
Miasanrot
·1 Agustus 2025
„Genug solide Argumente für Vielfalt“: 1. und 2. Bundesliga fehlt es an Diversität

In partnership with
Yahoo sportsMiasanrot
·1 Agustus 2025
Der Jahresbericht von „FUSSBALL KANN MEHR“ zeigt abermals auf, wie wenig divers der deutsche Profifußball in der 1. und 2. Bundesliga aufgestellt ist.
Die 36 Proficlubs der Bundesligen sind in Deutschland im Schnitt weiterhin wenig divers aufgestellt. Nur sechs von 100 Positionen im Topmanagement sind mit einer Frau besetzt. Diese verteilen sich auf lediglich vier Clubs. 32 Fußballclubs in den höchsten deutschen Spielklassen haben also keine Frau auf der höchsten Führungsebene.
Das hat „FUSSBALL KANN MEHR“ (FKM) in einem Jahresbericht zur Diversität der Führungsgremien im deutschen Profifußball herausgefunden. Unter Mitwirkung des Sportwissenschaftlers Matthias Dombrowski wurde ausgewertet, wer die Clubs strategisch und operativ managt und wie die zweite Führungsebene aussieht.
Dafür wurde eine Umfrage an alle 36 Clubs der 1. und 2. Bundesliga geschickt, an der alle teilgenommen haben. Ziel sei es den Gender Data Gap im deutschen Profifußball zu verringern, also die Missstände mit Daten greifbar zu machen.
In den Aufsichtsräten beziehungsweise Kontrollgremien finden sich bei 34 untersuchten Clubs nur 28 Frauen im Vergleich zu 243 Männern. Zwei Clubs haben eine Vorsitzende des Gremiums. Lediglich die durchschnittliche Anzahl an „Direct Reports“ ist leicht angestiegen.
„Direct Reports“ ist die Führungsebene unmittelbar unter dem Top-Management – zum Beispiel Direktor*innen oder Bereichsleiter*innen. Den leichten Anstieg erklärt sich FKM mit einer veränderten Zusammensetzung der Ligen und weniger mit strategischen Entscheidungen.
Mit 19 Prozent sei der Anteil an weiblichen Führungskräften hier aber unverändert klein geblieben. Das Gesamtfazit bleibt ernüchternd.
In den Vereinsgremien gibt es nach wie vor wenig Bewegung, was eine strategische Entwicklung in Richtung Diversität anbelangt. „Mit Werder Bremen, dem FC St. Pauli und jüngst dem HSV haben sich drei Vereine Zielvorgaben für die Zusammensetzung gegeben“, heißt es im Bericht: „Aber insgesamt passiert zu wenig, um Frauen für die Gremien der Vereine zu gewinnen.“
Eine Hürde wären die „hohen zeitlichen Anforderungen des Ehrenamts“. Wie auch in zahlreichen anderen Studien bereits festgestellt, haben Frauen eine deutlich größere Last im Alltag, was beispielsweise die Care Arbeit anbelangt. Der Gender Care Gap lag 2022 bei 43,4 Prozent, was bedeutet: Frauen haben weniger Zeit für ehrenamtliches Engagement.
Im Bericht wird zudem die Sorge darüber geäußert, dass es ein „gesellschaftlicher Backlash“ die Lage verschlimmert. „Was mir Sorge macht, ist, dass neue Gräben entstehen und dass wir Gräben weiter vertiefen“, wird Katja Kraus zitiert, Beiratsvorsitzende bei FKM: „Ich glaube, das wird der entscheidende Rückschritt sein, wenn wir nicht versuchen, wirklich anders mit diesen Dynamiken umzugehen.“
Es gehe auch darum, die aktuellen Prozesse zu hinterfragen, wie Frauen in hohe Positionen gelangen. Man müsse objektivierbare Kriterien definieren, um Gleichstellung zu erreichen. Im Gegensatz zu Männern, „die glauben, sie fördern Frauen, indem sie einzelnen eine Karriereoption anbieten oder besondere Aufmerksamkeit schenken. Dies bleiben subjektive Entscheidungen eines Mannes. Oft aus einer Gönnerhaftigkeit heraus“, so Kraus.
Dass die wichtigsten Führungspositionen mit Männern besetzt werden, habe auch mit emotionalen Entscheidungen zu tun, wie Wiebke Ankersen erklärt, Co-Geschäftsführerin der „AllBright-Stiftung“: „Die Abwägung ‚Ich setze auf die vermeintlich sichere Karte Mann, damit habe ich am meisten Erfahrung, Besetzungen mit Frauen sind irgendwie unsicherer‘ ist keine rationale, sondern eine emotionale.“
Man müsse deshalb versuchen, „Menschen für ein positives, anderes Zukunftsbild zu begeistern, aber im Zentrum muss die sachliche Argumentation stehen“. Es gebe „genug solide Argumente für Vielfalt, für Zusammenspiel von Männern und Frauen in der Entscheidungsfindung und Führung“, von qualitativen Merkmalen bis hin zur Perspektivenvielfalt.
Im Moment gebe es laut Kraus aber eine „Repatriarchalisierung“, die „als Ausdruck von Stärke missverstanden wird“.