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·28. Oktober 2025
Von wegen Anti-Fußball: Wieso Arsenal jetzt Favorit auf den Titel ist

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·28. Oktober 2025

Seit dem vergangenen Wochenende steht für mich fest: Der FC Arsenal ist der Topfavorit auf die englische Meisterschaft.
Nicht etwa, weil die Gunners gegen Crystal Palace ein Fußballfeuerwerk abbrannten, sondern weil sie es nicht taten und dennoch gewannen (1:0). Pragmatisch und unspektakulär. Anders als Manchester City (0:1 gegen Aston Villa) und der FC Liverpool (2:3 gegen Brentford), die am Wochenende ebenfalls schlechte Tage erwischten und jeweils patzten. Anders als Arsenal in den Jahren zuvor, gerade gegen die Kleinen, gerade wenn die Konkurrenz die Tür aufmachte.
Mit 22 Punkten führt das Team von Mikel Arteta die Tabelle nach neun Spieltagen an. Sechs Zähler beträgt der Vorsprung auf ManCity, sieben auf den Titelverteidiger aus Liverpool. Das ist kein Zufall. „Sie sind mit Abstand die beste Mannschaft des Landes“, sagte selbst Jamie Carragher. Eine Aussage, die der Reds-Ikone sicherlich nicht leicht von den Lippen ging.
In den Sozialen Medien herrscht ein anderer Tenor: „Set piece FC“ (zu deutsch „FC Standard“),“nicht nachhaltig“, „zu defensiv“, ja sogar von „Terrorfussball“ ist dort zuweilen die Rede. Von Anti-Fußball.
Zugegeben. Diese Kommentare stammen meist von Fans rivalisierender Klubs oder derer, die es gerne wären. Neid, Missgunst, Vereinsbrille. Das gehört dazu. Genauso wie das Kalkül der Medien, diese Narrative zu füttern und auszuschlachten. Interaktionen, Reichweite, Klicks.
Dennoch ist natürlich etwas an den Aussagen dran. Am Sonntag benötigte Arsenal mal wieder ein Standardtor zum Sieg – elf der 16 erzielten Treffer fielen nach ruhenden Bällen. Das sieht nicht nach Meisteroffensive aus.
Und ja, Arsenals Defensive ist dichter als Artetas Haupthaar: Erst drei Gegentore sind auf dem Konto. Gegen Crystal Palace, das zuvor die meisten expected Goals (17,4) und Großchancen (33) der Premier League kreiert hatte, ließen die Gunners genau einen Schuss aufs Tor zu – übrigens der erste im Monat Oktober: Keeper David Raya hätte Home Office machen können.
Aber verdient das Spott?
Ist man „defensiv“, wenn man ligaweit die meisten Ballkontakte im gegnerischen Sechzehner hat? Oder kann man Arteta „Mourinho-Ball“ vorwerfen, wenn er so hoch pressen lässt? Sind durchschnittlich 60 Prozent Ballbesitz und die viertmeisten Abschlüsse etwa „Terrorfußball“? Wohl kaum.
Eine Kritik müssen sich die Gunners jedoch gefallen lassen: Sie kreieren bislang noch zu wenige Chancen aus dem Spiel heraus. Nicht weil sie es nicht wollen, sondern weil die Gegner oft nicht mitspielen. Sogar Pep Guardiola wählte am 5. Spieltag gegen seinen ehemaligen Schüler einen fast schon unterwürfigen Ansatz – 32,8 Prozent Ballbesitz hatte ManCity beim 1:1 im Emirates – der geringste Wert eines Pep-Teams aller Zeiten.
Und genau mit solchen tiefen Blöcken tun sich die Gunners 2025/2026 noch sehr schwer. Weil mit Kai Havertz noch der Spieler fehlt, der die Räume schafft, und mit Martin Ödegaard derjenige, der sie findet. Und weil Neuzugang Viktor Göykeres ein direkter Stürmertyp ist, den es in diesem System noch nicht gab. Ausfälle und Anpassungsschwierigkeiten: Es hakt noch im letzten Drittel.
Doch die spielerische Überlegenheit führt zumindest zu vielen Klärungsversuchen des Gegners und damit zu Ecken – den meisten der Liga (67). Dass daraus so viele Tore resultieren, ist kein Glück, sondern eine Qualität. Die Varianten sind kreativ, akribisch einstudiert und in Perfektion umgesetzt. Opportunismus.
Anders als ManCity nach einem größeren Umbruch, und der FC Liverpool, bei dem der Transfersommer mehr Schein als Sein war, verfügt Arsenal über die Möglichkeiten, verschiedenste Probleme zu kompensieren.
Genau das ist der Unterschied zu den drei Vizemeisterschaften zuvor: Die Nordlondoner haben diese Saison die Breite, selbst mehrere Schlüsselspieler adäquat zu ersetzen, die mit Abstand beste Defensive und eine Offensive, die selbst dann genügend Tore produzieren kann, wenn sie auf Sparflamme läuft.
Was Arsenal bisher macht, ist weder unansehnlich noch vergänglich. Es ist meisterlich.









































