MillernTon
·22. Oktober 2025
Die Rückkehr nach Kopfverletzungen im Profifußball

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·22. Oktober 2025
FC St. Paulis Mittelfeldspieler James Sands zog sich beim vergangenen Spiel eine Kopfverletzung zu, sein Einsatz gegen Frankfurt bleibt unklar. (Titelfoto: Stefan Groenveld)
In der zweiten Hälfe im Spiel gegen die TSG Hoffenheim, verletzte sich James Sands am Kopf, nachdem er nach einem Kopfballduell mit seiner rechten Gesichtshälfte auf dem Rasen landete. Daraufhin musste er den Platz verlassen, wirkte dabei sichtlich benommen. Der Verdacht liegt nahe, dass Sands sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. Ist das der Fall, greift ein konkreter Maßnahmen-Katalog seitens der DFL.
Der FC St. Pauli erklärte am Montag auf Nachfrage, dass James Sands „neurologische Tests durchgeführt habe, die unauffällig waren“, man aber auch abwarten müsse, „wie es sich bei ihm in den kommenden Tagen entwickelt.“ Im Fall einer Gehirnerschütterung müssen konkrete Maßnahmen erfüllt werden, die durch die DFL geregelt sind, damit Spieler*innen zurückkehren können. Nur wenn dieser Rückkehr-Prozess in einem gewissen Zeitrahmen erfolgreich ist, dann können Spieler*innen auch am Wochenende nach einer Gehirnerschütterung wieder auf dem Platz stehen. Es handelt es sich um die sogenannte „Return-to-Sport“-Maßnahme, die durchlaufen werden muss, wenn eine Gehirnerschütterung bei Spieler*innen vorliegt.
Im Jahr 2023 haben erstmals die Clubs der 1. und 2. Bundesliga ein einheitliches Protokoll unterzeichnet, das den Umgang mit Kopfverletzungen bei Spieler*innen bestimmt und dafür sensibilisieren soll. In diesem Protokoll sind einzelne Schritte aufgelistet, um Kopfverletzungen richtig festzustellen und um eine sichere Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb zu ermöglichen. So wird ein „Neurologisches Baseline-Screening“ bei allen Spieler*innen vor Saisonbeginn durchgeführt und stellt ein Hilfsmittel für eine erste Beurteilung einer akuten Kopfverletzung der Spieler*innen dar, sowie einer medizinischen Einschätzung vor einer Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb.
Außerdem sollen anhand eines medizinischen Überprüfungssystems technische Hilfsmittel zum Einsatz kommen sowie elektronische Kommunikation, um mit Hilfe der Videobilder eine erste Beurteilung treffen zu können. Zusätzlich bestimmt das Protokoll, dass Spieler*innen und Betreuer*innen für das Thema aufgeklärt und sensibilisiert werden. Das medizinische Personal der Clubs ist verpflichtet jährlich an einer Notfallschulung teilzunehmen.
Als letzter Punkt wird im Protokoll die Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb aufgeführt. Spieler*innen, die eine Kopfverletzung, spezifisch eine Gehirnerschütterung erlitten, müssen die Schritte der „Return-to-Sport“-Maßnahme durchlaufen (in dieser Phase könnte sich James Sands aktuell befinden). Vor dieser Maßnahme ist nach der Auswechslung zunächst eine Diagnose zu stellen, die sich nach dem SHT-Algorithmus (Schädel-Hirn-Trauma) richtet. Erst nach einer ärztlichen Freigabe, kann dann zum „Return-to-Sport“ (RTS) übergegangen werden.
Der Ablauf dieses Protokolls zeigt, dass es zeitlich ganz schön eng sein kann, dass Spieler am Wochenende nach einer Kopfverletzung wieder auf dem Platz stehen:Jede Stufe des RTS dauert mindestens 24 Stunden, unter gleichzeitiger Beobachtung, ob Symptome während der Belastung wieder auftreten oder nicht. So startet die RTS-Maßnahme mit leichtem aerobem Ausdauertraining. Im zweiten Schritt geht man über in Fußball-spezifische Einzelübungen und im dritten Schritt in Trainingsinhalte ohne Kontakt. Allein diese Maßnahmen nehmen drei Tage in Anspruch.
Erst nach einer ärztlichen Freigabe, kann danach wieder in den normalen Trainingsbetrieb mit vollem Kontakt eingestiegen werden und daraufhin auch in die Teilnahme am regulären Spielbetrieb. Wenn wir nun dieser Chronologie folgen und annehmen, dass James Sands, der am Mittwoch im Team-Training fehlte, diesen Prozess durchläuft, würde er sich heute in Phase zwei des RTS, also Fußball-spezifischen Einzelübungen befinden, sollten seine Symptome wieder abgeklungen sein und er sich nur einen Tag in der Ruhephase befunden haben. Wenn das der Fall ist, könnte er am Freitag wieder im Training mit vollem Kontakt teilnehmen und somit Samstag beim Spiel im Kader stehen. Ob das alles so eintrifft und er überhaupt zu Einsatzminuten kommt, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.
Die Zweikampfstärke von James Sands würde der FC St. Pauli in Frankfurt schmerzlich vermissen. // (c) Stefan Groenveld
Die sportliche Bedeutung von James Sands für den FC St. Pauli ist dabei unbestritten, dazu reicht ein Blick in die Zahlen: Gegen die TSG Hoffenheim hat Sands 13 seiner 16 Zweikämpfe gewonnen. Nur ein defensiver Mittelfeldspieler in der Bundesliga führt pro 90 Minuten mehr Defensivzweikämpfe als Sands, der aber die bessere Quote hat und somit insgesamt die meisten Zweikämpfe aller Sechser der Liga pro Spiel gewinnt. Diese Zweikampfstärke würde der FC St. Pauli schmerzlich vermissen, sollte Sands am Samstag ausfallen.
Hoffen wir also, dass sich James Sands keine schwerere Kopfverletzung am Sonntag zugezogen hat und, sofern er die RTS-Maßnahme durchläuft, alle Schritte sicher und ohne Rückfälle durchlaufen kann. Klar ist: Bei Kopfverletzungen ist immer Vorsicht geboten, somit sind die klaren Richtlinien der DFL eine wichtige Maßnahme, um einen richtigen und sensiblen Umgang damit zu ermöglichen. Sollte sich eine Gehirnerschütterung bei Sands also bestätigen, liegt die Priorität darin, dass er sich davon vollständig erholt, bevor ein Einsatz am Samstag gegen Eintracht Frankfurt überhaupt zur Debatte steht.
Gute Besserung!//Nina
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