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·2 agosto 2025
Kahn demontiert sein eigenes Erbe

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·2 agosto 2025
Oliver Kahn warnt vor der Monotonie der Bundesliga. Zwölf Bayern-Titel in 13 Jahren, sagt der ehemalige Vorstandschef, seien ungesund für den Wettbewerb. Die Ironie dieser Aussage entgeht ihm offenbar: Kahn selbst hat als Spieler und Funktionär jahrzehntelang von genau diesem System profitiert, das er nun kritisiert.
Seine Analyse trifft dennoch ins Schwarze. Wenn ein Verein mit 300 Millionen Euro Kaderbudget gegen Teams mit einem Zehntel dieser Summe antritt, ist das Ergebnis vorhersehbar. Die Chancengleichheit existiert nur noch auf dem Papier. Kahns Forderung nach einer Reform der Einnahmenverteilung klingt vernünftig, wirkt aber aus seinem Mund wie eine späte Bekehrung. Während seiner Zeit als Bayern-Boss hat er selbst dafür gesorgt, dass die Schere weiter aufging.
Der Verweis auf Florian Wirtz‘ Wechsel nach Liverpool statt zu den Bayern zeigt die ganze Misere. Wenn selbst die größten deutschen Talente die Bundesliga meiden, hat die Liga ein Relevanzproblem. Kahns Beobachtung, dass international kaum jemand zwischen Bundesliga, Serie A und Ligue 1 unterscheidet, während Premier League und La Liga davonziehen, ist schmerzhaft präzise.
Die Lösungsvorschläge bleiben vage. Andere Einnahmenverteilung, bessere Nachwuchsförderung, Reformen auf europäischer Ebene – das klingt nach dem üblichen Funktionärsgerede. Konkret wird Kahn nicht. Dabei wäre genau das nötig: radikale Ideen statt Allgemeinplätze. Eine harte Gehaltsobergrenze nach amerikanischem Vorbild? Eine drastische Umverteilung der TV-Gelder? Davon spricht er nicht.
Kahns Aussagen spiegeln eine weit verbreitete Meinung wider, dass die Bundesliga international an Ansehen verliert. Die Zustimmung zu Matthias Sammers Kritik an der „trügerischen Attraktivität“ unterstreicht das. Beide haben recht: Der deutsche Fußball redet sich die Lage schön, statt Probleme anzupacken.
Oliver Kahn diagnostiziert die Krankheit korrekt, war aber selbst Teil des Erregers. Seine Warnung vor einem sich verfestigenden System, in dem reiche Klubs durch neue Wettbewerbe wie die aufgeblähte Klub-WM noch reicher werden, ist berechtigt. Aber es wirkt wie die Klage eines Brandstifters über die Hitze.
Die Bundesliga braucht tatsächlich Mut zur Veränderung. Nur wird dieser Mut nicht von denen kommen, die vom Status quo profitiert haben. Kahns späte Einsicht ehrt ihn. Glaubwürdiger wären seine Reformvorschläge gewesen, hätte er sie als Bayern-Boss umgesetzt statt erst jetzt zu predigen.
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