnen der Abwehr vor ihm scheint er immer noch ganz gut zu sein, immerhin.
Als Gesicht der Mannschaft ist er für Eintracht Frankfurt immer noch ein unverzichtbarer Spieler, gerade jetzt, wo Seppl und Makoto weg sind. Als multilingualer Spieler spielt er sicher auch in der Kabine und im Training eine exorbitant wichtige Rolle, so dass man nur hoffen kann, dass er wieder richtig in die Spur findet. Als große Baustelle würde ich ihn (noch) nicht sehen, dazu ist seine Grundqualität zu hoch, aber er sollte schon baldmöglichst seine Souveränität wiederfinden. Dass er seine langen Bälle schnell oder überhaupt noch verbessern können wird, daran glaube ich irgendwie nicht mehr.
Winterpause: Tja, mit meiner damaligen Einschätzung lag ich wohl ziemlich richtig. Leider hat er einige, durchaus spielentscheidende Patzer drin gehabt, und auch seine Selbstsicherheit hat er nicht wirklich wiedergefunden.
Saisonende: Auch nach der Saison hat sich an meiner Einschätzung nichts geändert; als Kaua sich verletzt hat, war er Gottseidank wieder hergestellt und hat solide agiert, auch wenn ich ihm das ein oder andere Gegentor ankreide.
Beim 1:1 gegen Pauli z.B. habe ich gewartet, dass er endlich bei der nach rechts schwenkenden Kamera am rechten Bildrand auftaucht und den langen Ball locker abfängt. Er kam aber nicht. Klebte auf der Linie. Und jetzt gegen Freiburg macht er, anstatt zwei Schritte raus zum Einwurf hin, vier Schritte weg vom Geschehen und versucht dann nicht einmal, Doans Abschluss auf der Linie zu klären. Das war der einzige Abschluss Freiburgs aufs Tor, alles andere hat unsere Abwehr geklärt, also kommt mir jetzt nicht mit „aber sonst war er doch souverän.“. Nein, war er nicht. Bei einem langen Ball fällt dieser dem völlig perplexen Stürmer auf den Kopf, (im Nachhinein war’s dann auch Abseits, aber das wusste Kevin da noch nicht) weil Trapp sich bei der Flanke total verschätzt und drunter durchhüpft. Die Betonung liegt auf „hüpft“! Denn er ist nur gehüpft, nicht gesprungen, wie auch bei dem eigentlich schon geklärten Angriff mit der Bogenlampe zum 1:1 von Pauli. Da ist er sogar nur kaum gehüpft, eher nach hinten umgefallen. Das war ganz schlecht und hätte uns die CL kosten können. Von einem Torwart, der bei einem CL-Team die Nr.1 sein will, erwarte ich, dass er solche Bälle hält.
Um es ganz klar zu sagen, ich mag den Kevin, und Europapokalheld ist er sowieso für immer, aber ich halte seine Tage für gezählt. Es wird spannend sein, wie es mit ihm weitergeht. Ich schätze, man wird an ihm festhalten, bis Kaua zurück ist, aber dann…
14 Kauã Santos
Saisonbeginn: Dass der junge Brasilianer jetzt der Stellvertreter von Trapp ist und dabei den grundsoliden Jens Grahl verdrängt hat, gibt schon mal einen Fingerzeig auf seine Leistungsfähigkeit. Und bescheinigt der Mannschaftsführung den Mut, ihn entsprechend zu fördern und ihm zu signalisieren, dass man an ihn glaubt. Gut so! Wie weit der Junge nun wirklich ist, kann ich schwer beurteilen, dafür habe ich ihn einfach zu wenig gesehen. Fußballerisch ein klares Upgrade zu Kevin, was auch, despektierlich gesagt, nicht so schwierig ist. Durch seine Futsal-Vergangenheit könnte der wahrscheinlich auch einigen Feldspielern noch was vormachen. Auf der Linie scheint er wohl schon ziemlich gut, und als recht großgewachsener Torwart erhoffe ich mir irgendwann auch eine bessere Strafraum-Beherrschung als bei Kevin.
Das A und O wird, wie immer bei jungen Torhütern sein, dass man ihm irgendwann das Vertrauen und Spielpraxis gibt, die alle Torwächter brauchen. Dabei wird man in Kauf nehmen müssen, dass er natürlich noch nicht über die Erfahrung und Ausstrahlung eines älteren Kollegen verfügen kann und ganz sicher Patzer und Unsicherheiten haben wird. Wenn man einen Torwart aus dem eigenen Nachwuchs perspektivisch zum Nachfolger des Platzhirsches aufbauen will, dann muss man ihn auch Fehler machen lassen. Sonst kann man sich das Geld sparen und irgendwann abrupt gleich einen etablierten Ersatz verpflichten. Freiburg hat das gut gemacht mit Atubolo. Der ist zwar auch lange noch nicht so weit, wird aber mittlerweile schon als erweiterter Nationalmannschafts-Kandidat gehandelt. Und Fehler hat der genug gemacht. Gehört dazu. Ich würde mir wünschen, man ließe Santos durchaus im Pokal mal ran. Aber, wie gesagt, so wirklich beurteilen kann ich seine Leistungsfähigkeit nicht.
Winterpause: Da ist der Wunsch, ihn mal ranzulassen auch sehr schnell Wirklichkeit geworden durch Kevins Verletzung. Ich finde, er hat sein großes Potenzial gezeigt, und natürlich hat er als junger Torwart auch seine Patzer drin gehabt, die dann, das liegt in der Natur seiner Position, direkt mit Gegentoren bestraft wurden. Ich halte ihn aber trotzdem für geeignet, Kevins Nachfolge anzutreten, und ich hätte auch keine Angst, ihn bei entsprechender Notwendigkeit wieder ins Tor zu stellen. Er wird aus seinen Fehlern lernen. Und dann ist er irgendwann ein kompletterer Torwart als Kevin.
Saisonende: Auch hier bleibe ich bei meiner Einschätzung. Tragisch für ihn, dass er sich jetzt so schwer verletzt hat. Aber man sieht schon, welches Potenzial er hat. Und er wird viele Flanken und hohe Bälle herunterpflücken, bei denen Kevin den Oka gibt und auf der Linie kleben bleibt. Das wiederum wird unsere Abwehr besser, noch besser, machen, denn sie werden wissen „Torwart kommt“ und sich dann aufs Wegblocken von Gegenspielern konzentrieren können. Ich hoffe, er kommt stark wieder zurück, und man gibt ihm das Vertrauen wie Freiburg Atubolo. Kaua ist besser!
33 Jens Grahl
Saisonbeginn: Zu ihm braucht man eigentlich nicht viel zu sagen. Wir wissen, dass er da ist, falls er gebraucht wird. Er ist nach wie vor wichtig, als erfahrener Spieler, um in der Kabine und im Training den ganzen Küken Orientierung zu geben. Das tut er, und er meldet keinerlei Ansprüche an. Einige werden sagen, schade, hätte er mal machen sollen, um dem Kevin etwas Feuer unter dem Allerwertesten zu machen. Aber das Format hatte er einfach zu keiner Zeit. Es ist schon gut, wenn man auch so Spieler im Kader hat, von denen man um ihre Verlässlichkeit weiß, die aber ihre Hauptaufgabe anders definieren.
Winterpause: Da gibt’s nichts hinzuzufügen.
Saisonende: So ist’s immer noch.
Titelbild: Markus Gilliar/Getty Images