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·27. November 2025
Das db24-Interview mit Rekordlöwe Cerny: "Die ganze Stadt vermisst dieses Spiel!"

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·27. November 2025

Harald Cerny (52) hat zu seiner aktiven Zeit vermutlich einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Er absolvierte 238 Bundesligaspiele für den TSV 1860. Der frühere österreichische Nationalspieler gehörte zu den Leistungsträgern zu den guten Zeiten der Löwen. Insgesamt spielte er 11,5 Jahre für Blau. Das db24-Interview:
db24: Heute jährt sich zum 26. Mal der legendäre 1:0-Derby-Triumph über den FC Bayern: Herr Cerny, was haben Sie davon noch im Kopf?
HARALD CERNY: Wahnsinn, dass das schon so lange her ist. Hab das Ganze immer noch frisch in Erinnerung. Was auf jeden Fall hängen bleibt, dass wir es nach 22 Jahren endlich geschafft hatten. Wir waren ja die Derbys vorher schon nah dran, aber mehr als ein paar Unentschieden war nicht drin. Dieses Derby aber haben wir hochverdient gewonnen. Das Ergebnis hätte eigentlich höher ausfallen müssen. Diese geile Saison war sowieso grandios, zumal wir auch das Rückspiel gegen die Bayern mit 2:1 gewonnen hatten.
db24: Wie wurde damals gefeiert?
Ich war ja nicht als Feierbiest bekannt, aber wir waren als Mannschaft im P1 - und ich war jetzt nicht der typische P1-Gänger. Da gab es ganz andere (lacht).
db24: Das Duell 1860 gegen Bayern klingt wie aus einer anderen Zeit: Wird es dieses Spiel noch einmal geben oder haben Sie die Hoffnung längst aufgegeben?
Die Hoffnung gibt man natürlich nie auf, aber die Realität hat uns alle wieder eingeholt. Klar ist, dass dieses Derby in den nächsten Jahren so schnell nicht geben wird, weil ich auch nicht davon ausgehe, dass Bayern in die Zweite Liga absteigt (lacht). Und bei 1860 macht es nicht den Anschein, dass es in die richtige Richtung geht. Ich kann nur jedem sagen, der dieses Spiel noch nie erlebt hat: Vor den Derbys war ein krasser Ausnahmezustand in der Stadt. Schon Wochen vorher wurde nur über dieses eine Spiel in den Zeitungen geschrieben - da gab es nichts anderes mehr. Die ganze Stadt vermisst dieses Spiel - und wenn die Bayern-Fans ehrlich zu sich selbst sind: Auch sie sind traurig, dass es dieses Duell nicht mehr gibt. Bei 1860 ist es momentan nicht absehbar. Ich würde mich gern täuschen, aber die sportliche Rivalität gibt es leider nicht mehr.
db24: 1860-Boss Gernot Mang hat zuletzt eine sehr unglückliche Figur abgegeben - mit den Vorwürfen an Bayern-Präsident Herbert Hainer. Haben Sie dazu eine Meinung?
Ich fand das überzogen und übertrieben, wie Mang reagiert hat. Es kann ja schon passieren, dass man jemand auf die Schnelle nicht erkennt. So lange ist Mang ja auch noch nicht im Amt, dass man ihn als Löwen-Präsident wahrnehmen muss.
db24: Sie sind Bundesliga-Rekordspieler des TSV mit 238 Einsätzen: Gab’s zwischen Ihnen und dem neuen 1860 zuletzt auch mal ein Kennenlernen?
Nein, von der oberen Riege gibt es keinen Kontakt, weder von der sportlichen Leitung noch vom Präsidium. Nur mit der Traditionsmannschaft stehe ich immer wieder in Kontakt. Seit Stefan Reuter nicht mehr bei 1860 ist, wird sich darum nicht bemüht. Aber das ist ja schon ein bisschen her, als Reuter in Verantwortung war (2006 bis 2009, d. Red.). Ich finde es schon schade, dass in anderen Klubs die Tradition gelebt wird, nur bei 1860 eben nicht. Es gibt andere Vereine, da werden die verdienten Spieler als Repräsentanten benutzt. 1860 beraubt sich einer großen Möglichkeit, durch diesen Weg Sympathien zu wecken.
db24: Wie bewerten Sie die aktuelle Mannschaft, die die drei ersten Teams geschlagen hat, aber auf Platz 11 nur im Mittelfeld rumturnt…
Ich habe die Löwen in Regensburg gesehen: Das war eine Katastrophe - die Mannschaft ist wesentlich besser. Was 1860 abgeht, ist die Konstanz, auch um oben mitzuspielen. Vielleicht wird im Winter nachjustiert, um an den Stellschrauben zu drehen. Was ich mir außerdem wünschen würde…
db24: Ja bitte? Nur zu…
Ich würde mir wünschen, wenn die Löwen wieder mehr Durchlässigkeit von unten haben. Der aktuelle Kader gehört zu den ältesten der Liga - das ist nicht die DNA von Sechzig. Die Löwen waren immer ein Ausbildungsverein. Man muss dem Nachwuchs wieder die Wertigkeit geben.
db24: Das hört sich aber alles einfach an: Der Verein kann nicht mehr die Qualitiät von Talenten früherer Tage liefern…
Ich weiß, dass das alles nicht mehr so einfach ist. Trotzdem sollte man die Nachwuchsförderung nicht aus den Augen verlieren. Wenn du die Durchlässigkeit nicht lebst, werden dir die guten Talente abspringen. Mit Manfred Paula, der ja aus dem NLZ kommt, habe ich die Hoffnung, dass der ein oder andere Junge jetzt eine Chance bekommt.
db24: 1860 hat im Sommer vor allem auch Namen verpflichtet: Mit Kevin Volland und Florian Niederlechner kamen zwei ehemalige Bundesliga-Cracks. Warum ist es so schwer, bei 1860 zu liefern?
Erst einmal muss man klar sagen: Das ist nicht Bundesliga – das ist Dritte Liga.Du hast andere Mitspieler, andere Gegenspieler, andere Abläufe. Ein Stürmer lebt in der Bundesliga von der individuellen Klasse seiner Nebenleute – und die ist in Liga drei naturgemäß nicht so hoch. Aber: Spieler wie Volland und Niederlechner müssen trotzdem mehr Verantwortung übernehmen, vorangehen, führen. Ich kenne beide. Sie sind sicher nicht zufrieden mit ihren Leistungen und das geht ihnen nahe. Das sind keine Jungs, denen 1860 egal ist. Deswegen sollte man sie mit einem anderen Auge bewerten. Sie brauchen jetzt Unterstützung.









































