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·17. November 2025
Ronaldo-Rot: Noch nie hat man eine so lächerliche Erklärung gehört

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·17. November 2025

Pedro Proença kennt beide Seiten. Als FIFA-Schiedsrichter pfiff er bei zwei Weltmeisterschaften, leitete das Champions-League-Finale 2012 zwischen Bayern und Chelsea. Heute führt er Portugals Fußballverband. Und in dieser Funktion versucht er gerade, Cristiano Ronaldo vor den Konsequenzen seiner ersten Roten Karte im 226. Länderspiel zu bewahren. Die Argumentation, die Proença der FIFA präsentiert, offenbart dabei ein erstaunliches Rechtsverständnis: Die feindliche Atmosphäre in Dublin sei schuld gewesen. Irlands Trainer Heimir Hallgrímsson habe mit kritischen Aussagen im Vorfeld provoziert. Ronaldo sei vor seinem Ellbogenschlag gegen Dara O’Shea festgehalten worden. Alles mildernde Umstände, findet der portugiesische Verband.
Man stelle sich vor, diese Logik würde Schule machen. Jeder Platzverweis könnte künftig mit atmosphärischen Störungen relativiert werden. Jede Tätlichkeit wäre nur noch eine verständliche Frustreaktion auf vorherige Provokationen. Das Regelwerk würde zur Verhandlungsmasse, abhängig vom Status des Täters und der Kreativität seiner Verteidiger. Proença weiß es besser. Als Schiedsrichter hätte er solche Argumente niemals gelten lassen. Ein Ellbogenschlag bleibt ein Ellbogenschlag, egal ob in Dublin, Dortmund oder Dubai. Egal ob vom Debütanten oder vom Rekordnationalspieler.
Die übliche Strafe für Tätlichkeiten beträgt mindestens drei Spiele. Portugal fordert nur eines, damit er zum WM-Start im Juni 2026 auflaufen kann. Man beruft sich auf Ronaldos weiße Weste in 225 vorherigen Länderspielen. Doch seit wann ist die Statistik ein Freibrief? Gerade ein Spieler mit Ronaldos Erfahrung sollte seine Emotionen kontrollieren können. Gerade ein 40-Jähriger, der seit zwei Jahrzehnten im Rampenlicht steht, kennt die Konsequenzen eines ausgestreckten Ellbogens.
Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser Episode ist nicht Ronaldos Ausraster. Es ist die Selbstverständlichkeit, mit der ein Nationalverband die Regeln für seinen Star zurechtbiegen will. Proença nutzt sein Insiderwissen, seine Kontakte, sein Renommee als ehemaliger Elite-Schiedsrichter, um genau das System zu unterlaufen, das er einst verkörperte. Er wechselte die Seiten, aber nicht die Überzeugungen. Früher schützte er die Integrität des Spiels. Heute schützt er Portugals Interessen.
Die FIFA steht vor einer einfachen Entscheidung: Entweder gelten Regeln für alle gleich. Oder sie gelten gar nicht. Sollte Ronaldo tatsächlich mit einem Spiel davonkommen, wäre das Signal verheerend. Es würde zeigen, dass Verbände mit den richtigen Argumenten und dem richtigen Personal jede Strafe kleinreden können. Dass der Fußball nicht von Regeln regiert wird, sondern von Interessen. Proença mag ein exzellenter Schiedsrichter gewesen sein. Als Verbandspräsident beweist er gerade, dass er die wichtigste Lektion seiner alten Profession vergessen hat: Gleiches Recht für alle.
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