MillernTon
·13. September 2025
Vorbericht FC St. Pauli – FC Augsburg (3. Spieltag, 25/26)

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·13. September 2025
Der FC St. Pauli empfängt am Sonntag den FC Augsburg und möchte den guten Saisonstart fortführen. Es ist eine richtungsweisende Partie für beide Clubs.(Titelfoto: Stefan Groenveld)
Die Länderspielpause wurde hoffentlich zum durchatmen genutzt. Denn für den FC St. Pauli steht nun das schwere Spiel gegen den FC Augsburg an. Kein Flutlicht gegen einen ChampionsLeague-Teilnehmer, keine Stadtmeisterschaft, „nur“ der FC Augsburg. Für den FCSP steht nun also der Liga-Alltag an. Dabei ist der FCA alles andere als mit einem „nur“ zu versehen, auch wenn er das für viele verkörpern mag. Und genau da liegt oft das Problem, wenn es gegen sie geht: Der FC Augsburg wird kleiner gemacht, als er ist. Entsprechend könnt ihr euch vorstellen: Das wird in diesem Vorbericht, ganz so wie Sandro Wagner es gefällt, nicht geschehen. Aber zu hoch ist die Hürde FCA für den FC St. Pauli natürlich auch nicht.
Sicher ausfallen werden David Nemeth, Karol Mets, Ricky-Jade Jones und Abdoulie Ceesay. Mets macht Fortschritte, man wird ihn wohl in den nächsten Wochen wieder im Kader sehen. Für Ceesay reicht es leider am Wochenende nicht, er muss sich noch weiter von seiner Fußverletzung erholen.Alle Nationalspieler sind wohlbehalten zurückgekehrt und Alexander Blessin zeigte sich mit der Spielansetzung zufrieden: „Wir nehmen dankend an, dass das Spiel erst am Sonntag ist. Wir hatten zusammen bereits zwei Tage und haben morgen auch noch einen weiteren Tag, um uns gut auf die Partie vorzubereiten.“
DAS Thema in Sachen Kader ist natürlich die bevorstehende Rückkehr von Jackson Irvine. „Es ist schön, dass der Kapitän wieder an Bord ist“, sagte Blessin, der zudem die Wichtigkeit von Irvine für das Team auch während seiner Verletzung hervorhob. Einem möglichen Startelfeinsatz schob der FCSP-Cheftrainer aber einen Riegel vor: „Er wird im Kader stehen, nach vier Monaten braucht er aber noch ein bisschen.“
Die Personalsituation beim FC Augsburg haben wir bereits am Donnerstag in einem separaten Artikel beleuchtet. Nun erklärte Cheftrainer Sandro Wagner, dass Innenverteidiger Keven Schlotterbeck und Linksverteidiger Dimitrios Giannoulis am Sonntag sicher nicht dabei sein werden, ebenso wie die Offensivspieler Anton Kade und Samuel Essende. Fragezeichen gibt es zudem bei den Offensivkräften Robin Fellhauer, Alexis Claude-Maurice, auch ein Einsatz von Rechtsverteidiger Marius Wolf ist unsicher.
Zwei weitere Spieler werden dem FC Augsburg am Sonntag nicht zur Verfügung stehen: Steve Mounie und Yusuf Kabadayi wechselten am Freitag in die Türkei (dort war das Transferfenster noch offen). Der FCA hat also zwei Offensivkräfte abgegeben. Allerdings haben die Fuggerstädter auch kurz nach dem letzten Ligaspiel mit Fabian Rieder und Ismaël Gharbi zwei neue Offensivspieler nach Augsburg gelotst. Ob beide direkt am Millerntor auf dem Rasen stehen werden, ließ Wagner auf der PK allerdings offen.
Was diesen Sommer beim FC Augsburg los gewesen ist, passt so gar nicht zu dem Image der grauen Maus der Bundesliga, welches sie zweifelsohne besitzen. Der Club hat medial einen durchaus sehr aufregenden Sommer verbracht. Das liegt nicht allein daran, dass Sportchef und Trainer entlassen wurden. Die Entlassung von Trainern hat beim FCA eine inzwischen saisonale Tradition. Vielmehr ist es der neue Cheftrainer, der für Aufsehen sorgt: Sandro Wagner hat den Posten an der Seitenlinie übernommen – und mit ihm gibt es nun einen medialen Fixpunkt in Augsburg, jemand, der durchaus als Farbtupfer für die gesamte Bundesliga bezeichnet werden darf. Wagner war zuvor Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft (von dessen Cheftrainer es eine eher kühle Verabschiedung gab, mit dem Hinweis, dass Wagner „ein Alphatier“ sei). Davor war er Cheftrainer in Unterhaching, also in der Regionalliga Bayern – also ist er noch ohne richtig Erfahrung auf hohem Niveau als Cheftrainer.
Wenn man sich daran erinnert, wie Sandro Wagner auf und neben dem Platz während seiner Spielerkarriere gewesen ist, dann wundert die „Alphatier“-Aussage von Julian Nagelsmann keineswegs. Wagner polarisierte schon als Spieler und daran hat sich wohl nur wenig geändert, wenn man ihn in den ersten beiden Ligaspielehn beobachtet hat. Er nimmt für sich in Anspruch zu sagen, was er denkt, sich nicht hinter Floskeln zu verstecken. Das könnte in Teams Vertrauen schaffen, weil es eine direkte Kommunikation ist. Nagelsmann erklärte deshalb auch wenig verwunderlich: „Sandro hatte einen guten Draht zu den Spielern.“ Auffällig ist auch, dass er seine Spieler starkredet. Was er damit erreichen will? Emotionen und Selbstvertrauen erzeugen.
Ich finde, dass sich erst noch zeigen muss, ob Sandro Wagner auf diesem Niveau übehaupt ein guter Trainer sein kann. Ein arg emotionales Verhalten und eine (zu) starke Bindung zu Spielern erzeugt auch immer Reibung. Reibung führt zu Abnutzung und kann letztlich auch dafür sorgen, dass so ein Projekt scheitert. Aber Reibung erzeugt auch Energie. Ihn jedenfalls ohne diese Erfahrung an die Seitenlinie zu holen, ist sicher ein gewagtes Unterfangen. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso mehr verstehe ich es aus Augsburger Sicht. Die Emotionen, die braucht der Club vielleicht. Er möchte sie auf jeden Fall haben, wie Andy sehr anschaulich im „Vor dem Spiel“-Gespräch erklärte. Der FCA möchte zudem einen anderen Fußball spielen, möchte attraktiver sein, ein anderes „Mindset“ an den Tag legen – und unbedingt das Image der grauen Maus ablegen. Man darf über Wagner vieles sagen, auch negatives, aber die Farbe Grau repräsentiert er nicht.
Ausgestattet mit ganz viel „Ich Tarzan, Du auch!“-Attitüde: Sandro Wagner emotionalisiert den FC Augsburg in seiner Rolle als Cheftrainer.
(Alexander Hassenstein/Getty Images/via OneFootball)
Und zumindest die ersten Pflichtspielergebnisse unter Sandro Wagner lesen sich gut: Erste Pokalrunde überstanden, überraschend in Freiburg gewonnen, „nur“ 2:3 gegen Bayern München verloren. Die Spiele aber waren weit nicht so gut, wie es die Ergebnisse vermuten lassen. Nur der 1. FC Heidenheim hat bisher einen höheren xG-Wert zugelassen, kein Club mehr gegnerische Torschüsse. Und wer jetzt entgegnet: Jahaa, aber die haben ja auch gegen die Bayern gespielt! – das stimmt, aber der xG-Wert des SC Freiburg war noch größer. Der FC Augsburg zeigte sich defensiv alles andere als sattelfest und war offensiv vor allem sehr effizient.
Also ist der FC Augsburg gar nicht so stark wie angenommen? Das nun auch wieder nicht. Aber dass (defensiv) noch nicht alles so rundläuft zu Saisonbeginn wird wohl durchaus in Kauf genommen. Zumindest erklärte Wagner bereits, dass es sich in dieser Spielzeit um eine Art Übergangsaison handele. Ob dieser Übergang in dieser Saison gelingt, wird man aber erst sehen müssen. Mit Thorup (24/25) und Maaßen (23/24) gelang die Metamorphose vom Zerstörerfußball hin zu einem offensiv attraktiven Spielstil jedenfalls nicht. Wagner ist nun der dritte Cheftrainer, der an diesem Vorhaben arbeitet.
Ob diese Umstrukturierung in Augsburg nun gelingt oder nicht: Den „Wagner-Effekt“, ein hochmotiviertes Team, dürfte man am Sonntag am Millerntor sehen, da ist sich Alexander Blessin sicher: „Ich erwarte sie hungrig und kampfeslustig, so wie sich ihr Trainer auch gibt.“ Dabei dürfte aber gerade die Arbeit der Fuggerstädter gegen den Ball etwas sein, bei der sich der FC St. Pauli Chancen ausrechnet. Blessin selbstbewusst: „Wir haben ein paar Sachen erkannt, bei denen wir ansetzen können und wo wir ihnen wehtun wollen.“
Mit dem Ball hat der FC Augsburg in den ersten Spielen etwas überraschend mit der offensiven Dreierreihe Fellhauer-Kömür-Saad agiert. Ein richtiger Wandspieler, der „Typ Wagner“, fehlt dabei. Das ist ein Ausdruck der veränderten Ansätze im Offensivspiel: Das Team möchte das Zentrum öffnen und dann genau dort, in die offensiven Halbräume hineinspielen, wo Fellhauer, Saad und Kömür lauern. Das geht alles ein wenig zu Lasten der ansonsten immer sehr präsenten offensiven Außenbahnen in Augsburg. Allerdings dürfte besonders Wolf auf der rechten Seite durchaus zu Recht anmerken, dass der FCA sehr wohl zumindest auf der rechten Außenbahn vorne sehr präsent ist – in Person von Wolf nämlich, der zwar irgendwie ein Teil der hinteren Fünferkette ist, diese Rolle aber traditionell sehr offensiv interpretiert. Man wird auf dem Platz also eine Mischung zwischen 4er- und 5er-Kette bei den Gästen sehen.
Die vielen personellen Fragezeichen beim FC Augsburg machen eine Prognose der Aufstellung extrem schwer. Für Schlotterbeck dürfte Zesiger in die Startelf rücken. Auf der linken Seite deutet vieles auf Pedersen hin, der Giannoulis ersetzt. Doch auch Fellhauer, wenn er denn einsatzfähig ist, kann auf der linken Schienenposition spielen. Er könnte sogar rechts spielen, sollte Wolf ausfallen (dort wäre dann aber wohl eher Rexhbecaj Favorit). Sollte Kömür und/oder Fellhauer ausfallen, gäbe es Platz in der Offensive, den Neuzugang Rieder besetzen könnte (Wagner: „Er hat die Länderspiele gut gespielt, ist voll im Saft und hat richtig Bock.“). Auch der „Typ Wagner“ im Kader, Philipp Tietz, wäre ein Kandidat für ein Spiel, bei dem die Augsburger mit viel Gegenwehr rechnen.
Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen FC Augsburg FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Dzwigala – Pyrka, Sands, Fujita, Oppie – Hountondji, Sinani, Pereira Lage FCA: Dahmen – Matsima, Gouweleeuw, Zesiger – Wolf, Jakic, Massengo, Pedersen – Rieder, Kömür, Saad
Ungewohnt offen beantwortete Alexander Blessin auf der Pressekonferenz die Frage, ob Martijn Kaars ein Startelf-Kandidat sei. Und das nicht mit der direkten Antwort, dass Kaars einen Einsatz von Beginn an nicht verdient hätte, sondern vielmehr mit der klaren Ansage, dass es das bisher vorne eingesetzte Trio bestehend aus Danel Sinani, Andreas Hountondji und Mathias Pereira Lage gut gemacht habe: „Die Jungs ganz vorne haben sich durch die ersten beiden Spiele etwas verdient. Es geht auch um Vertrauen und die Frage, ob wir etwas ändern müssen oder nicht.“ Es darf also davon ausgegangen werden, dass es keine personellen Wechsel geben wird in der Offensive. Die Optionen für Wechsel während der Partie sind aber vielzählig.
Die vielleicht einzige Position, auf der eine personelle Veränderung zumindest denkbar wäre, ist die rechte Schiene. Und hier blieb völlig offen, ob Arkadiusz Pyrka seinen Platz in der Startelf behält oder Manos Saliakas reinkommt, der bei seinen beiden Einwechslungen richtig viel Schwung ins Spiel brachte. Blessin betonte erneut, wie auch vor dem Derby, wie gut es sei, dass man einen so hochwertigen internen Zweikampf um diese Position habe: „Ich habe das Gefühl, dass sich beide an dem Duell hochziehen und eine höhere Leistung abrufen können.“ Auch wenn ich Saliakas etwas vorne sehe im Duell, so gehe ich mit Pyrka. Never change a running team und so.
Ohne diesem dritten Spieltag zu viel Bedeutung beizumessen: Die Partie des FC St. Pauli gegen den FC Augsburg ist für beide Teams richtungsweisend. Nach dem Auftakt gegen den BVB und der Stadtmeisterschaft steht dem FCSP nun ein völlig anderer Gegner gegenüber. Und dieser dürfte, Wagner sei Dank, auf jeden Fall mit der richtigen Einstellung am Millerntor antreten. Genau diese muss auch der FC St. Pauli an den Tag legen. Denn egal, ob das individuelle Niveau nun etwas höher ist als in der Vorsaison oder nicht: Ohne die richtige Bereitschaft wird es ganz sicher genau null Punkte für den FCSP geben. Das Team ist also gefordert, vielleicht besonders unter diesen Umständen. Ein echter Charaktertest also.
Forza!// Tim
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