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·25 March 2025
England fordert mehr: Erweckt Tuchel die „schlafenden Löwen“?

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·25 March 2025
Thomas Tuchel hat auch im zweiten Spiel mit der englischen Nationalmannschaft einen ungefährdeten Sieg gefeiert. Die große Begeisterung auf der Insel bleibt aber weiterhin aus.
Thomas Tuchel zeigte die Siegesfaust, dem wahren Gegner musste sich Englands Nationaltrainer jedoch erst nach dem Schlusspfiff stellen. „Es war kein einfaches Spiel“, resümierte der 51-Jährige nach dem 3:0 (1:0) im zweiten WM-Qualifikationsspiel gegen Lettland deswegen vorsichtshalber zurückhaltend – denn die englische Presse fand trotz des souveränen Sieges kaum lobende Worte.
„Schlafende Löwen“, urteilte der Daily Star, dem „Wunsch des Trainers nach mehr Spannung“ wurde die Mannschaft auch laut des Daily Mirror nicht gerecht. Und überhaupt: England sei „langweilig und aufgescheucht“, so die Daily Mail.
Worte, die auf der Insel böse Erinnerungen an Tuchels unpopulären Vorgänger wecken. „Glauben Sie nicht, das wäre der Beginn einer Revolution“, urteilte die Mail weiter scharf. Schließlich ist der Auftrag des Deutschen auf der Insel klar – „wie ein Wirbelwind“ soll Tuchel das Mutterland des Fußballs zurück zu alter Größe führen, bislang wirke er aber lediglich „wie eine leichte Brise“.
Denn eigentlich wird von Tuchel erwartet, Gareth Southgate in allen Belangen zu übertrumpfen. Neben dem angestrebten ersten WM-Triumph seit 60 Jahren soll der Deutsche den so hochtalentierten Three Lions vor allem wieder die Spielfreude schenken. Schließlich hatten die Hochbegabten um Bayern-Star Harry Kane und Jude Bellingham von Real Madrid zuvor eher mit Pragmatismus, nicht aber mit attraktivem Offensivfußball geglänzt.
Nach nur zwei Spielen unter seiner Leitung lässt sich Tuchel von der englischen Negativität jedoch längst noch nicht beirren. „Ich bin zufrieden mit der Einstellung, der Energie und dem Willen“, sagte er. Natürlich gebe es weiterhin „noch Raum für Verbesserungen“, trotzdem habe er aber bereits „viel Positives zum Mitnehmen gesehen“.
Vor allem der Auftritt von Reece James überzeugte Tuchel, der Abwehrspieler hatte mit seinem Freistoß-Traumtor für eines der wenigen Highlights der ersten Hälfte gesorgt. „Die Qualität des Jungen ist fantastisch“, lobte Tuchel enthusiastisch: „Er hat jedes Recht, stolz und glücklich über seine Leistung zu sein.“
Trotz der positiven Bilanz aus den ersten Qualifikationsspielen ist der Druck auf Tuchel noch immer enorm, alle Augen sind weiterhin auf den 51-Jährigen gerichtet. „Seine Neigung zu Konflikten könnte sich als schädlich erweisen“, hielt Phillip Lahm kürzlich in seiner auf The Athletic veröffentlichen Kolumne fest. „Wenn er scheitert“, so der Ex-Nationalspieler, „liegt es nie an der Taktik, sondern an den zwischenmenschlichen Beziehungen.“
Auf die nächste Chance, die englische Presse für sich zu gewinnen, muss Tuchel noch warten. Am 7. Juni feiert er gegen Andorra seine Auswärtspremiere, gegen die Nummer 171 der Weltrangliste bräuchte es aber wieder einmal mehr als nur einen Sieg, um die Gunst der Engländer zu gewinnen.
SID
Photo by Harry Murphy/Getty Images