
Rund um den Brustring
·17 de agosto de 2025
Unvollendet

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Yahoo sportsRund um den Brustring
·17 de agosto de 2025
Anders als im Vorjahr, als die DFL dem Doublesieger jeden Wunsch von den Lippen ablas, waren die Rahmenbedingungen für den zweiten Supercup-Gewinn nach 1992 für den VfB diesmal gar nicht mal so schlecht. Dass es nicht gelang, dem großen Titel einen kleinen folgen zu lassen, hat nicht nur mit der Qualität des Gegners zu tun.
Wie bereits angekündigt, war mir der Supercup im Vorhinein nicht so super wichtig. Immerhin kann ich jetzt sagen, dass ich den VfB auch in diesem Wettbewerb gesehen habe — wer weiß, wann die Gelegenheit wieder kommt. Gleichzeitig ist ein Pflichtspiel natürlich ein Pflichtspiel und wenn der VfB einen, wenn auch weniger wertigen, Pokal gewinnen kann — wieso nicht? Schließlich hatten die Spieler des DFB-Pokal-Siegers im Vorhinein auch angekündigt, dass man Appetit bekommen habe, den Trophäenschrank weiter zu füllen. Abgesehen davon, dass es gegen den Rekordmeister ging, hatten die Brustringträger mit dem Heimspiel in einem Stadion mit voll funktionsfähigen Torkameras auch sonst bessere Voraussetzungen als im Vorjahr. Während man aber gegen Leverkusen — mal wieder — kurz vor Schluss einen Gegentreffer hinnehmen musste, war das 1:2 gegen die Bayern am Ende eher ein wenig schmeichelhaft.
Nun habe ich schon von jemandem auf Twitter gelesen, dass der gegen einen Drittligisten und mehrere Zweitligisten errungene Pokalsieg ohne einen Triumph im Bayern-Legenden-Cup wertlos wäre. Das ist natürlich grober Unfug und dennoch wäre der Supercup eine willkommene Gelegenheit gewesen, nicht nur auf dem Transfermarkt ein (vermeintliches) Zeichen zu setzen, sondern auch auf dem Platz. Dann kann es immer noch passieren, dass man gegen München verliert. Wie in der Vorsaison, als man den Doublesieger am Rande einer Niederlage hatte, geht man dann aber mit gestärktem Selbstvertrauen in die Liga. Dieses Ziel bleibt, wie so vieles am Samstagabend, noch unvollendet.
Wie zum Beispiel der Kader. Allzu offensichtlich war die Lücke, die durch den Abgang von Enzo Millot und die bisher noch nicht getätigte Verpflichtung eines Nachfolgers entstanden ist. Sie wurde nämlich meist mit langen, hohen und ihrerseits häufig unvollendeten Pässen auf Möchtegern-Bayern-Spieler Nick Woltemade überbrückt. Der hielt sich freilich schadlos und kämpfte um jeden hohen Ball, wurde aber entweder von Dayot Upamecano oder vom überforderten Harm Osmers an der Weiterverarbeitung gehindert. Auch Chris Führich hätte durchaus jemanden gebrauchen können, der ihm auf dem linken Flügel Druck macht, aber dazu war die Verpflichtung von Tiago Tomás dann doch etwas zu kurzfristig. Kurz: Dem VfB ging lange offensiv völlig die Struktur ab, erst mit dem Seitenwechsel von Jamie Leweling wurden die Offensivaktionen konsequenter.
Aber leider, bis auf den Kopfballtreffer eben jenes Leweling nach Vorlage von Neuzugang Chema, unvollendet. Deniz Undav vergab gute Schusspositionen überhastet und Nick Woltemades Torriecher war an diesem Samstagabend so verschnupft wie sein Berater. Dass man gegen die Bayern seine Chancen nutzen muss, um eine Chance zu haben, ist eine Binsenweisheit. Dem VfB ging aber nicht nur die Torgefährlichkeit ab, sondern lange auch der ebenso wichtige Mut: Offensiv agierte man häufig zu umständlich, verlor im Mittelfeld wichtige Bälle und war häufig auf den Flügeln defensiv bloßgestellt. Alleine von der Qualität der Chancen her hätten sich die Bayern den Supercup schon in der ersten Halbzeit sichern können. Immerhin: Der VfB biss sich ins Spiel zurück, nachdem er sich zuvor mal wieder ein wenig selber geschlagen hatte: Die unglückliche Abwehr von Luca Jaquez führte zum 0:1 und beim 0:2 rückte man nicht nur in Unterzahl zu hoch auf, sondern hätte nach Ansicht von Sebastian Hoeneß das Tor schon in der Entstehung verhindern können.
Ich gehe zwar nicht so ganz bei der sehr positiven Bewertung des Spiels mit, weil wir mal wieder gegen die Bayern mit relativ vollen Hosen ins Spiel gingen. Die bemerkenswert offene Kritik von Hoeneß an der Entstehung des 0:2 macht aber auch deutlich, dass man sich intern der noch vorhandenen Defizite durchaus bewusst ist. Klar ist: Der Kader muss noch vervollständigt werden und wir spielen nicht jede Woche gegen Mannschaften diesen Kalibers. Schon die nächsten beiden Auswärtsspiele in Köpenick und Braunschweig werden aber auch ein Test für die Widerstandsfähigkeit der Mannschaft sein. Da muss es wieder heißen: Brust(ring) raus.
Dabei sieht es so aus, als hätte nicht nur der Supercup unter besseren Vorzeichen stattgefunden, sondern als würde man auch unter besseren Bedingungen in die Saison gehen. Die Mannschaft, die Ende Januar auf Platz 4 stand, bleibt wohl mit Ausnahme von Enzo Millot zusammen — kein Vergleich mit dem Umbruch des letzten Sommers, als man gleichzeitig den Topstürmer und die komplette Innenverteidigung ersetzen musste. Gleichzeitig muss sich die Mannschaft, die die Saison im Mai auf Platz 9 beendete, auch noch steigern. Gerade das offensive Zusammenspiel über die Flügel und die Einbindung der teuren Stürmer Demirovic und Undav muss besser funktionieren. Defensive Unkonzentriertheiten müssen abgestellt werden und zugleich muss die Mannschaft sich wieder häufiger an ihre Leistungsgrenze strecken. Die Chance und das Potenzial, spielerisch ein bisschen mehr an die Vor-vor-Saison anzuknüpfen, sind da — und warten auf Vollendung.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass analysiert: “Trainer und Mannschaft sahen ein gutes Spiel und fühlen sich gut vorbereitet für den Bundesligastart. Ich finde, es gibt noch einige Hausaufgaben zu erledigen bis zum ersten Auswärtsspiel gegen die unbequemen Unioner.” Stuttgart.international findet: “Der 1:2‑Endstand schmeichelt eher den Hausherren. Goretzka, Kane und Diaz setzen die Highlights in einem über weite Strecken von den Gästen dominierten Spiel.”
Titelbild: © Daniela Porcelli/Getty Images