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·14 October 2025
Keine Not im DFB-Tor: Drei Erkenntnisse aus der Länderspielpause

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·14 October 2025
Aus den Duellen mit Luxemburg und Nordirland hat das DFB-Team sechs Punkte mitgenommen. Was bleibt sonst aus der Länderspielpause?
Zwei Spiele, zwei Siege, ein Torverhältnis von 5:0. Die Bilanz der Oktober-Länderspielphase liest sich so, wie man es bei Spielen gegen Luxemburg und Nordirland von einer deutschen Nationalmannschaft erwarten darf. Dennoch lief noch längst nicht alles so, wie es sich Bundestrainer Julian Nagelsmann vorstellt.
Gerade gegen das leidenschaftliche Nordirland geriet die Mannschaft phasenweise ins Schwimmen, nahm den Kampf aber voll an und verdiente sich so den Arbeitssieg in Belfast. Gerade im Spiel mit dem Ball blieb die deutsche Auswahl jedoch einiges schuldig. Im November soll die Qualifikation für die WM in den USA, Mexiko und Kanada unter Dach und Fach gebracht werden, danach will Nagelsmann in den Feinschliff für die Endrunde gehen.
Dabei warten auf den Bundestrainer noch einige große Baustellen. Umso wichtiger, dass man bis dahin keine weitere aufmacht, wo eigentlich gar keine ist. Zum Beispiel zwischen den Pfosten, wo Oliver Baumann erneut zweimal seinen Kasten sauber hielt und gegen Nordirland mit starken Paraden den knappen Auswärtssieg sicherte.
Der Hoffenheimer ist seit rund einem Jahr die erste Wahl im DFB-Tor, einzig beim Final Four der Nations League stand der aktuell verletzte Marc-Andre ter Stegen im Kasten. Obwohl sich Baumann nichts zuschulden kommen lassen hat, gilt er in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin nur als Platzhalter für einen langfristigen Erben von Manuel Neuer – oder gar für Neuer selbst, schließlich nahm die Diskussion um eine Rückkehr des 39-Jährigen zuletzt immer mehr an Fahrt auf.
Foto: Getty Images
Nagelsmann reagierte nach dem Spiel in Belfast genervt auf das leidige Thema. Die Diskussion sei nicht zielführend und helfe keinem, so der Bundestrainer: „Ich glaube auch nicht für Manu. Für die Ruhe, die er bei Bayern braucht für seine zweifelsfrei guten Leistungen. Meines Wissens ist Manu auch zurückgetreten. Ich wundere mich, warum wir das jede Woche drei Stunden diskutieren.“
Der designierte Neuer-Kronprinz ter Stegen fehlt weiterhin verletzt und muss im Winter zunächst einen neuen Verein finden, ehe er wieder an eine WM-Teilnahme denken kann. Beim FC Barcelona ist der Kapitän der Katalanen nur noch die Nummer drei.
Baumann bewies dagegen erneut, dass er der Mannschaft gut tut. Fußballerisch ist der Hoffenheimer nicht besonders beschlagen, ist eher ein Keeper klassischer Prägung. Das steht dem DFB-Team, dessen Gerüst immer noch auf sandigem Fundament steht, allerdings gut zu Gesicht. Der 35-Jährige strahlt Ruhe aus und hält der Mannschaft Punkte fest. Für eine Torwartdiskussion, da hat Nagelsmann recht, gibt es derzeit nicht den geringsten Anlass.
„Wir vermissen Jamal (Musiala) und Kai (Havertz) weiterhin in Kreativsituationen“, stellte Nagelsmann nach der Partie gegen Nordirland unverblühmt fest. Ohne die beiden Offensivspieler kreierte das DFB-Team gerade einmal 0,97 xG (expected goals) gegen die wackeren Briten, die die deutsche Mannschaft alleine mit ihrer Leidenschaft vor große Probleme stellten.
Foto: Getty Images
Auch beim 4:0 gegen Luxemburg wirkte die Auswahl phasenweise ideenlos, Musialas Tempodribblings und Havertz‘ clevere Läufe sowie ihre Präsenz im Kombinationsspiel fehlten an allen Ecken und Enden. Auch wenn Serge Gnabry seine Sache gut machte und Nick Woltemade sich nicht nur wegen seines ersten Länderspieltores immer besser einfügt, sind die beiden Ausnahmekönner nicht zu ersetzen. Auch Florian Wirtz, der letzte verbliebene aus dem Top-Trio der Heim-EM, konnte nur in Ansätzen überzeugen, alleine kann auch der ehemalige Leverkusener die Offensive nicht schultern.
Nagelsmann muss hoffen, dass Havertz, Musiala und auch Mittelstürmer Tim Kleindienst nach ihren Verletzungen schnell wieder zu alter Klasse finden.
Wenn die Offensive nicht glänzen kann, muss eben die Defensive die Spiele gewinnen. War die deutsche Hintermannschaft gegen Luxemburg noch weitestgehend unbeschäftigt, bekam die Viererkette in der zweiten Halbzeit gegen Nordirland einiges zu tun und meisterte ihre Aufgabe.
Klar, die nordirische Nationalmannschaft zählt – bei allem Respekt – nicht zu der Kategorie von Gegner, mit der man sich beim DFB messen lassen muss. Dennoch bewies die Verteidigung, dass sie immer besser zusammenwächst. In der Abwehrzentrale harmonieren Jonathan Tah und Nico Schlotterbeck weitaus besser, als es Tah und Antonio Rüdiger im September noch taten.
Gerade die Rückkehr des Dortmunders Schlotterbeck ist von unschätzbarem Wert für die Nationalelf. Im Spielaufbau macht dem Linksfuß selbst im internationalen Vergleich kaum einer was vor, in Kombination mit dem fußballerisch weniger begabten, dafür zweikampfstärkeren Tah, könnte Nagelsmann bereits sein WM-Duo gefunden haben.
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Joshua Kimmich bewies derweil einmal mehr etwas, was er wahrscheinlich gar nicht beweisen wollte: Als Rechtsverteidiger ist er viel wertvoller als im Mittelfeld. Agiert der Kapitän als rechter Teil der Viererkette, ermöglicht er den von Nagelsmann favorisierten Dreier-Aufbau und schließt eine Lücke, die er mit der zwischenzeitlich Versetzung auf seine Lieblingsposition im Zentrum selber gerissen hat. Für die Doppelsechs stehen weitaus mehr starke Alternativen zur Verfügung als auf der Rechtsverteidigerposition.
Hinten links machte David Raum gegen Nordirland eine solide Partie, gegen Luxemburg gelang ihm sogar sein erstes Länderspieltor. Derzeit scheint der Leipziger die Nase klar vorn zu haben, Konkurrent Maximilian Mittelstädt schaffte es nichtmal in den Kader.
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