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Selina Eckstein·2. Dezember 2023
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Selina Eckstein·2. Dezember 2023
Der Weg zum Punkt wird länger und länger. Die Beine sind schwer. Nun lastet die Verantwortung des gesamten Teams auf deinen Schultern. Bloß nicht den Elfer verschießen. Anlaufen, schießen, hoffen. Der Ball zappelt im Netz. Noch bevor du begreifst, dass das der entscheidende Schuss war, pfeift der Schiri ab. Es folgt pure Ekstase.
Jubel und Ekstase erlebte die deutsche U17 nach dem Halbfinale gegen Argentinien. Da es nach 90 Minuten 3:3 stand, ging es direkt ins Elfmeterschießen. Am Ende war es Paris Brunner, der zum letzten Elfer für Deutschland antrat und den Ball im rechten Eck versenkte. Danach folgte der Freudentaumel inklusive Trikot ausziehen.
Schon während des Spiels war der BVB-Youngster einer der entscheidenden Spieler auf dem Platz. Erst erzielte er die Führung für Deutschland, ehe er in der zweiten Hälfte zum 2:2 ausglich. Doch nicht nur im Halbfinale zeigte sich, wie wichtig der 17-Jährige für das gesamte Team ist, sondern auch im Viertelfinale gegen die Spanier.
Im Strafraum wurde Brunner während des Spiels gefoult und schnappte sich dann selbst den Ball. Der Gefoulte tritt beim Elfmeter niemals selbst an, lautet eine alte Fußball-Weisheit, an die auch einige deutsche Fans gedacht haben dürften.
„Ich wollte ihn unbedingt machen! Klar war ich auch ein bisschen nervös – aber mindestens genauso überzeugt, dass es klappt“, verriet das BVB-Juwel nach dem Sieg im DFB-Interview. Denn Brunner trat an und verwandelte den Elfmeter. Fußball-Weisheit mal wieder widerlegt.
Die deutsche U17 widerlegt aber nicht nur Fußball-Weisheiten, sondern zeigt das, was sich viele Fans wohl auch von der A-Nationalmannschaft wünschen würden: „Mentalität und die Lust zu verteidigen“. So brachten die Nachwuchskicker den Sieg gegen Spanien über die Ziellinie, wie Brunner rückblickend sagt.
Mit der Nationalmannschaft erlebt der Stürmer aktuell einen Höhenflug. Nun wartet das Finale gegen Frankreich. Das sah vor knapp anderthalb Monaten noch ganz anders aus.
„Paris ist ein herausragend, talentierter Spieler“, sagte Edin Terzić, nachdem Brunner einige Einheiten bei den Profis absolviert hatte. Doch während eines Trainings habe es „einen Vorfall“ gegeben, woraufhin der Youngster suspendiert wurde. Das war am 18. Oktober. Aufgrund seines Alters wolle der Verein nicht genauer auf die Umstände eingehen. Laut Medienberichten dachten die Verantwortlichen aber auch über einen Rauswurf aus dem Verein nach.
Aus diesem Grund soll es ein Treffen zwischen Sebastian Kehl, BVB-Nachwuchschef Lars Ricken, Brunner und dessen Eltern gegeben haben. Ende Oktober wurde der U19-Profi dann begnadigt. Der Klub bestätigte es zunächst gegenüber ‚Sport1‘ und ‚Bild‘, Anfang November wurde er bei der 1:3-Niederlage der U19 gegen Duisburg eingewechselt und stand wieder auf dem Platz.
Diese turbulenten Wochen schienen keinen Einfluss auf seine Teilnahme an der U17-WM in Indonesien zu haben, denn nur ein paar Tage nach Brunners Begnadigung wurde er von Bundestrainer Christian Wück nominiert. Der weiß, was er an Brunner hat.
Schon bei der Europameisterschaft im Sommer tat Brunner das, was Stürmer eben tun, nämlich Tore schießen. Mit vier Treffern wurde er einer der vier Turnier-Torschützen. Gemeinsam mit Noah Darvich habe Brunner „die Jungs mitgezogen mit ihrer Leistung und ihrem Auftreten“, sagte Wück am Rande des DFB-Pokal-Finals, als seine Spieler für den EM-Titel geehrt wurde.
Auch bei der Nominierung für den WM-Kader stellte der Bundestrainer heraus, dass sein Team „individuelle Offensivspieler hat, die ein Spiel alleine entscheiden können“ und spielte damit auch auf Brunner an. Durch seine erzielten Tore hat der Dortmunder mittlerweile außerdem ein „extrem ausgeprägtes Selbstvertrauen“, führte Wück in einem Interview mit ‚Spox‘ und ‚Goal‘ aus.
Außerdem bezeichnete der deutsche Nationaltrainer ihn als „sehr reflektierten Spieler“, der weiß, wo er hin will und was er dafür investieren muss. „Das zeichnet ihn aus und ist in meinen Augen der Hauptgrund, weshalb er im vergangenen Jahr eine solch rasante Entwicklung genommen hat“, fügte Wück an.
Von seinen Qualitäten sind auch die Schwarz-Gelben überzeugt. „Seine größten Stärken besitzt Brunner mit Sicherheit im Abschluss, auch unter Druck, und der Chancenerarbeitung“, erzählen Niklas Kuhr und Klaus Pablo Torgau vom Projekt „BVBJugend“ im Gespräch mit ‚transfermarkt.de‘ und bezeichnen den Youngster als einen agilen Spielertypen, der seinen Körper einzusetzen weiß, um Bälle festzumachen.
Auf einen solchen Nachwuchskicker will wohl auch der BVB nicht verzichten. Ob es letztendlich für die Profis reicht, werden die nächsten Jahre zeigen. Wie schnell es im Fußballgeschäft von der einen in die andere Richtung gehen kann, hat Brunner schließlich bereits kennengelernt, ehe er überhaupt volljährig war. Egal, wohin ihn sein Weg führt, die Erfahrungen, die er gemacht hat, können ihm in seiner Karriere noch helfen. Heute führt ihn sein Weg aber erst mal ins WM-Finale. Und vielleicht ja auch zum Titel.