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·10. Oktober 2025
Lernt die Fifa endlich aus ihren Fehlern?

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·10. Oktober 2025
Wenn Julian Nagelsmann die FIFA-Pläne für spätere Anstoßzeiten bei der WM 2026 begrüßt, dann ist das mehr als diplomatische Höflichkeit. Es ist die Anerkennung einer überfälligen Kurskorrektur. Denn was die Klub-WM im vergangenen Sommer in den USA gezeigt hat, war keine Überraschung, sondern vorhersehbare Physik: Bei 33 Grad Celsius und extremer Luftfeuchtigkeit wird Fußball zur Gesundheitsgefahr. Dass die FIFA jetzt über Anstoßzeiten um 23 Uhr oder sogar 2 Uhr nachts nachdenkt, ist keine Kapitulation vor den Elementen, sondern schlicht vernünftig.
Die täglichen Gespräche zwischen FIFA-Vizepräsident Victor Montagliani und den TV-Rechteinhabern offenbaren dabei das eigentliche Dilemma des modernen Fußballs. Es geht nicht um die beste Spielzeit für die Athleten, sondern um den Kompromiss zwischen körperlicher Belastbarkeit und maximaler Reichweite. Wenn Spiele zur europäischen Prime Time in Miami oder Houston angepfiffen werden, dann riskiert man Hitzschläge für Einschaltquoten. Diese perverse Logik hat der Weltverband jahrelang als alternativlos verkauft.
Dabei zeigt gerade die WM 2026 mit ihren 104 Spielen und 48 Teams, wie sehr sich die FIFA in ihrer eigenen Gigantomanie verfangen hat. Mehr Spiele bedeuten mehr Termine, die untergebracht werden müssen. Mehr Termine bedeuten weniger Flexibilität bei den Anstoßzeiten. Und weniger Flexibilität bedeutet, dass Spieler bei extremen Bedingungen antreten müssen. Es ist ein Teufelskreis, den die FIFA selbst geschaffen hat.
Dass Montagliani keinen perfekten Plan verspricht, ist immerhin ehrlich. Aber es ist auch eine Bankrotterklärung. Denn wenn die FIFA nach all den Erfahrungen aus Katar, aus Brasilien, aus der Klub-WM immer noch improvisiert, dann hat sie das Grundproblem nicht verstanden: Man kann nicht gleichzeitig die größte WM aller Zeiten veranstalten und so tun, als hätte das keine Konsequenzen. Die späten Anstoßzeiten sind keine Lösung, sie sind Schadensbegrenzung.
Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die deutsche Mannschaft sich überhaupt für diese WM qualifiziert. Dann könnten deutsche Fans erleben, was es heißt, nachts um 2 Uhr ein WM-Spiel zu verfolgen. Es wäre die ultimative Ironie: Ausgerechnet die Zeitverschiebung, die sonst immer die anderen trifft, würde zum Problem im eigenen Wohnzimmer. Vielleicht braucht es genau diese Erfahrung, damit auch hierzulande verstanden wird, dass die FIFA-Expansion an ihre natürlichen Grenzen stößt.