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·20. November 2025
Oh, wie gut ist Panama! Im Nachhinein schäme ich mich über meine Gedanken zu WM-Exoten

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·20. November 2025

Exoten hat es in der fast hundert Jahre alten Geschichte von Fußball-Weltmeisterschaften immer schon gegeben. Spontan fällt mir Jamaika bei der WM 1998 ein. Ausgeschieden als Vorrunden-Dritter. Oder Nordkorea. Bei der WM 1966 Gruppenzweiter vor Italien.
Während ich diese zwei Mannschaften nenne, fällt mir auf: Im Wort „Exoten“ ganz am Anfang steckt schon so viel Überheblichkeit, als ob ich, Kind einer großen Fußballnation, belustigt auf weniger erfolgreiche WM-Teilnehmer herabblicken würde.
Seien wir ehrlich: Das ist auch so. Wir hören die Namen der Länder, die sich für die Nordamerika-WM 2026 qualifiziert haben: Panama, Kapverden, Jordanien, Usbekistan und zuletzt Curacao. Und wir denken: Was wollen die da? Sorgenvoll im Nachsatz: Das Niveau!
Im Nachhinein schäme ich mich ein bisschen für meine Gedanken. Wir können ja Mannschaften, die sich sportlich und fair auf ihrem Kontinent qualifizieren, nicht die Eignung für das WM-Ticket Richtung USA, Mexiko und Kanada absprechen.
Vermutlich haben die allerwenigsten von uns eine von diesen Nationen jemals live kicken gesehen. Wir wissen gar nicht, wie gut oder eben nicht die Fußball spielen. Wir ahnen nur: Die Suppe hat uns – wieder einmal – Fifa-Präsident Gianni Infantino eingebrockt.
Er hat das Teilnehmerfeld von 32 auf 48 Nationen aufgebläht und dafür gesorgt, dass Amateurspieler in den letzten Ecken der Welt ihre Chance witterten, weil ihre WM-Qualifikation so möglich wie nie zuvor wurde. Jetzt sind einige dabei, und wir reiben uns die Augen.
Noch bevor die Vorrundengruppen ausgelost sind, fürchten wir, dass wir auf Haiti treffen und gar nicht anders können, als diesen Gegner zu unterschätzen. Die Älteren unter uns erinnern sich an deren einzige WM-Teilnahme 1974: Einige Spieler kannten nicht mal die Regeln.
Bei anderen WM-Teilnehmern muss ich auf der Weltkarte suchen, wo sie überhaupt herkommen. Ich wusste jedenfalls nicht, dass Curacao mit seinen 150.000 Einwohnern nördlich von Venezuela zu finden ist. In meiner Fußballwelt hat Curacao noch nie eine Rolle gespielt.
Genau hier liegt vielleicht der Zauber dieser Weltmeisterschaft: Wir erweitern unseren Horizont – nicht nur geografisch – und lernen, dass wir in Europa und die zwei Riesen aus Südamerika nicht einzigen auf dem Globus sind, die den Sport lieben.
Ich sehe im Internet die Freudenszene aus aller Welt, wie Menschen ihre erfolgreiche WM-Qualifikation als Höhepunkt ihres Lebens feiern. Infantino macht da einen Punkt: Die traditionsreichen Fußballnationen haben keinen Anspruch auf Exklusivität bei einem WM-Turnier.
Wenn Fußball der Weltsport sein will, wie er immer behauptet, ist so eine Weltmeisterschaft die Bühne für den gesamten Erdball und notfalls mit Panama, Kapverden, Jordanien, Usbekistan und Curacao im Teilnehmerfeld. Oder wollen wir lieber unter uns bleiben?
Hoffentlich nicht. Die Kinder lernen jetzt mit dem kleinen Bären und dem kleinen Tiger: Oh, wie gut ist Panama. Und Papa und Mama, dass Curacao nichts Hochprozentiges aus dem Supermarktregal ist. Die Fußball-WM 2026 bedeutet sechs Wochen Volkshochschule in Erdkunde.
Und zum Trost kann ich hinzufügen: Die Norweger sind auch erstmals seit drei Jahrzehnten wieder dabei – und für alle anderen in der Welt auch nur „Exoten“. Die Weltmeister aus Argentinien werden auch nachschauen müssen, wo dieses „Norway“ überhaupt liegt.
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