feverpitch.de
·27 October 2025
Juventus Turin und die Illusion der schnellen Lösung

In partnership with
Yahoo sportsfeverpitch.de
·27 October 2025

Trainer Igor Tudor ist Geschichte bei Juventus Turin. Nach sieben Monaten, acht sieglosen Spielen und vier Partien ohne eigenes Tor zog der Rekordmeister die Reißleine. Die Entlassung des Kroaten offenbart ein Problem, das weit über die Person des Trainers hinausgeht: Juventus ist zu einem Klub der halben Sachen geworden.
Die nackten Zahlen sprechen gegen Tudor. Acht Pflichtspiele ohne Sieg sind für einen Verein dieser Größenordnung inakzeptabel. Das spektakuläre 4:4 gegen Borussia Dortmund in der Champions League mag unterhaltsam gewesen sein, dokumentierte aber vor allem defensive Nachlässigkeiten. Wenn dann noch die Offensive komplett versagt – vier Spiele ohne Treffer sind ein Armutszeugnis für jeden Spitzenklub – wird die Lage unhaltbar. Der Absturz auf Rang acht der Serie A nach der 0:1-Niederlage bei Lazio Rom war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Doch die eigentliche Misere liegt tiefer. Tudor war bereits der zweite Trainer innerhalb von sieben Monaten. Er hatte im März Thiago Motta beerbt, der ebenfalls nach kurzer Zeit scheiterte. Diese Drehtür-Politik ist symptomatisch für einen Klub, der seine Identität verloren hat. Juventus agiert wie ein Getriebener, nicht wie ein Gestalter. Die Tatsache, dass schon in der Sommerpause Spekulationen über Tudors Ablösung kursierten, zeigt: Hier fehlte von Anfang an das Vertrauen in den eingeschlagenen Weg.
Die Kandidatenliste für die Nachfolge liest sich wie ein Best-of italienischer Trainerveteranen. Luciano Spalletti, Roberto Mancini, Raffaele Palladino – alles respektable Namen, aber wo ist die Vision? Wo ist der Mut zu einem wirklich neuen Ansatz? Stattdessen setzt man auf Massimo Brambilla als Interimslösung, den Trainer der eigenen Drittligamannschaft. Das wirkt eher wie Schadensbegrenzung als wie Aufbruch.
Tudor hatte immerhin die Champions-League-Qualifikation gesichert, wenn auch ohne Titel. Das war das Minimalziel, mehr nicht. Aber genau diese Minimalziel-Mentalität ist das Problem. Juventus denkt in Trainerwechseln statt in Konzepten. Man hofft auf den Heilsbringer auf der Bank, statt die strukturellen Defizite anzugehen.
Die wahre Krise bei Juventus ist keine Trainerkrise. Es ist eine Krise der Geduld, der Kontinuität und letztlich der Klubführung. Solange man glaubt, mit dem nächsten Trainerwechsel alle Probleme lösen zu können, wird sich der Abwärtstrend fortsetzen. Tudor mag gescheitert sein, aber sein Scheitern ist vor allem das Scheitern eines Systems, das auf kurzfristige Effekte statt auf nachhaltige Entwicklung setzt.









































