Nur die Raute
·14. Oktober 2025
Transfers im Check: HSV mit hoher Trefferquote!

In partnership with
Yahoo sportsNur die Raute
·14. Oktober 2025
Der HSV nahm nach dem Aufstieg einen größeren Umbruch vor und begrüßte zahlreiche Neuzugänge. Der Großteil erweist sich schon nach kurzer Anlaufzeit als Verstärkung.
Hinter der Hamburger SV lag ein turbulenter Sommer. Insgesamt nahm der Verein 30 Transferbewegungen vor. 18 Spieler – drei davon allerdings auf Leihbasis – gab er ab. Zwölf Akteure unterschrieben dagegen einen Vertag beim Bundesliga-Aufsteiger. Die Verantwortlichen um Sportvorstand Stefan Kuntz sowie Sportdirektor Claus Costa sahen auf allen Positionen Handlungsbedarf. Dass ihre Maßnahmen griffen, unterstrichen die letzten Wochen.
Mit Luka Vuskovic sowie Fábio Vieira stachen zwei auf Leihbasis gekommene Akteure heraus. Welche Qualitäten in ihnen stecken, zeigt allein der Name ihrer eigentlichen Arbeitgeber: Tottenham Hotspur bzw. FC Arsenal. Vuskovic avancierte mit erst 18 Jahren direkt zum Taktgeber der Dreierkette, präsentierte sich am Boden aber noch mehr in der Luft zweikampfstark und erweist sich auch bei der Spieleröffnung als Hilfe.
Der erst am Deadline Day dazugestoßene Vieira absolvierte erst drei Pflichtspiele. Besonders gegen Heidenheim ließ sich erkennen, welch feiner Fußballer sich dem HSV anschloss. Der Portugiese – 2022 noch für 35 Millionen Euro Ablöse zu Arsenal gewechselt – glänzte als Ideengeber im Offensivspiel und leitete auch das 2:0 mit ein. Eine Woche später wusste er auch bei Union Berlin zu gefallen, sah jedoch in der Nachspielzeit nach einem ungestümen Einsteigen die Rote Karte.
Der Platzverweis und die damit verbundene Sperre gegen den ohnehin verletzungsbedingt fehlenden Vieira sorgte für das Startelf-Debüt von Albert Sambi Lokonga, der sogar fest vom FC Arsenal losgeeist wurde. Er deute beim eindrucksvollen 4:0-Erfolg über Mainz nicht nur aufgrund seines Tores an, das Hamburger Mittelfeldzentrum prägen zu können. Der Belgier bringt neben seiner Ballsicherheit auch Stärken in der Defensivarbeit ein und könnte sich für die Ablöse von 300.000 Euro als Schnäppchen erweisen.
FOTO: IMAGO
Rund achtmal so viel Geld investierte der HSV in die Dienste von Nicolai Remberg. Dennoch kann aktuell kein Beobachter auf die Idee kommen, die Kosten zu kritisieren. Als einziger Feldspieler absolvierte er bislang alle 540 Bundesliga-Spielminuten. Dabei machte er dem Spitznamen „Rambo“ mit seiner kompromisslosen Spielweise alle Ehre. Darüber hinaus steigerte sich der aus Kiel gekommene 25-Jährige aber auch mit dem Spielgerät am Fuß und ist momentan aus der Startelf nicht mehr wegzudenken.
Selbigen Status erreichte überraschenderweise auch Rayan Philippe, mit 2,5 Millionen Euro Ablöse der teuerste Neuzugang des Sommers. Anfangs wirkte der von Eintracht Braunschweig verpflichtete Offensivakteur überfordert mit dem wesentlich höheren Tempo und seiner neuen Rolle auf dem rechten Flügel. Doch mittlerweile ist er mit drei Saisontoren bester HSV-Torschütze. Besonders im letzten Heimspiel gegen Mainz stellte sich seine hohe Geschwindigkeit von an die 35 km/h als großer Vorteil heraus.
Fest in der Startelf etablierte sich auch der von Stade Rennes ausgeliehene Warmed Omari. Er galt an den ersten fünf Spieltagen sogar als stabilster Innenverteidiger, ehe ihn ein Außenbandriss mit Syndesmosebeteiligung für das Restjahr 2025 aus dem Verkehr zog. Sein Aus kompensierte Trainer Merlin Polzin überraschend mit der Versetzung von Nicolás Capaldo, der eigentlich als zentraler Mittelfeldspieler verpflichtet wurde.
Dort zeigte der zum dritten Kapitän gewählte und am ersten Spieltag den HSV aufs Feld führende Neuzugang aus Salzburg zwar, dass er eine Verstärkung sein kann, harmonierte aber nur bedingt mit Remberg und verlor nach der fürchterlichen ersten Halbzeit in München seinen Stammplatz. Capaldo wurde allerdings auch aufgrund seiner Flexibilität auserkoren, welche er gegen Mainz eindrucksvoll nachwies und sich damit möglicherweise in einer anderen Rolle in der Startelf etablieren kann.
Giorgi Gocholeishvilli musste seinen Platz in der Anfangsformation ebenfalls zwischenzeitlich räumen, da er gegen St. Pauli die Gelb-Rote Karte sah. Anschließend kehrte der aus Donetsk geliehene Georgier gestärkt zurück und überzeugte als laufstarker rechter Schienenspieler, der offensive Akzente setzen kann, aber anders als William Mikelbrencis in der Vorsaison seine defensiven Aufgaben nicht vernachlässigte.
Kapitän Yussuf Poulsen hinterließ dagegen noch keinen allzu bleibenden Eindruck. Der Körper steht dem mit Abstand Bundesliga-erfahrensten Profi (235 Einsätze) immer wieder im Wege, weshalb bislang nur 50 Einsatzminuten heraussprangen. Dennoch spielt der Angreifer eine wichtige Rolle. „Natürlich ist die Leistung auf dem Platz das Wichtigste. Aber auch die Integration der Neuen, Implementierung der Ideen der Trainer, vielleicht auch Gespräche, die er mit den Jungs, die ein Stück hintendran sind, führt. Das sind wichtige Dinge, damit eine Mannschaft wächst. Er hilft bei allem, was außerhalb des Platzes passiert, sehr gut weiter“, lobte Sportdirektor Costa.
Rein sportlich betrachtet gilt Jordan Torunarigha bislang als einziger Neuzugang, der dem HSV nicht wirklich weiterhelfen konnte. Schon in den Testspielen agierte er hölzern, knüpfte daran bei der Beinahe-Pokal-Blamage in Pirmasens an und befand sich bei Derby-Pleite gegen St. Pauli auf vollkommen verlorenen Posten. Der – auch dank der engen Bindung zu Stefan Kuntz aus der Zeit bei der DFB-U21 – ablösefrei aus Genk verpflichtete Innenverteidiger fehlte gegen Mainz sogar im Kader, obwohl er nach seinen Achillessehnenproblemen wieder zur Verfügung stand.
Foto: Getty Images
Neben zehn Feldspielern begrüßten die Rothosen auch zwei Torhüter in ihren Reihen. Daniel Peretz wurde als Herausforderer für Daniel Heuer Fernandes vom FC Bayern ausgeliehen, verlor aber das Torwartduell und verfolgte sämtliche Pflichtspiele von der Bank aus. Er besitzt aber einen Anteil an den starken Leistungen seines Konkurrenten. Der Israeli habe den Konkurrenzkampf laut Costa „noch einmal auf ein neues Niveau gehoben“.
Peretz selbst kann sich an dem Lob nicht erfreuen. Zuletzt dachte er laut über eine Beendigung der Zusammenarbeit im Winter nach. Anders blickt dagegen der auch einen Profivertrag erhaltende Fernando Dickes auf seine Situation beim HSV. Er trainiert mit der Bundesliga-Mannschaft, läuft aber hauptsächlich für die U19 auf und dürfte sich mit der dortigen Entwicklung angesichts von sechs Siegen aus sechs Spielen sehr einverstanden sein.
Sechs Spieltage stellen zwar eine kleine Stichprobe dar, doch es lässt sich bereits sagen, dass Sportvorstand Kuntz, Sportdirektor Costa und alle für Transfers zuständigen Mitarbeiter ein gutes Auge bewiesen haben. Denn drei Viertel der zwölf Neuzugänge sind entweder direkt Leistungsträger, unangefochtene Stammspieler oder bringen zweifellos die Anlagen mit, dem HSV auf Bundesliga-Niveau weiterzuhelfen.
Bei Poulsen bestätigten sich die bei der Verpflichtung durchaus vorhandenen Zweifel an der Leistungsfähigkeit Körpers, während Torunarigha die bislang einzige Enttäuschung darstellt. Abgeschrieben werden sollte er allerdings noch nicht. Zum Missverständnis scheint sich zudem die Leihe von Peretz zu entwickeln, dessen Abgang in der Winterpause vorstellbar ist.
Insgesamt überwiegen jedoch eindeutig die positiven Transfer-Entscheidungen, was beim HSV in den letzten Jahren keine Selbstverständlichkeit abbildete. Nach dem Aufstieg waren sie jedoch insbesondere im Defensivbereich dringend von Nöten, um im Oberhaus mit einer konkurrenzfähigen Mannschaft antreten zu können.
Foto: IMAGO