DFB-Frauen
·16. Oktober 2025
Stuttgarts Maximiliane Rall: "Das war schon verrückt"

In partnership with
Yahoo sportsDFB-Frauen
·16. Oktober 2025
Mit einer spektakulären Aufholjagd sorgte der Tabellenzweite VfB Stuttgart in der 2. Frauen-Bundesliga für Aufsehen. Nach einem 0:4-Rückstand gewannen die unbesiegten Schwäbinnen das Aufsteigerduell beim 1. FSV Mainz 05 noch 5:4. Ein Tor steuerte auch Maximiliane Rall (31) bei. Im DFB.de-Interview spricht die frühere Nationalspielerin mit Mitarbeiter Ralf Debat über die Gründe für die Wende.
DFB.de: Wie kann es gelingen, nach einem 0:4-Rückstand noch 5:4 zu gewinnen, Frau Rall?
Maximiliane Rall: Gute Frage. (lacht) Es waren einfach zwei komplett unterschiedliche Halbzeiten. Vor der Pause ist Mainz gefühlt alles gelungen, während wir Fehler gemacht haben. Im zweiten Durchgang war es umgekehrt. Das war schon verrückt.
DFB.de: Sie haben während Ihrer Karriere schon sehr viel erlebt. Nimmt das Spiel in Mainz dennoch einen besonderen Platz ein?
Rall: Auf jeden Fall. Einen 0:4-Rückstand noch in einen Sieg zu drehen, passiert vielleicht einmal in einer Karriere. Ich kann mich nur daran erinnern, mal nach einem 0:2 noch gewonnen zu haben. Das war aber schon das Höchste der Gefühle.
DFB.de: Kurz vor der Pause fiel durch ein Eigentor des Gegners zumindest noch der Treffer zum 1:4. Was wurde in der Halbzeit besprochen?
Rall: Ich muss sagen, dass unser Trainer Heiko Gerber trotz des Spielstands recht ruhig und entspannt geblieben ist. Klar, das Tor in der Schlussphase der ersten Hälfte hat uns geholfen. Wir haben uns dann einfach vorgenommen, wieder bei Null zu beginnen und zumindest die zweite Halbzeit zu gewinnen. Das hat dann gut funktioniert. (lacht)
DFB.de: Was hat aus Ihrer Sicht den Ausschlag für die erfolgreiche Aufholjagd gegeben?
Rall: Wir haben ein wenig umgestellt, aber vor allem die Zweikämpfe angenommen und begonnen, richtig Fußball zu spielen. Als wir dann schnell durch einen Foulelfmeter näher herangekommen sind, haben wir gemerkt, dass noch etwas geht. Von Tor zu Tor sind dann die Zuversicht und das Selbstvertrauen gewachsen.
DFB.de: Sie studieren Psychologie, schreiben gerade ihre Masterarbeit. Welche Rolle hat der Kopf gespielt?
Rall: Der Kopf spielt im Fußball immer eine wichtige Rolle. Allerdings muss ich schon zugeben, dass die Hoffnung beim Stand von 0:4 nicht mehr allzu groß war. Deshalb war es wichtig, in der Halbzeit einen Neustart zu machen. Von Vorteil war sicherlich, dass wir um unsere Qualität wissen. Was wir in der ersten Halbzeit gezeigt haben, entsprach nicht unserem Leistungsvermögen.
DFB.de: War die Motivation auch deshalb besonders groß, weil der VfB zuvor zweimal im DFB-Pokal am 1. FSV Mainz 05 gescheitert war?
Rall: Für mich hat das keine Rolle gespielt. Das Pokalspiel haben wir völlig verdient verloren. Und auch in der Liga haben wir jetzt zu spüren bekommen, dass es schwierig ist, gegen Mainz zu gewinnen. Umso schöner, dass wir es noch geschafft haben.
DFB.de: Sie konnten ebenfalls ihren ersten Saisontreffer beisteuern. Was bedeutet Ihnen das?
Rall: Ich freue mich immer, wenn ich der Mannschaft helfen kann. In diesem Fall war es allerdings der Anschlusstreffer. Da haben wir uns damit nicht lange aufgehalten, sondern einfach nur schnell den Ball aus dem Netz geholt.
DFB.de: Früher haben Sie beim Torjubel stets auf den Bizeps gezeigt. Machen Sie das immer noch?
Rall: Diesmal aus bekannten Gründen nicht. (lacht) Das spare ich mir für besondere Tore auf.
DFB.de: Wie sind die Reaktionen in Ihrem persönlichen Umfeld auf das Spiel ausgefallen?
Rall: Es gab schon einige Nachrichten, viele haben die Partie verfolgt. Der eine oder andere hat aber auch beim Stand von 0:3 abgeschaltet. Da haben sie einiges verpasst. (lacht)
DFB.de: Als Aufsteiger ist der VfB Stuttgart in dieser Saison noch unbesiegt und belegt den zweiten Tabellenplatz, der am Saisonende den Sprung in die Google Pixel Frauen-Bundesliga bedeuten würde. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Abschneiden?
Rall: Mit der Platzierung und der Punkteanzahl können wir zufrieden sein. Allerdings gibt es auch noch einiges zu verbessern. Die eine oder andere Partie war holprig, nicht nur in Mainz. Da ist noch viel Luft nach oben.
DFB.de: Wie gut sehen Sie denn die Chancen, den direkten Durchmarsch perfekt zu machen?
Rall: Es ist unser klares Ziel und auch der Anspruch jeder Spielerin, es schaffen zu wollen. Dass wir trotz einiger noch ausbaufähiger Leistungen schon jetzt oben dabei sind, ist auch ein gutes Zeichen. Dennoch wissen wir, dass kein Spaziergang, sondern noch ein Marathon vor uns liegt.
DFB.de: Welche Vereine sind die stärksten Konkurrenten im Aufstiegsrennen?
Rall: Das ist schwierig zu beantworten. Dass aktuell der SC Sand und der VfL Bochum oben mit dabei sind, kommt sicherlich nicht von ungefähr. Es können aber auch andere Teams noch eingreifen. In dieser Liga kann fast jeder gegen jeden gewinnen, eine Übermannschaft sehe ich nicht.
DFB.de: Was zeichnet das VfB-Team vor allem aus?
Rall: Wir haben eine coole Mischung aus jungen Talenten, die in ihrer Karriere noch viel vorhaben, und erfahrenen Spielerinnen. Das ergänzt sich sehr gut.
DFB.de: Nach einem Jahr bei den Chicago Red Stars in den USA stehen Sie seit Januar beim VfB Stuttgart unter Vertrag. Welche Erfahrungen haben Sie aus den Staaten mitgebracht?
Rall: Es war vor allem für meine persönliche Entwicklung eine wertvolle Zeit. In einem anderen Land weitgehend auf sich selbst gestellt zu sein, war neu für mich. Sportlich wird in den USA ein anderer Fußball gespielt, deutlich körperbetonter und athletischer.
DFB.de: Was hat den Ausschlag für den Wechsel zum VfB Stuttgart gegeben?
Rall: Da haben verschiedene Gründe eine Rolle gespielt. Zum einen wollte ich gerne zurück in meine Heimatregion, wo ich nach wie vor auch viele Freunde außerhalb des Fußballs habe. Zum anderen hat der VfB Stuttgart ein sehr interessantes Projekt gestartet - mit dem Ziel, das Frauenteam in die Bundesliga zu bringen. Damit kann ich mich sehr gut identifizieren und möchte dabei sehr gerne helfen.
DFB.de: War die Aussicht auf eine Rückkehr in die Bundesliga auch für Sie persönlich ein wesentlicher Punkt?
Rall: Das würde ich nicht unbedingt unterschreiben. Ich habe schon viele Jahre in der Bundesliga gespielt, das allein hätte als Antrieb nicht ausgereicht. Ich will einfach meinen Beitrag dazu leisten, dass der Verein seine Ziele erreicht.
DFB.de: Am Sonntag kommt mit dem 1. FFC Turbine Potsdam ein Gegner nach Stuttgart, auf den Sie mit dem VfL Sindelfingen, der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern München in der Bundesliga schon oft getroffen sind. Mit welchen Erfahrungen?
Rall: Ich kann mich noch gut an ein Unentschieden mit dem FC Bayern in Potsdam erinnern, nach dem es in der Kabine ziemlich laut wurde. 2023 sind wir aber auch durch ein 11:1 gegen Turbine Deutsche Meisterinnen geworden.
DFB.de: Was nehmen Sie sich vor?
Rall: Wir haben ein Heimspiel, das wir gewinnen wollen. Das ist einfach unser Anspruch. Diesmal auch gerne, ohne 0:4 in Rückstand zu geraten. (lacht)