FC Bayern München
·19 September 2025
Interview mit Prof. Dr. Dieter Mayer zum 70. Geburtstag

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·19 September 2025
486 Notare gibt es im Freistaat – nur die allerbesten Absolventen werden zugelassen. Über seinen früheren Beruf kam unser 1. Vizepräsident Professor Dr. Dieter Mayer zum FC Bayern. Zum 70. Geburtstag sprachen wir mit ihm über Schwabinger Wurzeln, wegweisende Entscheidungen – und Windsurfen.
Unser Gespräch führen wir am Gardasee, denn bereits in jungen Jahren waren Sie immer wieder zum Surfen hier – was nicht untypisch ist für Münchner… Professor Dr. Dieter Mayer: „Das stimmt, für viele Münchner ist der Gardasee ein besonderer Ort. Wir haben früher, in den ersten Semestern meines Jurastudiums, wann immer es irgendwie ging, mit ein paar Freunden einen alten VW-Bus gepackt und sind zum Surfen hierher. Der Gardasee ist ja bekannt für seine stets konstanten Windverhältnisse: Ganz in der Früh bläst der Nordwind vom Nordufer nach Süden, und ab mittags der Südwind von Süden nach Norden. Wir brauchten damals nicht viel, als Unterkunft hatte ich oft einfach ein Zimmer ohne Frühstück für neun D-Mark am Tag. Die Liebe zum See ist bis heute geblieben. Meine Frau und ich kommen regelmäßig her, vor allem seit meiner Pensionierung. Das mit dem Surfen ist vorbei, alles hat seine Zeit, wir genießen jetzt, zu wandern oder mit dem Mountainbike Runden zu drehen.“
Sie sind gebürtiger Münchner – was war „Ihr“ München in Ihrer Jugend? „Ich bin in Schwabing in der Isabellastraße aufgewachsen und habe am Gisela-Gymnasium am Elisabethplatz mein Abitur gemacht. Damals war Schwabing der Hotspot für junge Leute schlechthin, im Grunde aus der ganzen Welt, man kann sich das heute gar nicht mehr so vorstellen, was da los war. Die Beatles waren da und alles, was Rang und Namen hatte. Meine Nachbarschaft um die Münchner Freiheit war die Feiermeile schlechthin.“
Sie haben sich Ihr Studium hart verdient, erzählen Sie doch bitte mal. „Meine Eltern hatten nicht die Möglichkeiten, mein Studium zu finanzieren. Ich bin deshalb jeden Tag in der Früh um sechs Uhr in der Dachauer Straße in München im Postamt für Eilzustellung angetreten, habe bis neun Uhr mit einem VW-Käfer Post ausgefahren und bin dann anschließend in die Uni gegangen. Es war eine harte Zeit, aber die Erfahrung war sehr hilfreich für mich.“
Wie und wann kam der Fußball in Ihr Leben? „Mein Vater war von Anfang an begeisterter Bayern-Fan und hat meine Fußballleidenschaft stets gefördert. Nach der Schule wurden die Hausaufgaben erledigt, danach ging es zum Kicken in den Englischen Garten, Luitpoldpark oder ins Ungererbad. Mit 17 habe ich dann unter dem damaligen Trainer und ehemaligen Bayern-Spieler Jakob Drescher das erste Mal in der Mannschaft des DSC München in der Bezirksliga gespielt.“
Wegweisende Entscheidungen tragen seine Handschrift – Dieter Mayer hat immer den Überblick.
Wann begann Ihre Leidenschaft für den FC Bayern? „Mein Vater hat mich damals in unserer ersten Bundesliga-Saison 1965 zum Lokalderby gegen 1860 ins Grünwalder Stadion mitgenommen und mir eine Bayern-Fahne in die Hand gedrückt, mit den Worten: „Wir sind für die Roten, denn die Roten sind die Guten!“ Dafür bin ich ihm bis heute noch sehr dankbar. Meine Idole hießen Franz Beckenbauer, Bulle Roth, Uli Hoeneß, etwas später kam Karl-Heinz Rummenigge dazu. Ich werde nie vergessen, wie ich mit meinen damals zehn Jahren Beckenbauer bei der WM in England bewundert habe. Nie mehr habe ich einen anderen Spieler gesehen, der mit einer solchen Eleganz und Leichtigkeit Fußball spielt.“
Sie gelten als Stratege im Verein – aber Sie waren früher selbst ein engagierter Fußballer, unter anderem bei den legendären Montagskickern an der Säbener Straße. „Dazu muss ich etwas ausholen: Ende 2001 hat mich der damalige Vizepräsident Fritz Scherer auf Empfehlung von Roland Berger gebeten, als Notar die Ausgliederung der Profiabteilung des FC Bayern aus dem Verein zu betreuen. Am 14. Februar 2002 stimmten die Mitglieder der Ausgliederung zu – eine wegweisende Entscheidung, ohne die es wohl keine Allianz Arena gäbe und der Club in den vergangenen 20 Jahren nicht eine so beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben hätte. Für mich war das damals ein Traum: Ich durfte meinen Lieblingsclub als Notar betreuen. Dadurch entstand eine Nähe zu Beckenbauer, Uli Hoeneß, Rummenigge und Karl Hopfner, und eines Tages fragte mich Rummenigge, ob ich denn auch kicken könne. Sie können sich vorstellen, dass das schwer zu beantworten ist, wenn die Frage vom zweimaligen Fußballer Europas gestellt wird. Aber ab dann durfte ich jeden Montagabend mit meinen Jugendidolen auf den Platz. Ich sage noch heute immer scherzhaft, vermutlich haben sie einen gebraucht, dem sie den Ball durch die Füße spielen können. Wir spielten immer fünf gegen fünf auf zwei kleine Tore, und meine Hauptaufgabe war es meistens, das eigene Tor abzusichern – damit dürfte mein Spielstil ausreichend beschrieben sein (lächelt).“
Wie ist es denn so, mit diesen Weltstars auf dem Platz zu stehen? „Ich werde mich immer an mein erstes Spiel erinnern. Bevor es losging, hatte ich mich bei allen anständig vorgestellt – der Einzige, der mich ignorierte, war Hans Pflügler. Es waren dann keine fünf Minuten gespielt, da lag ich einen halben Meter in der Luft. Pflügler half mir auf und grinste mich an: „Und ich bin der Hans!“ Ab da wusste ich, dass dieser Kick kein Kaffeekränzchen ist, sondern es ernst zur Sache geht und es von erheblicher Bedeutung ist, wer gewinnt.“
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Haben Sie eigentlich einen Lieblingsplatz beim FC Bayern – einen, der nichts mit Sitzungen zu tun hat? „Mein Lieblingsplatz ist natürlich in der Allianz Arena. Unser Präsidium um Herbert Hainer, Walter Mennekes und mich sitzt da direkt in der Reihe vor Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge – und ich sage Ihnen dazu eines: Kein Kommentar eines Fernsehreporters kann hier auch nur annähernd einen vergleichbaren Informations- und Unterhaltungswert liefern (lächelt).“
Als Notar hat man mit Regeln, Paragrafen und Präzision zu tun – wie sehr hilft Ihnen dieser Hintergrund in Ihrer Funktion als Vizepräsident? „Nun, ich bin ja als Vizepräsident auch für die rechtlichen Angelegenheiten des Vereins zuständig, und auch als Mitglied des Aufsichtsrats der AG habe ich immer wieder Rechtsfragen zu klären. Manchmal wird gewitzelt – „ach, ihr Juristen“ –, aber natürlich ist allen klar, dass zur professionellen Führung eines Weltclubs die Beachtung eines juristischen Regelwerks gehört. Da ich auch für die Finanzen des Vereins, der Basketball GmbH und als Vorsitzender des Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat für die Kontrolle der Finanzen der AG verantwortlich bin, ist mein juristischer und betriebswirtschaftlicher Background durchaus hilfreich.“
Was motiviert Sie persönlich, sich für den Verein zu engagieren? „Wie schon erzählt, liebe ich den FC Bayern seit meiner Kindheit. Diesem Club dienen zu dürfen, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich bin jetzt seit elf Jahren im Präsidium, und in dieser Zeit hat der FC Bayern fast 200.000 Mitglieder hinzugewonnen – eine einzigartige Entwicklung. Wir haben die besten Mitglieder und Fans der Welt, und die Aufgabe ist, dass sie immer stolz auf ihren Verein sein können. Wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass der Verein und die AG trotz der rechtlichen Trennung stets als Einheiten eines gemeinsamen Clubs agieren. Wir alle sind der FC Bayern. Es wäre eine Ehre für mich, wenn mich der Verwaltungsbeirat erneut für die Wahl zum Präsidium nominiert, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn mir die Mitglieder bei der Jahreshauptversammlung Anfang November wieder ihr Vertrauen schenken.“
Was macht den FC Bayern aus? „Natürlich seine Erfolge und Titel. Aber der FC Bayern ist viel mehr als nur Sport. Hinter dem Club stehen eine so große Tradition und eine so reiche Geschichte mit so vielen einzigartigen Persönlichkeiten und einer unglaublich starken Vereinsidentität, die geprägt ist von Ehrgeiz und Professionalität, aber vor allem auch durch Vorbildfunktion, Respekt, Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt. Es ist unsere Aufgabe im Präsidium, diese Werte permanent zu leben und sich aber auch immer bewusst zu machen, dass man immer nur ein ganz kleiner Teil des großen Ganzen ist.“
Der Verein hat seine Dialogformate ausgebaut, er hat nun sein Ehrenamtsprogramm „PACK MA’S“ gestartet, ist in der Bewegungsförderung aktiv, engagiert sich im Rahmen von „Rot gegen Rassismus“ für Vielfalt – macht das einen Club heutzutage aus? „Ja, denn der FC Bayern hat die Verpflichtung, mit seiner enormen Popularität und großen Reichweite auch seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Wir können viel bewirken – im und durch den Dialog. Bei „PACK MA’S“ wollen wir ehrenamtlich Tätige einbinden, um uns als Verein gesellschaftlich noch mehr zu engagieren. Das Ehrenamt ist generell eine wichtige Säule in Deutschland – die hier geleisteten Stunden entsprechen volkswirtschaftlich jährlich einem zweistelligen Milliardenbetrag. Durch unsere Initiative „Rot gegen Rassismus“ setzen wir regelmäßig Akzente beim Engagement für Vielfalt und gegen Diskriminierung jeder Art. Mit all diesen Formaten wollen wir unsere Philosophie leben: Dieser Club muss eine Heimat für alle Menschen sein.“
Sie waren zum Beispiel letzten Sommer in Seoul beim Obdachlosen-Team Südkoreas und jetzt während der Klub-WM in Charlotte bei einem Programm, das sozial benachteiligte Menschen unterstützt. „Dass der FC Bayern präsent ist, wo man Menschen in Not helfen kann, ist enorm wichtig. Dabei gilt es zu zeigen, dass beim FC Bayern jeder Mensch willkommen ist, egal, welchen Hintergrund er hat. Soziale Verantwortung muss immer Teil unserer Vereins-DNA bleiben.“
Wie erleben Ihre Freunde Sie eigentlich privat – eher der strukturierte Planer, der Notar oder der spontane Genießer, der Surfer? „(schmunzelt) Ich denke, in meinem Freundeskreis bin ich eher der spontane Genießer – die Welt ist bekanntlich kompliziert genug.“
Gibt es etwas, das Sie gut können, was man von Professor Dr. Mayer nicht erwarten würde – etwa kochen oder Kartentricks? „Also, das letzte Mal ambitioniert gekocht habe ich in der, nennen wir es: „Werbephase“ um meine Frau Christine – das ist schon mehr als 46 Jahre her, und ich glaube, sie hat mich nicht wegen, sondern trotz meiner Kochkünste geheiratet. Ihr und meiner Familie bin ich insgesamt für ihre Unterstützung in all den Jahren zutiefst dankbar. Mit der Musik verhält es sich ähnlich wie mit dem Kochen. Ich beginne meist beim Tanz, wenn ich so weit bin – und nicht, wenn der Takt es vorgibt. Ich denke, ich bin ein ganz passabler Skifahrer und Schachspieler. Leider ist aufgrund des langen Engagements für meinen Beruf vieles andere auf der Strecke geblieben. Jetzt nehme ich mir wenigstens Zeit, mein Italienisch etwas zu verbessern, um am Gardasee mal ein Glas Wein zu bestellen.“
Früher Surfer am Gardasee, heute Stratege im Hintergrund: Dieter Mayer ist seit elf Jahren im Präsidium, zudem hat er einen Sitz im Aufsichtsrat.
Was bringt Sie zum Lachen – und worüber können Sie herzlich lachen? „Lachen kann ich über jeden Witz meines geschätzten Kollegen Walter Mennekes – obwohl ich den einen oder anderen schon zigmal gehört habe. Walter ist ein unverzichtbarer Teil des Präsidiums, und es liegt an ihm und unserem Präsidenten Herbert Hainer, dass unsere Präsidiumssitzungen – trotz häufig ernster Themen – immer in entspannter und fröhlicher Atmosphäre stattfinden. So kann man kollegial und harmonisch zusammenarbeiten.“
Was sind die Ziele des Präsidiums für die nächste Zeit? „Wir wollen den Dialog mit unseren Mitgliedern und Fans weiter intensivieren, denn sie sind das Herzstück unseres Vereins. Durch unsere Stammtische, Fanclubtreffen und andere Formate können wir im persönlichen Austausch stets auf Wünsche, Anregungen, aber auch auf Kritik eingehen. Ich denke, Herbert Hainer lebt das vorbildlich vor – es ist bewundernswert, mit welchem Engagement er den Austausch mit unseren Fans und Mitgliedern sucht. Ein besonderer Dank gilt auch dem engagierten Team um unsere Geschäftsführung mit Benny Folkmann und Kiki Hasenpusch, das herausragende Arbeit leistet.“
Was wünschen Sie sich persönlich für die Zukunft des FC Bayern – als Vizepräsident, aber auch als Fan? „Ich wünsche mir, dass der FC Bayern sportlich erfolgreich und dabei immer selbstbestimmt bleibt. Ein Club, bei dem immer der Fußball und seine Fans im Zentrum stehen. Ein Club, bei dem nie die Ware Fußball den Blick auf den wahren Fußball verstellt. Ein Club, der auch in Zukunft das „Mia san mia“ lebt, durch Selbstbewusstsein, Stolz, Verantwortungsgefühl, Zusammenhalt und Identifikation mit der eigenen Tradition. Wenn all das so bleibt, bin ich glücklich – der Vizepräsident wie der Fan Dieter Mayer.“
Das Interview erschien in der aktuellen Ausgabe des FC Bayern-Clubmagazins „51“: